Pflichtteil einfordern: Ein umfassender Leitfaden (mit Erklärvideo)

  • 4 Minuten Lesezeit

Den Pflichtteil einfordern - das ist ein wichtiger rechtlicher Prozess, der es Pflichtteilsberechtigten ermöglicht, einen gesetzlichen Mindestanteil am Nachlass eines Verstorbenen zu bekommen, selbst wenn sie in dessen Testament nicht bedacht wurden.

In diesem ausführlichen Artikel werden wir beleuchten, was Sie über den Pflichtteilsanspruch wissen müssen - von den rechtlichen Grundlagen und Voraussetzungen bis hin zu den praktischen Schritten und möglichen Herausforderungen.

Was ist der Pflichtteilsanspruch und wer hat Anspruch darauf?

Der Pflichtteilsanspruch ist ein gesetzlich festgelegter Anspruch auf einen Mindestanteil (in Geld) am Nachlass eines Verstorbenen (dem sogenannten Erblasser). Dieser Anspruch besteht für enge Angehörige des Erblassers, wie z.B. Ehepartner, eingetragene Lebenspartner, Abkömmlinge (also Kinder, Kindeskinder usw.) und in einigen Fällen auch Eltern.

Gerade dann, wenn der Erblasser in seinem Testament oder Erbvertrag andere Erben begünstigt oder einen Teil seiner Angehörigen enterbt hat, können die berechtigten Personen den Pflichtteil einfordern.

Voraussetzungen für die Durchsetzung des Pflichtteilsanspruchs

Damit ein Pflichtteilsanspruch rechtmäßig eingefordert und (insbesondere in seiner Höhe) erfolgreich durchgesetzt werden kann, sollten bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Enterbung in einer letztwilligen Verfügung: Der Pflichtteilsberechtigte muss in einem Testament oder Erbvertrag des Erblassers vollständig oder teilweise von der Erbfolge ausgeschlossen worden sein. Dies kann auch dadurch geschehen, dass der Pflichtteilsberechtigte nicht genannt wird.

  2. Pflichtteilsentziehung: Dem Pflichtteilsberechtigten darf der Pflichtteil nicht wirksam vom Erblasser entzogen worden sein. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn er den Erblasser vorsätzlich getötet hat.

  3. Wirksamkeit von Testament bzw. Erbvertrag: Die letztwillige Verfügung muss rechtsgültig sein. Wenn das Testament bzw. der Erbvertrag formelle oder inhaltliche Mängel aufweist, kann dies Auswirkungen auf den Pflichtteilsanspruch haben.

  4. Fristen einhalten: Der Pflichtteilsanspruch muss innerhalb einer bestimmten Frist geltend gemacht werden. Diese beträgt in der Regel drei Jahre (zum Jahresende) ab dem Zeitpunkt, zu dem der Pflichtteilsberechtigte vom Erbfall und seiner Enterbung erfahren hat.

Pflichtteil einfordern - Diese Schritte sind zu gehen

Die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs erfordert eine sorgfältige Planung und Durchführung. Hier sind die grundlegenden Schritte, die dabei bestenfalls zu beachten sind:

  1. Rechtliche Beratung einholen: Der erste Schritt besteht darin, sich von einem erfahrenen Anwalt für Erbrecht (ideal ist ein Fachanwalt für Erbrecht) beraten zu lassen. Ein Anwalt kann die rechtliche Situation analysieren und die Erfolgsaussichten für den Pflichtteilsanspruch bewerten.

  2. Auskunft in Form eines Nachlassverzeichnisses: Der Anwalt wird den Pflichtteilsanspruch geltend machen - und zwar zunächst in Form eines Schreibens an den Erben, womit insbesondere der Nachlass zum Todestag und frühere Schenkungen des Erblassers vom Erben mittels eines Nachlassverzeichnisses zu beauskunften sind.

  3. Wertermittlung und Zahlung verlangen: Nach erfolgter Auskunft ist häufig eine Wertermittlung vorzunehmen (beispielsweise von Immobilien durch Einholung eines Sachverständigengutachtens) und hiernach der Pflichtteilsanspruch zu beziffern und zur entsprechenden Zahlung aufzufordern.

  4. Verhandlungen führen: In vielen Fällen versuchen die Parteien, eine außergerichtliche Einigung zu erzielen. Ihr Anwalt wird Sie während dieser Verhandlungen vertreten und sich bemühen, eine in Ihrem Interesse liegende Lösung zu finden.

  5. Gerichtliches Verfahren: Wenn keine außergerichtliche Einigung erzielt werden kann, wird der Anwalt ein gerichtliches Verfahren einleiten, um den Pflichtteilsanspruch vor Gericht durchzusetzen.

Herausforderungen bei der Geltendmachung des Pflichtteils

Die Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs kann mit verschiedenen Herausforderungen verbunden sein, darunter:

  1. Familienkonflikte: Die Enterbung durch den Erblasser kann zu Spannungen und Konflikten innerhalb der Familie führen, insbesondere wenn die Enterbung überraschend kommt oder wenn es Uneinigkeit über den Inhalt und die Bewertung des Nachlasses gibt.

  2. Komplexität des Verfahrens: Das (außergerichtliche und gerichtliche) Verfahren zur Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs kann komplex und schwierig sein. Dies gilt insbesondere für die rechtlichen Anforderungen.

  3. Finanzieller Druck für den Erben: Gerade dann, wenn der Nachlass zwar werthaltig ist, aber nicht über ausreichend finanzielle Mittel verfügt, sieht sich der vom Pflichtteilsberechtigten in Anspruch genommene Erbe einem erheblichen finanziellen Druck ausgesetzt, der ihn auch dazu zwingen kann, Nachlassbestandteile umgehend versilbern zu müssen.

Fazit

Der Pflichtteilsberechtigte muss sich rechtzeitig darum kümmern, seinen Anspruch gegen den Erben geltend zu machen. Das Nachlassgericht hilft dem Enterbten dabei nicht.

Indem Sie sich rechtlichen Rat einholen und die erforderlichen Schritte unternehmen, können Sie Ihren Anspruch auf den Pflichtteil erfolgreich geltend machen und den Ihnen zustehenden Anteil am Nachlass des Verstorbenen (in Geld) erhalten.

Wenn Sie Fragen zum Pflichtteil oder zum Erbrecht im Allgemeinen haben, ist es ratsam, sich von einem erfahrenen Fachanwalt für Erbrecht beraten zu lassen, um Ihre Rechte zu schützen und eine faire Lösung zu erreichen.


Flegl Rechtsanwälte (Rechtsanwalt Dr. Jochen Flegl), Böblinger Str. 29, 71229 Leonberg

Telefonnummer: 07152 610354

E-Mail-Adresse: info@flegl-rechtsanwaelte.de

Anfrage starten: https://www.flegl-rechtsanwaelte.de/kontakt

Impressum: https://www.flegl-rechtsanwaelte.de/impressum

Um dieses Video anzuzeigen, lassen Sie bitte die Verwendung von Cookies zu.

Foto(s): @fleglrechtsanwaelte

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Jochen Flegl

Beiträge zum Thema