Northdata zur Löschung verurteilt: LG Kiel stärkt Rechte Betroffener
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Am 27. September 2024 entschied das Landgericht Kiel (Az.: 12 O 64/24) in einem bemerkenswerten Fall zum Thema Datenspeicherung und Löschung von personenbezogenen Informationen auf der Plattform Northdata. Die Plattform Northdata bietet umfangreiche Informationen über Unternehmen, darunter auch personenbezogene Daten wie Geschäftsführer und deren frühere Tätigkeiten.
Was ist also zu tun, wenn solche Daten weiterhin öffentlich abrufbar bleiben, obwohl sie für den Betroffenen belastend sind? Das Urteil des LG Kiel zeigt Betroffenen, welche Rechte sie geltend machen können. Die Kanzlei AdvoAdvice hat zu diesem Thema eine Übersichtsseite erstellt.
Der Fall
Der Kläger war von 2021 bis 2022 Geschäftsführer einer GmbH, die im Bereich der gewerblichen Zimmervermietung tätig war. Schon wenige Monate nach dem Beginn der Geschäftsführertätigkeit wurde dem Betroffenen bewusst, dass die Anstellung unter falschen Vorzeichen erfolgte. Relativ schnell wurde ein zuvor nicht erkennbarer Bezug zum Rocker- und Rotlichtmilieu bekannt. Als Konsequenz drängte der Betroffene darauf, dass er als Geschäftsführer entlassen wird.
Das aus Hamburg stammende Unternehmen Northdata übernimmt Daten zu Geschäftsführereigenschaften etc. aus dem Handelsregister. Nach dem Ende seiner Tätigkeit blieb die entsprechende Eintragung bei Northdata jedoch bestehen. Besonders problematisch: Durch die einfache Google-Suche seines Namens war die Verbindung zu seiner ehemaligen Tätigkeit weiterhin abrufbar und wurde in der Liste der Suchergebnisse gar auf Platz 1 gelistet.
Diese dauerhafte Verknüpfung führte zu erheblichen Belastungen für den Kläger. In der Folge forderte der Betroffene die Löschung seiner personenbezogenen Daten von der Plattform. Dies wurde vorgerichtlich von Northdata jedoch abgelehnt.
Die Entscheidung des Gerichts
Das LG Kiel gab dem Kläger überwiegend recht. Es verurteilte die North Data GmbH zur Löschung der spezifischen Eintragungen, die den Kläger als ehemaligen Geschäftsführer der genannten GmbH auswiesen. Diese Entscheidung stützte das Gericht auf Artikel 17 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), der das „Recht auf Vergessenwerden“ regelt.
Entscheidend war für das Gericht die Abwägung zwischen dem berechtigten Interesse der Öffentlichkeit und dem Recht des Klägers auf Schutz seiner personenbezogenen Daten. Obwohl Northdata Daten aus öffentlich zugänglichen Registern verarbeitet, erkannte das Gericht an, dass die weitere Auffindbarkeit dieser Daten über einfache Suchmaschinen wie Google einen unverhältnismäßig hohen Eingriff in die Rechte des Klägers darstellt. Hierbei formulierte es:
„Auch bei einer Suche nach einer natürlichen Person etwa auf der Suchmaschine Google wird deren Profil auf der Internetseite der Beklagten angezeigt, im Falle des Klägers an erster Stelle. Damit erfahren nicht nur Personen, die gezielt die … in der Datenbank des Handelsregisters aufrufen und sodann etwa den chronologischen Abdruck herunterladen, von der ehemaligen Geschäftsführertätigkeit des Klägers. Vielmehr erfährt jeder, der den Kläger in der Suchmaschine Google eingibt, von der Abrufbarkeit von Daten des Klägers auf der Internetseite der Beklagten und damit von der Verbindung zu … GmbH. Der in § 52 S. 2 HRV zum Ausdruck kommende Kompromiss wird dadurch ausgehebelt. Dies stellt einen nicht mehr hinnehmbaren Eingriff in das Recht des Klägers auf Schutz seiner Daten dar. Die Interessen der Beklagten und ihrer Nutzer stehen dahinter zurück.“
Das Gericht betonte, dass es nicht ausreiche, dass die Informationen aus öffentlich zugänglichen Quellen wie dem Handelsregister stammen. Vielmehr müsse die Weiterverbreitung dieser Daten den Datenschutzvorgaben entsprechen, insbesondere dem Grundsatz der Zweckbindung. Dieser sieht vor, dass Daten nicht beliebig weiterverarbeitet werden dürfen, wenn der ursprüngliche Zweck – in diesem Fall die Eintragung im Handelsregister – nicht mehr gegeben ist.
Welche Möglichkeiten haben Betroffene?
Betroffene Personen, deren Daten auf Plattformen wie Northdata gespeichert und öffentlich zugänglich gemacht werden, haben das Recht, die Löschung dieser Daten zu verlangen, sofern sie nicht mehr relevant sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Datenverarbeitung, wie im vorliegenden Fall, die Rechte der betroffenen Person unverhältnismäßig stark beeinträchtigt.
Für Betroffene empfiehlt es sich, zunächst den Betreiber der Plattform auf die Löschung der Daten hinzuweisen. Erfolgt keine freiwillige Löschung (was regelmäßig der Fall ist), können weitere rechtliche Schritte in Erwägung gezogen werden. Vor dem Hintergrund der Verfahrenslänge und der potenziellen Kosten wird geraten, das Vorhandensein einer Rechtsschutzversicherung zuvor zu überprüfen.
Fazit
Das Urteil des LG Kiel stellt einen wichtigen Erfolg für den Datenschutz dar. Es zeigt, dass auch Daten, die aus öffentlich zugänglichen Quellen stammen, nicht ohne weiteres dauerhaft online gespeichert werden dürfen, insbesondere wenn die die Rechte einer Person unverhältnismäßig beeinträchtigen. Für Betroffene bedeutet dies: Es gibt rechtliche Mittel, um sich gegen die dauerhafte Veröffentlichung personenbezogener Daten zur Wehr zu setzen.
Der zuständige Rechtsanwalt Dr. Rohrmoser – Fachanwalt für Informationstechnologierecht – fasste zusammen:
„Wir kämpfen schon lange für betroffene Personen, die sich gegen die Veröffentlichungen im Internet wehren wollen. Das Urteil des LG Kiel stellt hier einen ersten Durchbruch für die Wahrung der Betroffenenrechte dar. Es zeichnet sich ab, dass die grundlegenden Fragen irgendwann – parallel zum Thema Speicherung der Restschuldbefreiung – auf höchster Ebene geklärt werden müssen. Hier unterstützen wir betroffene Personen gerne bei der Wahrnehmung ihrer Rechte!
Sofern Sie anwaltliche Hilfe bei der Entfernung von konkreten Einträgen benötigen, können Sie sich gerne unter info@advoadvice.de oder unter 030 / 921 000 40 an unsere Kanzlei wenden. In einem kostenfreien Erstgespräch wird dann von Rechtsanwalt Dr. Rohrmoser geprüft, welcher Weg für Sie der sinnvollste ist.
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