POC-Fonds: Stellungnahme zum Ergebnis der außerordentlichen Gesellschafterversammlung

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Für unsere Mandanten haben wir an den Gesellschafterversammlungen der POC-Fonds in der Zeit vom 01.09.-03.09.2015 teilgenommen. Im Rahmen der Versammlungen sollten die Anleger über zwei Beschlussanträge der POC-Geschäftsführung („Top 5“ und „Top 6“) abstimmen:

Top 5:
Beschlussfassung über die Darlehnsgewährung an die COGI LP aus Mitteln der Rückzahlungen der Gesellschafter

Top 6:
Beschlussfassung über die weitere Darlehnsaufnahme und weitere Darlehnsgewährung an die COGI LP

Die Abstimmungen verliefen in den einzelnen Fonds nicht einheitlich. Bei den Fonds „POC 1“ und „POC Growth 2“ wurden beide Beschlussvorschläge der Geschäftsführung von der Mehrheit der Anleger abgelehnt. Bei den Fonds „POC 2“, „POC Growth“ und „POC Growth 3 Plus“ stimmte jeweils eine (knappe) Mehrheit für Top 5 und gegen Top 6.

Ein Ergebnisprotokoll der Versammlungen erhalten die Anleger auf dem Postwege. Wie die POC-Geschäftsführung mit diesem gemischten Ergebnis umgehen wird, bleibt abzuwarten.

Die einzelnen Versammlungen fanden im Wesentlichen in der folgenden Reihenfolge statt:

  1. Bericht der POC-Geschäftsführung
  2. Bericht der COGI
  3. Aussprache
  4. Abstimmung

Unter „Top 1“ wurde uns von der Geschäftsführerin, Frau Galba, mitgeteilt, dass für die COGI LP mittlerweile ein Insolvenzplanverfahren (sog. „CCAA-Verfahren“, CCAA steht für Companies' Creditors Arrangement Act) eingeleitet sei. Das bedeutet, dass man bis zum 25.09.2015 zusammen mit den Hauptgläubigern, insbesondere mit der finanzierenden Bank, eine gemeinsame Lösung sucht. Sollte dieses Verfahren scheitern, käme es anschließend zu einer Insolvenz der COGI. Dies wäre zwar nicht identisch mit einer Insolvenz der jeweiligen Fonds-KG. Eine Insolvenz der COGI würde aber bedeuten, dass der jeweiligen Fonds-KG ihre (einzige) Einnahmequelle wegfällt. Die Insolvenz der COGI dürfte daher für die Anleger weitreichende Folgen haben; im Ergebnis dürfte dann auch eine Insolvenz der POC-Fonds drohen.

Weiterhin teilte Frau Galba mit, man sei von dem Rückgang des Ölpreises (derzeit unter 40 CAD) überrascht worden. Diesen haben man nicht voraussehen können. Mit dem nun eingesammelten Geld könne man aber den Betrieb weiter aufrechterhalten. Ferner sei die POC-Geschäftsführung zu einem Honorarverzicht von 60% bereit. Vergleichbares wolle man für die COGI durchsetzen, auf die Geschäftsführung der COGI habe man aber keinen Einfluss. Ab einem Ölpreis von 70 CAD könne man wieder Überschüsse erwirtschaften. Den aktuellen Darlehnsstand der COGI bezifferte Frau Galba mit 49 Mio. CAD (34 Mio. CAD Bankdarlehn, 15 Mio. CAD sonstige Darlehn).

Abschließend teilte Frau Galba mit, man werde die Ausschüttungen in jedem Fall von den Anlegern zurückfordern, d.h. auch dann, wenn das Fortführungskonzept scheitern sollte.

Im weiteren Verlauf der Gesellschafterversammlung wurde dann von zwei kanadischen Rechtsanwälten die allgemeine Situation auf dem kanadischen Öl- und Gasmarkt erläutert. Ferner wurde dargestellt, welche Möglichkeiten es für einen weiteren Betrieb der COGI (nach einer Einigung mit den Gläubigern) geben könnte. Mittelfristig sei mit einer Erholung der Märkte zu rechnen, man kalkuliere mit einem Ölpreis von ca. 70 CAD.

