Notwehr – wann und wie darf ich mich wehren

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Das war doch Notwehr, sagt der Beschuldigte. War es nicht, sagt darauf das Gericht. Denn Verteidigung ist nicht gleich Notwehr. Schon ein Schlag zu viel genügt. Wann darf Notwehr erfolgen und vor allem wie?

Bei Notwehr keine Strafe

Notwehr ist laut Strafgesetzbuch die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden. Lag Notwehr vor, ist die eigentlich strafbare Handlung gerechtfertigt. Taten bis hin zum Totschlag bleiben straflos. Ebenfalls nicht bestraft wird, wer die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken überschreitet. Mehr steht zur Notwehr nicht im Gesetz. Gegenwärtiger Angriff, erforderliche Verteidigung, Grenzen der Notwehr? Für das Wann und Wie der Notwehr bedeutet das Folgendes.

Gegenwärtiger Angriff

Angriffe erfolgen oft körperlich. Notwehr ist jedoch auch gegen Angriffe auf die Ehre z. B. durch Beleidigung oder das Eigentum z. B. durch Diebstahl möglich. Der Angriff muss sich jedoch gegen persönliche Rechtsgüter richten. Kein Angriff liegt daher vor, wenn etwa jemand die Verkehrsregeln missachtet, ohne dabei einen selbst oder andere persönlich zu gefährden. Das zu verfolgen ist allein Aufgabe des Staates.

Andererseits ist Notwehr auch gegen fahrlässige Angriffe erlaubt, so z. B. gegen eine gar nicht provokativ gemeinte Äußerung. Notwehr ist zudem möglich, wenn sich der Angriff gegen einen anderen Menschen richtet. Die Verteidigung anderer gegen Angriffe wird dann als Nothilfe bezeichnet.

In jedem Fall muss der gegenwärtige Angriff unmittelbar bevorstehen, gerade erfolgen oder noch andauern. Das ist der zeitliche Rahmen der sogenannten Notwehrlage. Insofern gilt: ohne Notwehrlage keine Notwehr. Ist der Angreifer besiegt, flüchtet er oder gibt er anderweitig auf, muss die Verteidigung enden. Richter prüfen sehr genau das Vorliegen einer Notwehrsituation. Wer beispielsweise auf den besiegt am Boden liegenden Angreifer eintritt, kann sich kaum noch auf Notwehr berufen. Eine Chance besteht, wenn jemand die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken überschritten hat. Bei Rache, Wut und vergleichbaren Emotionen wird es mit dem Verweis auf Notwehr schwierig.

Erforderliche Verteidigung

Erforderlich bedeutet: Wer angegriffen wird, darf sich so verteidigen, wie es aus seiner Sicht notwendig ist, um den Angriff abzuwehren. Die Verteidigung muss nur geeignet sein. Wer sich verteidigt, muss allerdings nicht im Detail abwägen, ob seine gewählte Verteidigung vielleicht zu heftig für den Angreifer ist.

Vollkommen freie Wahl bei der Verteidigung herrscht dennoch nicht: Standen mehrere Verteidigungsmöglichkeiten zur Verfügung, ist möglichst die mildeste zu wählen. Zweifel bei der Auswahl der sich verteidigenden Person sind erlaubt. Sie gehen zulasten des Angreifers. Besonders gegen erkennbar schwache Angreifer wie Kinder oder ältere Menschen ist es jedoch zumutbar, sich verhaltener zu verteidigen als gegenüber Angreifern im besten Erwachsenenalter. Dasselbe gilt bei krass überzogenen Verteidigungshandlungen gegen harmlose Angriffe wie z. B. die Reaktion auf ein Wischen über den Kopf mit einem Messerstich. Allgemein wird beim Waffeneinsatz zur Notwehr besonders genau geprüft, ob dieser erforderlich war.

Auch wer einen Angriff provoziert hat – z. B. durch Beleidigung, darf sich nur abwehrend verteidigen. Wenn möglich muss der Provokateur zurückweichen und sich entfernen.

Mit Notwehrwillen

Notwehr muss zudem stets mit dem Willen zur Verteidigung erfolgen – und nicht zu anderen Zwecken. Der Notwehrwille fehlt zum Beispiel, wenn es jemand seinem verhassten Angreifer mal ordentlich heimzahlen will. Insofern prüft das Gericht auch die Beweggründe. Ruhm über den „Sieg“ ist daher in der Gerichtsverhandlung absolut fehl am Platz.

Es gilt somit wie bei der fehlenden Notwehrsituation: ohne Notwehrwille keine Notwehr. Notwehr setzt immer Notwehrsituation und Notwehrwille voraus.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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