Metformin bei chronischer Niereninsuffizienz / Schmerzensgeld & Schadensersatz bei Tod des Patienten

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Die Niere ist das Klärwerk des Menschen. Sie filtert Giftstoffe aus dem Blut und leitet sie dem Harn zu. Daneben ist sie aber gleichzeitig für den Wasserhaushalt und auch die Balance von Säure und Base im Körper zuständig. Der pH-Wert des menschlichen Blutes muss konstant bei 7,4 liegen. Fällt er unter 7,0, spricht man von einer Azidose, also einer Übersäuerung des Blutes. Steigt er über 7,8, spricht man von einer Alkalose. Beide Zustände können lebensbedrohlich sein. 

Metformin gilt bis heute als eines der wichtigsten Medikamente im Rahmen der Behandlung der Typ 2-Diabetes. Die genauen Wirkmechanismen sind trotz des mittlerweile mehr als 40-jährigem Einsatz des Medikaments unbekannt. Gesichert ist, dass Metformin die Bildung von Glukose in der Leber hemmt, die Muskeln besser auf Insulin ansprechen und der Übertritt von Glukose von der Nahrung im Darm in den Blutkreislauf gehemmt wird. 

Leider traten im Laufe der Jahre im Zusammenhang mit der Gabe von Metformin immer wieder Laktatazidosen (Übersäuerung des Blutes mit Milchsäure) auf. Dies betraf insbesondere Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz. 

Im vorliegenden Fall war die Patientin wurde die Patientin im Januar 2013 wegen einer infaktexacerbierten COPD in ein Krankenhaus in Rheinland Pfalz eingeliefert. Sie litt unter Luftnot mit Husten und Auswurf, Hypertonie sowie Diabetes mellitus. Eine ordnungsgemäße Aufnahmediagnose wurde nicht gestellt, jedenfalls aber nicht dokumentiert. 

Festgestellt wurde jedoch ein GFR von 38,1. Die sogenannte „Glomueräle Filtrationsrate“ ist der zentrale Indikator für Nierenerkrankungen und liegt bei gesunden Menschen bei einem Wert von etwa 120 ml/m. Der hier festgestellte Wert zeigte daher bereits eine stark eingeschränkte Nierenfunktion. Neben der Einschränkung der Nierenfunktion wurden noch eine Hypekalämie (Kaliumüberschuss) festgestellt. Behandelt wurde beides nicht. Aufgrund der Diabetes Mellitus wurde jedoch weiterhin Metformin mit einer Dosis von 2 * 1 g fortgeführt. Es entwickelte sich eine Laktatazidose, eine Zunahme der Hyperkalämie, die Niere versagte gänzlich, All dies führte schließlich zu einem Herz-Kreislauf-Stillstand. Nach zwei erfolgreichen Reanimationen verstarb die Frau schließlich etwa 41 Stunden nach ihrer Aufnahme in das Krankenhaus.

Die zunächst von dem zugehörigen Ehemann eingeschaltete Schlichtungsstelle bei der Landesärztekammer begnügte sich mit der Feststellung, dass im Nachhinein keine Diagnose gestellt werden könne und vermochte angeblich keinen Behandlungsfehler zu erkennen. Daraufhin wurde von der Anwaltskanzlei Weil der Medizinische Dienst der Krankenkassen eingeschaltet, der nicht die Abgabe von Metformin bei chronischer Niereninsuffizienz als „groben Behandlungsfehler“ qualifizierte. Dieser habe im weiteren Verlauf der Behandlung aufgrund der eingetretenen Laktatazidose auch zum Tode der Patientin geführt.

Beim Tod naher Angehöriger durch Fehler Dritter (nichts anderes als beim Behandlungsfehler gilt etwa bei einem tödlichen Verkehrsunfall) sieht das deutsche Recht keinen grundsätzlichen Anspruch auf Schmerzensgeld vor. Der Tod naher Angehöriger gehört nach deutscher Rechtsprechung zum „allgemeinen Lebensrisiko“. Schmerzensgeld könne es daher nur geben, wenn der Betroffene vor seinem Tod aufgrund des Schadensereignisses bis zu seinem Tode noch unter erheblichen, nachweisbaren Schmerzen gelitten habe. So konzentrieren sich in diesen Fällen die Verhandlungen weniger auf das Schmerzensgeld als auf den Schadensersatz.

Vor dem Hintergrund dieser Sach-/und Rechtslage gelang es dennoch mit dem Versicherer des Krankenhauses eine außergerichtliche Einigung zu erzielen. Es kam zu einer Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 5.000 EUR sowie Schadensersatz in Höhe von 28.000 EUR – insgesamt also 33.000 € an den Witwer.


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