Halbbruder abgestochen - Notwehr?

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Notwehr

Es ist im Strafgesetzbuch (StGB) geregelt, dass man sich unter bestimmten Voraussetzungen wehren darf, ohne bestraft zu werden. Die Notwehr gemäß § 32 StGB stellt einen Rechtfertigungsgrund dar. 

Doch nicht jede Gegenwehr fällt unter die Notwehr und ist somit gerechtfertigt. Wichtig ist, dass eine Notwehrlage vorliegt und die Notwehrhandlung erforderlich sowie geboten ist.

Notwehrlage

Damit es sich um Notwehr handeln kann, muss also zum einen eine Notwehrlage vorliegen. Voraussetzungen dafür sind:

- die Gegenwärtigkeit des Angriffs

- die Rechtswidrigkeit des Angriffs

- ein Angriff auf ein rechtlich geschütztes Interesse

Der Angriff muss somit unmittelbar bevorstehen und rechtswidrig sein, also selber nicht gerechtfertigt sein. Rechtliche geschützte Interessen sind alle Individualrechtsgüter (Leib, Leben, Freiheit), aber auch sonstige rechtlich anerkannte Interessen (z.B. Recht am eigenen Bild, Ehre). Allgemeine Rechtsgüter sind dagegen nicht notwehrfähig.

Streit unter Brüdern

Die Notwehrlage war auch Thema im Beschluss des Bundesgerichtshofes (2 StR 337/21) vom 24. November 2021. Im vorliegenden Fall teilte der Angeklagte seinem Halbruder mit, dass er die Wohnung verlassen soll und schubste ihn dabei in Richtung Tür. Infolgedessen kam es zu einem Kampf zwischen den Halbbrüdern. Die Zeugin schaffte es, die Beiden zu trennen und den Halbbruder des Angeklagten aus der Wohnung auszuschließen.

Nachdem dieser mehrmals gegen die Tür schlug, öffnete der Angeklagte die Wohnungstür mit einem Messer in der Hand haltend. Der Geschädigte lief daraufhin auf den Angeklagten zu, der dem Geschädigten dann in den Bauchraum stach.

Das Landgericht Bonn stellte im vorliegenden Fall eine gefährliche Körperverletzung fest und verneinte eine Rechtfertigung durch Notwehr. Als Begründung führte es an, dass der Angriff des Geschädigten spätestens in dem Moment beendet war, als die Zeugin die Halbbrüder durch die Tür voneinander trennte.

Beschluss des Bundesgerichtshofes

Der Bundesgerichtshof schließt das Vorliegen des Rechtfertigungsgrundes der Notwehr jedoch nicht aus. Nach dem Öffnen der Tür könnte erneut eine Notwehrlage entstanden sein. Aufgrund dieser Feststellung verweist der Bundesgerichtshof die Sache zur neuen Verhandlung über die Notwehrlage und der Erforderlichkeit des Messereinsatzes.

Hilfe durch Fachanwalt für Strafrecht

Dieser Beitrag wurde von Rechtsanwalt Dietrich erstellt. Rechtsanwalt Dietrich tritt bereits seit vielen Jahren deutschlandweit als Strafverteidiger auf. Wenn Ihnen vorgeworfen wird, sich wegen gefährlicher Körperverletzung strafbar gemacht zu haben, können Sie unter den angegebenen Kontaktdaten einen Besprechungstermin mit Rechtsanwalt Dietrich vereinbaren. Alternativ können Sie Rechtsanwalt Dietrich auch eine E-Mail schreiben.


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