Personenstandsrecht und ausländische Eheschließung, Beurkundung beim Standesamt

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Gesetzestext:

§ 34 PStG - Eheschließungen im Ausland oder vor ermächtigten Personen im Inland

(1) Hat ein Deutscher im Ausland die Ehe geschlossen, so kann die Eheschließung auf Antrag im Eheregister beurkundet werden; für den Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit ist der Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend. Die §§ 3 bis 7, 9, 10, 15 und 16 gelten entsprechend. Gleiches gilt für Staatenlose, heimatlose Ausländer und ausländische Flüchtlinge im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (BGBl. 1953 II S. 559) mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland. Antragsberechtigt sind die Ehegatten, sind beide verstorben, deren Eltern und Kinder.

(2) Die Beurkundung der Eheschließung nach Absatz 1 erfolgt auch dann, wenn die Ehe im Inland zwischen Eheschließenden, von denen keiner Deutscher ist, vor einer von der Regierung des Staates, dem einer der Eheschließenden angehört, ordnungsgemäß ermächtigten Person in der nach dem Recht dieses Staates vorgeschriebenen Form geschlossen worden ist.

(3) Personen, die eine Erklärung nach § 94 des Bundesvertriebenengesetzes abgegeben haben, sind nur mit den nach dieser Erklärung geführten Vornamen und Familiennamen einzutragen; dies gilt entsprechend für Vertriebene und Spätaussiedler, deren Name nach den Vorschiften des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen geändert worden ist.

(4) Zuständig für die Beurkundung ist das Standesamt, in dessen Zuständigkeitsbereich die antragsberechtigte Person ihren Wohnsitz hat oder zuletzt hatte oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Ergibt sich danach keine Zuständigkeit, so beurkundet das Standesamt I in Berlin die Eheschließung.

(5) Das Standesamt I in Berlin führt ein Verzeichnis der nach den Absätzen 1 und 2 beurkundeten Eheschließungen.

Ausgangslage:

Für Anwälte im Migrationsrecht und Personenstandsrecht stellt sich häufig die Frage, wie können die Interessen der im Ausland verheirateten Partner(-innen) auch in Deutschland abgesichert werden. Es sind Fälle denkbar, in denen entweder ausländische Ehepartner in ihrem Heimatland geheiratet haben, sei es kirchlich[1], standesamtlich oder religiös – stammesrechtlich[2] und nunmehr der ein oder andere Partner in der BR Deutschland Flüchtlingsschutz gefunden hat.

Art. 6 Absatz 1 Grundgesetz bestimmt den Schutz von Ehe und Familie.

Wie soll man aber sich mit einer ausländischen Heiratsurkunde in Deutschland auf den Schutz von Ehe und Familie berufen können?  

Ein gangbarer Weg ist die wenig bekannte und in der anwaltlichen Praxis eher stiefmütterlich behandelte Vorschrift des § 34 PStG.

Anerkennung ausländischer Eheschließung:

Über § 34 PStG werden die Standesämter verpflichtet, eine deutsche Heiratsurkunde auszustellen[3].

Mit der Nachzeichnung ausländischer Eheschließungen in eine deutsche Heiratsurkunde [Nachbeurkundung[4]]  ist der Familienstand für Finanzamt, Bürgeramt und andere Institutionen zementiert. Häufig ist es nämlich so, dass die ausländischen Heiratsurkunden, seien diese auch in die deutsche Sprache übersetzt worden, von Behörden nicht anerkannt werden, weil die Behörde die Formalien einer rechtmäßigen Eheschließung in dem Herkunftsstaat nicht kennen oder nicht glauben[5].

Diese Prüfungspflicht, ob eine rechtmäßige Eheschließung im Ausland vorliegt, wird durch die Antragstellung über § 34 PStG auf die Standesämter verlagert.

Die Standesämter verfügen über das Stammdatenmonopol[6] und sind somit in der Pflicht zur Nachzeichnung der ausländischen Eheschließung.

Parallel, aber nicht zwingend, kann der /die Antragsteller(-in) auch die Legalisation oder Überbeglaubigung der Heiratsurkunde über das Bürgeramt oder die Botschaft vornehmen lassen.

Davon erhält man aber noch keine deutsche Heiratsurkunde, deshalb ist das Verfahren nur subsidiär.

Anerkennung auch ohne Flüchtling ?

Fraglich ist, ob die Nachzeichnung (sprich: deutsche Anerkennung) der ausländischer Heiratsurkunde / der ausländischen Ehe auch für Asylberechtigte (Art. 16a GG) und subsidiär Schutzberechtigte (§ 4 AsylG) in Deutschland gilt?

Man könnte meinen, nein, weil der Gesetztext[7] nur von: „Staatenlose, heimatlose Ausländer und ausländische Flüchtlinge im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (BGBl. 1953 II S. 559) mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland“ spricht.

