OLG Stuttgart bestätigt Widerruf eines Autokredits

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Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 9. September 2021 entschieden, dass sich viele Autokredite aufgrund unzureichender Verbraucherinformationen widerrufen lassen (C-33/20 u.a.). Die Entscheidung des EuGH zeigt an deutschen Gerichten bereits Wirkung. So ist das OLG Stuttgart der Auffassung des EuGH gefolgt und hat mit Urteil vom 2. November 2021 entschieden, dass der Widerruf eines Darlehens zur Autofinanzierung auch Jahre nach Vertragsschluss noch wirksam erfolgt ist (Az.: 6 U 32/19).

Die Klägerin in dem zu Grunde liegenden Verfahren hatte im Juli 2014 mit der beklagten Bank einen Darlehensvertrag zur Finanzierung eines Autokaufs geschlossen. Rund vier Jahre später erklärte sie den Widerruf des Vertrags. Sie führte aus, dass der Kreditvertrag nicht alle notwendigen Informationen enthalten habe und dadurch die Widerrufsfrist nie in Lauf gesetzt wurde. Der Widerruf sei daher auch im Juli 2018 noch möglich gewesen.

Die Klage nahm ihren Weg durch die Instanzen. Das Landgericht Stuttgart wies die Klage ab und verwies darauf, dass die Widerrufsfrist bereits abgelaufen war. Das OLG Stuttgart hat die Entscheidung bestätigt. Die Klägerin legte Revision ein und hatte vor dem BGH Erfolg (Urteil vom 30. März 2021 – XI ZR 142/20). Der BGH machte deutlich, dass die erteilte Widerrufsbelehrung fehlerhaft sei, weil die darin enthaltene Verweisung auf „alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB“ für den Verbraucher nicht hinreichend transparent sei. Der BGH verwies den Fall an das OLG Stuttgart zurück.

In der erneuten Verhandlung berief sich die Klägerin auf die aktuelle Rechtsprechung des EuGH vom 9. September 2021. Danach stehe fest, dass die Angaben in ihrem Kreditvertrag zum außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren, zur Vorfälligkeitsentschädigung sowie zum Verzugszinssatz und seiner Anpassung unzureichend seien.

Das OLG Stuttgart folgte der Rechtsprechung des EuGH. Der Widerruf sei auch vier Jahre nach Abschluss des Darlehensvertrags noch wirksam erfolgt. Die Angaben zum Verzugszins seien unzureichend und die Widerrufsfrist deshalb nicht in Lauf gesetzt worden. „Der EuGH hat entschieden, dass die Höhe des Verzugszinses mit einem konkreten Prozentsatz anzugeben ist und auch der Mechanismus, nach dem sich dieser Zinssatz ändert, erläutert werden muss. Allgemeine Angaben wie der Verzugszins liegt 5 Prozentpunkte über dem Basissatz reichen nicht aus“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte. Auch das OLG Stuttgart machte nun deutlich, dass ein Verweis auf den Basiszinssatz nicht ausreichend ist, um den Mechanismus der Anpassung des Verzugszinses zu beschreiben.

Auch die Bank hatte in dem vorliegenden Fall hatte nur pauschal angegeben, dass der Verzugszins 5 Prozentpunkte über dem Basissatz liegt. Diese Angabe sei unzureichend, so das OLG. Die Widerrufsfrist sei daher nicht angelaufen und der Widerruf wirksam erfolgt.

„Fehlerhafte Angaben zum Verzugszins sind vielen Banken unterlaufen, so dass der Widerruf noch möglich ist“, so Rechtsanwalt Gisevius. Da bei Autokrediten häufig ein sog. verbundenes Geschäft zwischen Autokauf und Kreditvergabe vorliegt, werden nach einem erfolgreichen Widerruf sowohl der Kaufvertrag als auch der Kreditvertrag rückabgewickelt. In der Praxis heißt das, dass der Verbraucher das Auto an die Bank gibt und im Gegenzug seine geleisteten Raten inklusive Anzahlung zurückerhält. Rechtsanwalt Gisevius: „Das ist häufig deutlich lukrativer als ein Weiterverkauf des Autos, insbesondere im Hinblick auf Abgasskandal und Fahrverbote.“

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Mehr Informationen: https://bruellmann.de/widerruf-von-immobilien-und-autofinanzierung


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