OLG Naumburg bestätigt unzulässige Abschalteinrichtung auch beim VW-Motor EA288

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Verbraucherfreundliches obergerichtliches Urteil im VW-Abgasskandal - Chancen auf Schadensersatz auch beim Nachfolgemotor des EA189 steigen


Herbe Niederlage für VW im Abgasskandal um den Motor EA288: das Oberlandesgericht Naumburg (Aktenzeichen 8 U 68/20) hat mit ausführlicher Begründung den Fahrzeughersteller auch beim Motor EA288 mit der Abgasnorm Euro 6 wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB verurteilt. Das Gericht sah eine Abgasmanipulation durch eine unzulässige Abschalteinrichtung als erwiesen an. Der klagende VW-Besitzer erhält gegen die Rückgabe seines Fahrzeuges (Golf 2.0 TDI Highline mit Erstzulassung 2015) den ursprünglichen Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung zurück. 


Anders als beim Urteil des Oberlandesgerichts Köln zum EA288 erging dieses Mal kein Versäumnisurteil, da VW an der mündlichen Verhandlung vor dem OLG Naumburg teilgenommen hatte. Daher musste das Gericht alle Argumente des Autobauers prüfen und berücksichtigen. Nicht zuletzt deswegen dürfte das OLG Naumburg mit seinem Urteil neue Maßstäbe für zukünftige Gerichtsentscheidungen gesetzt haben. 


VW-interne Dokumente belegen Abgasmanipulation beim EA288


Fast schon gewohnheitsmäßig bestreitet VW auch weiterhin, dass der EA288 illegale Abschalteinrichtungen enthält. Allerdings geht aus internen Dokumenten des Fahrzeugherstellers hervor, dass im EA288 - zumindest bei bis zum Mai 2016 hergestellten Motoren dieses Typs - eine sogenannte Fahrkurvenerkennung verbaut ist, die ein Laufen des Motors auf dem Prüfstand oder im realen Fahrbetrieb registriert. Unter Fahrkurve versteht man in diesem Zusammenhang einen festgelegten zeitlichen Ablauf von Brems- bzw. Beschleunigungsvorgängen, wie er auf dem Prüfstand beim offiziellen Abgastest vorgeschrieben ist.  


Entsprechend werden die Abgaswerte durch eine Anpassung der Katalysatortätigkeit auf dem Prüfstand reduziert und unter den vorgeschriebenen Grenzwerten gehalten, im realen Fahrbetrieb werden die Grenzwerte wohl deutlich überschritten. Ein solche Abschalteinrichtung falle nach Ansicht des OLG Naumburg auch nicht unter die in der diesbezüglich geltenden EU-Verordnung festgelegten Ausnahmen und sei somit unzulässig. 


Es folgt daraus, dass VW den Kunden bzw. Fahrzeugbesitzer vorsätzlich sittenwidrig geschädigt habe und daher entsprechend haften müsse. Dem stehe auch nicht der Umstand entgegen, dass der Fahrzeugbesitzer das Auto erst nach Bekanntwerden der Abgasmanipulation beim Vorgänger-Motor EA189 gekauft hat - insbesondere, da der Autokonzern nur das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) darüber in Kenntnis gesetzt habe, dass der EA288 ebenfalls eine Abschalteinrichtung enthalte, nicht aber die Kunden bzw. Fahrzeugbesitzer. 


Doch auch das KBA kam vor dem OLG Naumburg nicht ungeschoren davon. Nach eigenen Angaben habe die Behörde keine unzulässige Abschalteinrichtung im EA288 festgestellt. Dabei habe das KBA allerdings die Argumentation von VW über die Zulässigkeit einer derartigen Abschalteinrichtung ohne näheres Nachfragen akzeptiert. Die Oberlandesrichter kritisierten, die von der Behörde zu Grunde gelegten Rechtsauffassungen entbehrten jede juristische Grundlage. 


Kostenlose Erstberatung zur Überprüfung Ihrer Ansprüche


Als Besitzer eines VWs mit EA288-Motor steht auch Ihnen unter Umständen eine Entschädigung zu. Neben der Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung bei Rückgabe des Fahrzeuges ist auch die Zahlung von Schadensersatz durch VW möglich, wenn Sie Ihr Fahrzeug behalten möchten. 


Als im Abgasskandal erfahrene Verbraucherkanzlei helfen wir Ihnen gerne bei der Durchsetzung Ihrer Rechte. Im Rahmen einer kostenlosen und unverbindlichen Erstberatung prüfen wir Ihre Ansprüche und eine mögliche weitere rechtliche Vorgehensweise in Ihrem konkreten Fall. Auf der Grundlage unserer Erstanalyse können Sie dann abwägen und entscheiden, ob und gegebenenfalls wie Sie weiter vorgehen möchten.


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