OLG Celle zur Sittenwidrigkeit eines Testaments

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Auch ein notariell erstelltes Testament kann sittenwidrig sein, wenn die Situation des Erblassers ausgenutzt und er bewegt wurde, eine bestimmte Person testamentarisch als Erben einzusetzen. Das hat das OLG Celle mit Beschluss vom 9. Januar 2024 entschieden (Az.: 6 W 175/23). Die im notariellen Testament als Alleinerbin eingesetzte Betreuerin der Erblasserin geht somit leer aus, da das Testament nichtig ist.

Vor dem OLG Celle ging es um das Testament einer 92-jährigen Erblasserin. Diese hatte sich im Krankenhaus befunden, als ihre einzige Tochter, die sich bislang um die Angelegenheiten ihrer Mutter gekümmert hatte, verstarb. Das Amtsgericht bestellte darauf hin für die 92-Jährige eine Berufsbetreuerin. Noch während des Krankenhausaufenthalts beauftragte die Betreuerin einen Notar mit der Errichtung eines Testaments. In diesem Testament setzte die 92-Jährige ihre Betreuerin zur Alleinerbin ein. Als die Frau aus dem Krankenhaus entlassen wurde, nahm die Betreuerin sie zu Hause auf. Nur vier Tage später starb die Erblasserin eines natürlichen Todes.

Als die Betreuerin einen Antrag auf Erteilung des Erbscheins stellte, wies das Amtsgericht den Antrag mit Hinweis auf Sittenwidrigkeit des Testaments zurück. Die Beschwerde der Betreuerin gegen diese Entscheidung blieb vor dem OLG Celle ohne Erfolg.

Das OLG hatte bereits am 7. Januar 2021 mit rechtskräftigen Urteil entschieden, dass ein notarielles Testament zu Gunsten einer Berufsbetreuerin sittenwidrig sein kann (Az.: 6 U 22/20). An dieser Auffassung hielt das Gericht fest. Nach der Gesamtwürdigung der wesentlichen Gesichtspunkte kam es zu der Überzeugung, dass das Testament sittenwidrig und damit nichtig sei. Zur Begründung führte das OLG u.a. das hohe Alter der Erblasserin, ihren schlechten gesundheitlichen Zustand und ihre Gemütsverfassung nach dem Tod ihrer Tochter an. Hinzu komme, dass zwischen der angeordneten Betreuung und der Errichtung des notariellen Testaments nur ein kurzer Zeitraum lag.

„Das Gericht ist offenbar zu der Auffassung gekommen, dass die Betreuerin ihre Stellung ausgenutzt hat, um gezielt auf die Erblasserin, die sich körperlich und seelisch in keinem guten Zustand befand, einzuwirken, damit sie ihr ihr Vermögen vererbt. Das Ausnutzen einer solchen Situation kann sittenwidrig und das Testament dadurch nichtig sein“, sagt Rechtsanwalt Hansjörg Looser, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.

Sittenwidrigkeit ist auch ein Grund für die Anfechtung eines Testaments. Die Testamentsanfechtung ist besonders für gesetzliche Erben interessant, die im Testament nicht berücksichtigt wurden.

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