OLG Nürnberg: Umgangskontakte für Umgangsberechtigten nur bei Impfung gegen Corona-Virus?

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Das OLG Nürnberg hat sich in seinem Beschluss vom 12.4.2021 (AZ 10 UF 72/21) mit der Frage befasst, ob Umgangskontakte davon abhängig gemacht werden können, dass die umgangsberechtigte Person gegen das Corona-Virus geimpft ist.

Die umgangsberechtigte Mutter steht aufgrund einer psychischen Erkrankung unter Betreuung. Zunächst wurde im September 2019 der Umgang mit den beiden beim Vater lebenden Kindern dahingehend geregelt, dass die Mutter für ein Jahr begleiteten Umgang, einmal monatlich für 3 Stunden ausübt. Nach Ablauf der Jahresfrist beantragte die Mutter im September 2020, den begleiteten Umgang für zwei weitere Jahre zu gestatten. Sie trägt vor, die Kinder seit Februar 2020 nicht mehr gesehen zu haben. Ein vom Jugendamt vorgeschlagene Umgangstermin im Mai 2020 hatte der Vater wegen der Corona Pandemie als verfrüht angesehen. Zudem forderte der Vater wegen der unsicheren Pandemie Lage, dass die Mutter sich ein bis zwei Tage vor dem begleiteten Umgang mit den Kindern eine Bestätigung über einen COVID 19 Test vorweisen solle. Die Mutter würde sich immer wieder im Kosovo aufhalten. Zum damaligen Zeitpunkt zählte der Kosovo zu den Hochrisikoländern im Bezug auf COVID 19 Fälle.

Nach Auffassung der Mutter habe der Vater kein Recht vor dem Umgang einen negativen COVID 19-Test zu fordern. Zudem sei sie seit drei Jahren nicht mehr im Kosovo gewesen.

Mit Beschluss vom 11.12.2020 regelte das Familiengericht den Umgang der Mutter mit Ihren Kindern einmal monatlich begleitet für 3 Stunden. Eine Verpflichtung zur Testung hatte das Familiengericht nicht ausgesprochen. Nach Auffassung des Gerichts Stelle die Pandemie keinen Grund dar, das verfassungsmäßig gewährleistete Recht der Antragstellerin auf Umgang mit Ihren Kindern einzuschränken.

Während des vom Vater eingeleiteten Beschwerdeverfahrens teilten die Kinder der Beteiligten der Mutter mit, dass sie diese nicht sehen wollten, wenn eine freiwillige Testung der Mutter nicht vorliege. Darüber hinaus solle die Mutter auch geimpft sein. Daraufhin erklärte sich die Mutter bereit, entweder einen PCR Test oder einen Schnelltest vorzunehmen, damit die Umgänge stattfinden können. Der Vater blieb bei seiner Forderung, dass die Mutter zusätzlich geimpft sein soll.

Das OLG Nürnberg verneinte die Pflicht zur Impfung der Mutter als Voraussetzung zur Durchführung der Umgänge mit ihren Kindern. 

Allein das Bestehen der Corona-Pandemie rechtfertigt es nicht, den Umgang auszusetzen, worauf auch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz auf seiner Homepage ausdrücklich hinweist (www.bmjv.de/DE/Themen/Fokus/Corona/SorgeUmgangsrecht). 

Allerdings kann es unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls durchaus Situationen geben, in denen aufgrund der Corona-Pandemie Umgangskontakte nicht oder nicht in der ursprünglichen Form stattfinden können. Denkbar ist dies z. B. wenn das Kind oder der umgangsberechtigte Elternteil unter häuslicher Quarantäne stehen oder der Umgang besondere, über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehende Gefahren verursacht. Die bloße Empfehlung, die Zahl der Kontakte zu anderen Personen zu minimieren, kann aufgrund der besonderen Bedeutung für den Elternteil und das Kind sowie dem Schutz des Umgangsrechts nach Art. 6 GG nicht genügen (s. OLG Schleswig, FamRZ 2020, 1373). 

Ein solches erhöhtes Risiko hatte der Vater jedoch nicht dargelegt.

Auch der geäußerte Kindeswille steht dem nicht entgegen. Es ist zudem offensichtlich, dass der Vater auf die Willensbildung der Kinder eingewirkt hat. Dafür sprechen die Formulierungen „weiß nicht, ob sie sich kontrollieren kann“ und die „Nachbesserung“ bei Besart. Nicht schlüssig ist auch, weshalb sie beim Vater - der im Krankenhaus arbeitet - und bei den Mitschülern sicher sein wollen, dass von diesen keine Infektionsgefahr ausgeht.

Aufgrund der in § 1 Abs. 2 CoronaImpfV enthaltenen Priorisierungsregelung hat die Mutter - falls sie sich einer Impfung unterziehen wolle -  keinen Einfluss auf die Reihenfolge der Impfung und könnte erst geimpft werden, wenn die jeweilige Priorität eintritt.

Von der Mutter,  die nicht ersichtlich zu einer Gruppe mit höherer Priorität gehört, würde daher etwas Unmögliches verlangt, was faktisch auf einen Ausschluss des Umgangs hinauslaufen würde. Ein solcher Ausschluss ist aber nur zulässig, wenn sonst das Wohl des Kindes gefährdet würde (§ 1684 Abs. 4 Satz 2 BGB). Das ist aber nicht der Fall, nachdem sich die Mutter zu einem Test vor jedem Umgang bereit erklärt hat.



 



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