Online-Routenplaner - eine Abo-Falle im Internet?

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BGH, Urteil vom 05.03.2014 - 2 StR 616/12 -

263 StGB, Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken

Die gezielte Verschleierung der Kostenpflichtigkeit von angebotenen Leistungen auf einer Internetseite stellt eine Täuschungshandlung im Sinne des § 263 StGB dar.

Sachverhalt/Problem

Im vorliegenden Fall betrieb der Angeklagte mehrere Internetseiten, deren Nutzung einem Entgelt unterlagen, so auch einen Online-Routenplaner. Bei diesem Routenplaner war es für flüchtige Nutzer nur sehr schwer erkennbar, dass es sich bei der Aktivierung des Routenplaners über einen Klick des Buttons „Route Planen“, um einen Abschluss eines dreimonatigen Abos in Höhe von knapp 60 EUR handeln sollte. 

Der Vorgang auf der Internetseite lässt sich wie folgt beschreiben:

Die Nutzer trugen ihre Örtlichkeiten in den Routenplaner ein. Danach klickten diese auf den Button „Route berechnen“. Hierbei wurde wiederholt auf das Gewinnspiel hingewiesen. Jedoch öffnete sich diesmal darüber hinaus eine Anmeldemaske, in der wurden die Besucher aufgefordert, Vor- und Zunamen, Anschrift, E-Mail-Adresse und Geburtsdatum einzutragen. Letztlich mussten die Kunden den Button „Route Planen“ anklicken. In einem kleinen Fußnotentext, der erst mit Scrollen und Vergrößern der Seite erkennbar war, wurde auf das dreimonatige Abo beim Klick des Buttons „Route Planen“ hingewiesen.

Das Landgericht in Frankfurt am Main verurteile den Betreiber der Internetseite 2007 zur Unterlassung dieser, wenn auf der Seite kein eindeutiger Hinweis einer Kostenpflichtigkeit der Internetseite ersichtlich ist. Ein Hinweisbeschluss 2008 vom Oberlandesgericht in Frankfurt am Main, sowie gleichgelagerte Entscheidungen brachten ebenso wenig Einsicht beim Betreiber des Portals.

Letztlich verurteilte das Landgericht Frankfurt am Main am 18.06.2012 den Betreiber der Internetseiten wegen versuchten Betruges, weil ein konkreter Irrtum eines Nutzers nicht nachgewiesen werden konnte. 

Daraufhin legte der Betreiber der Internetseiten beim Bundesgerichtshof Revision ein. 

Entscheidung

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in Leipzig verwarf das Rechtsmittel. Die Verschleierung mittels einer gezielten Gestaltung der Internetseiten über die Kostenpflichtigkeit der angebotenen Leistungen ist durchaus eine Täuschung im Sinne des § 263 StGB. Dass bei sorgfältigem Lesen der Internetseiten ein Entgelt anfällt, schließt eine Strafbarkeit nicht aus. Die Handlung, hier die Gestaltung der Webseiten, war ja gerade daraufhin unternommen worden, unaufmerksame und unerfahrene Nutzer zu täuschen.

Vorgenanntes steht auch im Einklang mit der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken, auf die sich der Angeklagte im Wege der Revision berief.

Die Richtlinie trifft diesbezüglich zwei Unterscheidungen, „irreführende Praktiken“ gem. Art. 6 und 7 der Richtlinie und „aggressive Praktiken“ gem. Art. 8 und 9 der Richtlinie. Beides hat der Angeklagte in seinem Tätigwerden realisiert.

Die gezielte, unübersichtliche Gestaltung der Seite ist dem Bereich „irreführende Praktiken“ zuzuordnen.

Dem nicht genug, ließ der Angeklagte an 261 Nutzer nach Ablauf der Widerrufsfrist auf postalischem oder auf elektronischem Wege Zahlungsaufforderungen zustellen. Im Weiteren erhielt, für den Fall der Nichtzahlung, ein Großteil der Nutzer rechtsanwaltliche Schreiben mit Androhung eines empfindlichen Übels in Form einer SCHUFA-Eintragung. Hierbei handelte es sich um zuvor genannte „aggressive Praktiken“ im Sinne der Richtlinie.

Letztlich hat der Senat auch einen Vermögensschaden bejaht. Dieser ergab sich aus bestehenden oder nur scheinbaren Verbindlichkeiten zum Nachteil der Nutzer.

Fazit

Genaueres Hinschauen lohnt sich.

Bei Diensten im Netz, die vorab Angaben zu Person und Wohnort erfragen, ist Vorsicht geboten. Denn die im schlimmsten Fall damit verbundenen Zahlungsaufforderungen jener Anbieter, berechtigt oder zu Unrecht, können nur mit Name und entsprechender Adresse zugestellt werden.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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