Im Rahmen der sog. „Aussprache“ hatten die Anleger sodann die Möglichkeit, kritische Fragen zu Stellen. Hierbei möchten wir positiv bemerken, dass die Versammlungsleitung sich Mühe gab, alle Anleger zu Wort kommen zu lassen. Ein wesentlicher Teil der Fragen der Anleger wurde jedoch von der POC-Gruppe, insbesondere von Frau Galba, nur unzureichend beantwortet:

  • So wollte die POC-Geschäftsführung nur auf mehrfache Nachfrage bestätigen, dass tatsächlich nicht nur die Ausschüttungen für das Jahr 2013 zurückgefordert werden, sondern auch ein Teil der Ausschüttung aus dem Vorjahr, der lediglich Anfang 2013 „geflossen“ ist. Dies wurde im Schreiben vom 06.07.2015 etwas irreführend dargestellt.
  • Bislang haben rd. 70% der Anleger die Rückzahlung der Ausschüttungen verweigert.
    Ferner stellte sich heraus, dass die Geschäftsführung tatsächlich ihr Honorar nur stunden wird. Sollte nämlich die Sanierung der COGI scheitern, will Frau Galba – nachträglich – das komplette Honorar verlangen. Falls also die Sanierung der COGI scheitert, erhält die POC-Geschäftsführung, sozusagen als „Belohnung“, das volle Honorar.
  • Ebenfalls nur auf Nachfrage erfuhren die Anwesenden, dass der sogenannte „Verzicht“ auch nicht – wie in den diversen Schreiben der POC-Gruppe angedeutet – sofort gelten soll, sondern allenfalls ab Januar 2016. Im laufenden Jahr ist so oder so keine Kürzung der Vergütung der Geschäftsführung vorgesehen.
  • Darüber hinaus erfuhren die Anwesenden – ebenfalls nur nach mehrfacher Nachfrage – dass 20% „weiche Kosten“ von dem zurückgeforderten Geld einbehalten werden sollen. So sollen insgesamt rund 5 Mio. € (von insgesamt 28 Mio. € Rückforderung) für die POC-Geschäftsführung, die Steuerberatung etc. einbehalten werden. Ein wesentlicher Teil der zurückgeforderten Ausschüttungen dient also tatsächlich nicht der Zurückführung des Darlehns, sondern der Sicherung der Liquidität der Fonds, insbesondere also der Sicherung des Honorars der POC-Geschäftsführung für die nächsten drei Jahre.
  • Der Vorschlag eines Anlegers, die rückgeforderten Ausschüttungen auf einem speziellen Treuhandkonto zu „parken“, wurde von der Geschäftsführung zurückgewiesen.
  • Wesentlich schwerer wiegt nach unserer Auffassung allerdings der Umstand, dass es derzeit keinen Businessplan für die Fortführung der COGI gibt. Nicht einmal ein grundsätzliches, schlüssiges Gesamtkonzept ist vorhanden. Es existieren lediglich (nicht näher belegte) Planzahlen, welche Überschüsse man bei welchem Ölpreis zu erwirtschaften gedenkt. Hierbei hofft man auf eine Stabilisierung des Ölpreises jenseits von 70 CAD. Ob und wann sich der Ölpreis wieder stabilisiert, ist reine Spekulation.
  • Die Geschäftsführung will also offensichtlich zunächst das Geld für die COGI einsammeln, „ihren Anteil“ von 20% abziehen und dann überlegen, was mit dem Rest gemacht wird. Wir halten ein solches Vorgehen für unseriös. Es enzspricht der allgemeinen kaufmännischen Praxis, dass man zunächst einen Sanierungsplan oder Businessplan erstellt und diesen den (möglichen) Investoren vorstellt, bevor man diese um zusätzliches Geld bittet
  • Auch die Nachfragen zu den geltend gemachten Steuerberaterkosten wurden nur unzureichend beantwortet. Trotz mehrfacher Nachfrage weigerte sich die Geschäftsführung, den Anlegern einen Leistungsnachweis bzw. eine entsprechende Rechnung zukommen zu lassen.
  • Fragen nach dem konkreten Investitionsverlauf der POC-Fonds 2008-2013, insbesondere die Frage, wie sich in so kurzer Zeit eine Gesamtinvestition von rund 300 Mio. € nahezu in Wohlgefallen auflösen konnte, wurden ebenfalls nicht nachvollziehbar beantwortet. Auch diese Fragen wurden lediglich mit allgemeinen und sehr pauschalen Ausführungen zur wirtschaftlichen Lage im kanadischen Öl- und Gasmarkt beantwortet.
  • Ebensowenig wurde die Frage beantwortet, an wen eigentlich die letzten Ölquellen verkauft wurden. Frau Galba weigerte sich bereits die Frage zu beantworten, ob ihr die Käufer namentlich bekannt seien, geschweige denn, wer die konkreten Käufer seien. Ob sich Frau Galba insofern in einem Interessenskonflikt befand, können wir nicht abschließend beurteilen.

