Mobbing-Opfer scheitert vor dem Arbeitsgericht:

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Dass es Mobbing-Opfer nicht immer leicht haben vor Gericht zu obsiegen konnte kürzlich der Pressestelle des LAG Hamm vom 19.01.2012 war zum Berufungsurteil (A.z: 11 Sa 722/10) entnommen werden: Das Landesarbeitsgericht Hamm hat die Klage eines Oberarztes, der seinen Vorgesetzten, einen Chefarzt auf Schadensersatz verklagt hatte zurück gewiesen.

Der Kläger bewarb sich im Jahr 2001 erfolglos auf die Chefarztstelle der Neurochirurgischen Klinik. Die Stelle wurde dem beklagten Chefarzt übertragen. Im März 2003 erhob der Kläger erste Mobbingvorwürfe gegen den Beklagten. Der Kläger war danach in psychiatrischer Behandlung und für längere Zeit arbeitsunfähig. Er verklagte im Jahr 2004 seine Arbeitgeberin u. a. mit dem Antrag, den Chefarzt zu entlassen und Schmerzensgeld zu zahlen. Die Klage gegen die Arbeitgeberin wurde vom Arbeitsgericht und vom Landesarbeitsgericht Hamm abgewiesen.

Nachdem das BAG das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben hatte, schloss der Kläger mit der Arbeitgeberin einen Vergleich. Der Kläger wird seither im medizinischen Controlling eingesetzt. Schadenersatzansprüche gegen den Chefarzt wurden in dem Vergleich allerdings nicht ausgeschlossen. Diese Ansprüche verfolgt der Kläger im vorliegenden Verfahren.

Der Kläger behauptet, er sei durch eine Vielzahl von Übergriffen des Beklagten psychisch erkrankt und arbeitsunfähig geworden. Dadurch habe er erhebliche Einkommenseinbußen erlitten. Der Kläger begehrt die Zahlung von etwa einer halben Million Euro als Schadensersatz. Der beklagte Chefarzt hält dem entgegen, er habe sich nicht pflichtwidrig verhalten. Zwar sei es teilweise zu Auseinandersetzungen und Verstimmungen gekommen, was aber allein darauf zurückzuführen sei, dass der Kläger ihn als Chefarzt und Vorgesetzten mit Weisungsbefugnis nicht habe akzeptieren wollen. Das Arbeitsgericht Dortmund hat die Klage abgewiesen. Die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts Dortmund hat Landesarbeitsgericht heute bestätigt. Nach Auffassung der Kammer liegt ein zum Schadensersatz oder Schmerzensgeld verpflichtendes Verhalten insbesondere dann vor, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

Bei der Prüfung von Ersatzansprüchen ist auch zu berücksichtigen, dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, aber sozial- und rechtsadäquat sind, nicht geeignet sind, die Voraussetzungen zu erfüllen. Nach der Vernehmung von 10 Zeugen ist die Berufungskammer zu dem Ergebnis gelangt, dass der Chefarzt in den vom Kläger vorgetragenen 29 Vorfällen die Grenzen eines sozial- und rechtsadäquaten Verhaltens in üblichen Konfliktsituationen nicht überschritten hat. In etwa 2/3 der Fälle waren die Vorwürfe entweder unzureichend vorgetragen oder nicht unter Beweis gestellt. In den Fällen, die Gegenstand der Beweisaufnahme waren, hat sich die mobbingtypische Schaffung eines feindlichen Umfelds nicht feststellen lassen. Soweit sich die Zeugen überhaupt noch an die Konflikte aus den Jahren vor 2004 hinreichend genau erinnern konnten, handelte es sich um Konflikte am Arbeitsplatz, die den noch üblichen Rahmen nicht überschritten haben.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen. MJH Rechtsanwälte, Herr Rechtsanwalt Martin J. Haas empfiehlt Mobbing-Opfern: Bevor Sie Klagen erheben lassen, sollten Sie sich Ihrer Sache sicher sein. Das subjektive Gefühl schlecht behandelt zu werden kann im Einzelfall täuschen. Verbünden Sie sich daher, falls Sie sich unangemessen behandelt fühlen mit Arbeitskollegen und achten Sie auch auf deren Urteil. Soweit Sie wenigstens einen Vertrauten haben, der glaubhaft diskriminierende Verhaltensweisen von Vorgesetzten oder Mitarbeitern bestätigen kann, erhöhen Sie die Chancen in einem Rechtstreit zu obsiegen.


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