Die Flüchtlingseigenschaft wird daher zunächst an der Einstufung nach der Genfer Konvention [GK] oder häufig auch zitiert als [GFK] [Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (BGBl. 1953 II S. 559) ] festgemacht.

Soweit ersichtlich, fehlt Rechtsprechung zu diesem Thema des Personenstandsrechts und die Kommentarliteratur[8] schweigt hierzu.

Ob auch Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte neben den Flüchtlingen daher in den Schutzbereich des § 34 PStG fallen, ist durch Auslegung[9] zu ermitteln.

Es gibt gute Gründe, dass auch Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte unter diese Norm fallen, da die Unterscheidung zwischen Flüchtling und subsidiär Schutzberechtigten erst im Rahmen des Europäischen Asylsystems geschaffen wurde.

Zum Zeitpunkt der GK 1951 gab es eine solche Unterscheidung noch nicht. Das Europäische Asylsystem fand in Umsetzung u.a. der Qualifikationsrechtlinie[10], der EU-Aufnahmerichtlinie[11] und Asylverfahrensrichtlinie[12] Eingang im Asylgesetz (AsylG) und des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Dort ist neben dem Flüchtling (§ 3 AsylG) auch der subsidiär Schutzberechtigte (§ 4 AsylG) als Berechtigter internationalen Schutzes genannt. Es macht daher keinen plausiblen Grund, dem subsidiär Schutzberechtigten die Anerkennung seiner ausländischen Ehe für Deutschland zu verweigern.

Notfalls muss das Standesamt eine Zweifelvorlage an das zuständige Amtsgericht erheben (§ 49 Abs.2 PStG) oder die Anfechtung seiner Entscheidung (§ 49 Abs.1 PStG) in Kauf nehmen. Bei einer gerichtlichen Anfechtung kann dann immer noch das Amtsgericht die Sache zur Entscheidung dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) [13] oder auch dem EuGH (Art. 256 Abs.3 Unterabsatz 3 AEUV) vorlegen.

Resümee:

Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte sollten sich daher nicht scheuen, gleichwohl separat auch ein Verfahren auf Anerkennung ihrer ausländischen Eheschließung beim Standesamt zu eröffnen.

[1]  beispielsweise sehr oft in Eritrea ( vgl. VG Berlin, Urt.v. 28.09.2021 – VG 21 K 41/20 V (zuvor VG 6 K 395/19 V)

[2]  beispielsweise in Indonesien möglich (vgl. Dr. Lewenton, Indonesien, Stand 01.12.2019, Verlag für das Standesamtswesen, S. 23) und AG Mühlhausen UR III 5/21 – laufendes Verfahren-;

[3] umgangssprachlich - gemeint ist: die Beurkundung der Eheschließung im Eheregister (d.Verf.)

[4]  vgl. Aus Rechtsprechung und Verwaltung; Personenstand und Nachbeurkundung einer Eheschließung, AG Nürnberg Beschl.v. 08.10.2013- UR III 151/12 in: ANA-ZAR (DeutscherAnwaltVerein) Heft 5/2013 S. 45 ff (52);

[5]  beispielsweise Syrische Stellvertreterehe; VG Düsseldorf Beschl.v. 22.10.2018 – 22 L 1774/18.A (Quelle: Asylrecht RA Marcel Keienborg)

[6] vgl. hierzu: PETROWITZ, Art. 48 EGBGB & Wesentliche Grundsätze deutschen Rechts,

   herausgearbeitet und rechtsvergleichend anhand ausgewählter Rechtsprechung zum Namensrecht;

   Eine systematische Gesamtdarstellung zum derzeitigen Erkenntnisstand der Harmonisierung europäischen und      deutschen Namensrechts; GRIN-Verlag, 2015 , S. 18     

ISBN 978-3-668-02886-9 (eBook) ISBN 978-3-668-02887-6 (Buch)

[7]  vgl. zur Gesetzesinitiative: Deutscher Bundestag Drucksache 16/1831 S. 35 „Abschaffung des Familienbuches“

[8]  vgl. Gaaz/Bornhofen, Personenstandsgesetz Handkommentar Verlag für das Standesamtswesen, 3. Auflage 2014, S.325,

[9] Auslegungsmethoden: historische, systematische, teleologische Auslegung sowie der Auslegung nach dem Wortlaut des Gesetzes möglich;

[10]  RL 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011

[11]  RL 2013/33/EU vom 26. Juno 2013

[12]  RL des Europäischen Parlaments und des Rates zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und die Aberkennung des internationalen Schutzes vom 26. Juno 2013;

[13]  vgl. zur Vorlage im Namensrecht/geschlechtsspezifische Bestimmung § 45b PStG: AG Münster Beschl.v. 14.04.2021 – 22 III 34/20 (Quelle: openjur)

RA und Fachanwalt für Verwaltungsrecht Lutz Petrowitz

Anwaltskanzlei Petrowitz von Seyfried, ERFURT


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