Zusammenfassend bedeutet die Gesellschafterversammlung im Ergebnis für uns:

  • Wesentliche Fragen der Anleger wurden nicht oder nur unzureichend beantwortet.
  • Die Bereitschaft der Geschäftsführung, ihren Teil zur Lösung der Probleme beizusteuern (z.B. durch einen uneingeschränkten Verzicht auf einen wesentlichen Teil ihres Honorars) ist nicht erkennbar. Anstatt gemeinsam mit den Anlegern und den involvierten Vermittlern nach einer Lösung zu suchen, werden die Anleger mit juristischen Schritten bedroht. Die anwesenden Anwälte wurden von Frau Galba pauschal als „Haie“ bezeichnet.
  • Es existiert derzeit kein belastbarer Businessplan für eine Fortführung der COGI, und dass, obwohl die aktuelle Ölpreiskrise nicht „über Nacht“ entstanden ist. Nach unserer Auffassung hätte die COGI- bzw. POC-Geschäftsführung Monate Zeit gehabt, um einen solchen Plan zu erstellen.
  • Laut eigenen Angaben hat die POC-Geschäftsführung keinen Einfluss auf die COGI-Geschäftsführung, obwohl die COGI nichts anderes als eine Tochterfirma der POC-Fonds ist.
  • Die Anleger werden mit dem Versprechen, die Geschäftsführung werde auf einen Großteil ihres Honorars verzichten, in die Irre geführt. Tatsächlich wird das Honorar gestundet, falls die Sanierung scheitert („negatives Erfolgshonorar“).
  • Der „Weg des Geldes“ bleibt rätselhaft. Es ist nach wie vor nicht nachvollziehbar, wie das Kapital der Anleger genau investiert worden ist. Ob der eingetretene Kapitalverlust tatsächlich – wie die Geschäftsführung behauptet – allein auf dem Absinken des Ölpreises beruht, bleibt zweifelhaft. Bereits 2013, bei Ölpreisen deutlich über 100 CAD, konnte die COGI keine Gewinne erwirtschaften; entsprechendes gilt für 2014. Wir haben daher erhebliche Zweifel, dass bei einem (erhofften) Ölpreis von 70 CAD mit dieser Geschäftsführung eine Rettung des Investments möglich sein kann.

Aus diesen Gründen halten wir eine wirtschaftliche Fortführung der COGI bzw. der POC-Fonds mit diesen Beteiligten für nicht möglich. Hier wird, im wahrsten Sinne des Wortes, gutes Geld dem schlechten hinterhergeworfen. Wir haben daher in der Versammlung für unsere Mandanten jeweils mit „Nein“ gestimmt.

Eine Lösung der Probleme der POC-Fonds kann allenfalls gemeinsam mit allen involvierten Vertrieben und Anlegern gefunden werden. Letzten Endes müsste gemeinsam versucht werden, eine anlegerfreundliche (und vor allem: unabhängige) Geschäftsführung zu installieren. Dies kann nur auf einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung erfolgen. Wir werden versuchen, ein solches gemeinsames Vorgehen kurzfristig mit den uns bekannten involvierten Anwälten abzustimmen.

Ob die derzeitige POC-Geschäftsführung nun ihre Drohung wahr macht und tatsächlich die Ausschüttungen gerichtlich zurückfordert, bleibt abzuwarten. Wir bleiben insofern dabei, dass eine solche Rückforderung bei den POC-Fonds nicht zulässig ist:

http://www.anwalt.de/rechtstipps/poc-fonds-ergaenzende-stellungnahme-zur-rueckzahlung-der-ausschuettungen-und-steuerberaterkosten_071227.html

Unmittelbarer Handlungsbedarf besteht insofern aber nach unserer Auffassung nicht. Wir empfehlen auch weiterhin, zunächst abzuwarten, ob die POC-Gruppe tatsächlich weitere Schritte einleitet. Sollte die derzeitige POC-Geschäftsführung ihre Drohung wahrmachen, sollte anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen werden.

Auf der Versammlung wurden wir ferner von einigen Anlegern nach den Erfolgsaussichten von Schadensersatzklagen gefragt. Insofern möchten wir nochmals drauf hinweisen, dass ein Anlageberater grundsätzlich nicht für die (Fehl-)Entscheidungen oder die Unfähigkeit des Fondsmanagements haftet. Etwas anderes gilt allenfalls dann, wenn der Vermittler den Anleger gezielt über die Risiken der Beteiligung getäuscht hat.

Einen Konflikt zwischen Vertrieb und Anleger halten wir aber derzeit im Hinblick auf die massiven Probleme der POC-Fonds (und insbesondere im Hinblick auf die offensichtlichen Verursacher) für wenig hilfreich. Unabhängig davon ist unser Eindruck nach zahlreichen Gesprächen mit anwesenden Vermittlern, dass diese selbst an die Versprechungen der POC-Gruppe geglaubt haben, häufig selbst investiert haben (Zitat einer Vermittlerin: „Bei POC war ich selbst meine beste Kundin“) und nun selbst von der POC-Geschäftsführung schwer enttäuscht wurden. Wenn es eine Lösung der Probleme auf der Fondsebene überhaupt noch geben sollte, kann diese nach unserer Meinung nur gemeinsam mit dem Vertrieb gefunden werden.

Das soll nicht bedeuten, dass Schadensersatzansprüche gegen den Vertrieb im Einzelfall nicht rechtlich durchsetzbar sind. Wir werden hiervon aber einstweilen Abstand nehmen.

Alternativ besteht zwar die Möglichkeit, von den Fondsinitiatoren/Gründungsgesellschaftern Schadensersatz zu verlangen, da die Fondsprospekte nach unserer Auffassung in mehreren Punkten (insbesondere hinsichtlich der Darstellung der Finanzierung in Kanada) irreführend waren. Abschließend haben wir die Erfolgsaussichten einer solchen Schadensersatzklage aber (noch) nicht geprüft. Bevor eine solche Klage in Erwägung gezogen werden sollte, bedarf es aber in jedem Fall einer dezidierten Prüfung, ob auf Seiten der Verantwortlichen überhaupt genügend „Masse“ vorhanden ist, um die Klageforderungen von mehreren 100 (oder gar 1.000) Anlegern zu begleichen. Andernfalls dienen solche Klagen allenfalls den Interessen der involvierten Anwälte. Dies wäre dann in der Tat der einzige Punkt, in dem man Frau Galba zustimmen könnte.

Übereilter Aktionismus ist – auch insofern – nicht zu empfehlen.

Autor: Rechtsanwalt Dr. Christoph Sieprath


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