Prämienerhöhung: Private Krankenversicherungen müssen diese gut begründen

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Prämienerhöhungen gehören leider dazu, wenn man privatversichert ist. Manche Versicherte erteilt dieses Schicksal alle paar Jahre, manche Versicherte jedes Jahr.

Die Prämienerhöhung muss die Private Krankenversicherung nachvollziehbar begründen.

Wann die Prämie erhöht werden darf, regelt § 203 Abs.2 VVG.

Maßgebliche Gründe müssen mitgeteilt werden

§ 203 Abs.5 VVG regelt wiederum, dass jede Prämienerhöhung begründet werden muss. Das Gesetz verlangt die Mitteilung der „hierfür maßgeblichen Gründe“. Was hierunter genau zu verstehen ist, ist nun höchstrichterlich geklärt. Der Bundesgerichtshof hat sich in mehreren Entscheidungen mit dieser Frage beschäftigt.

BGH, Urteil vom 10.3.2021 – IV ZR 353/19, NJW-RR 2021, 541, Rn. 20:

„Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils mit Urteil vom 16.12.2020 ( NJW 2021, 378 = VersR 2021, 240) entschieden und im Einzelnen begründet hat, erfordert die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung der Prämie nach § 203 V VVG die Angabe der Rechnungsgrundlage, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 II 1 VVG veranlasst hat. Dagegen muss der Versicherer nicht mitteilen, in welcher Höhe sich diese Rechnungsgrundlage verändert hat. Er hat auch nicht die Veränderung weiterer Faktoren, welche die Prämienhöhe beeinflusst haben, wie zB des Rechnungszinses, anzugeben (Senat NJW 2021, 378 Rn. 26).“

Die Versicherung muss demnach mitteilen, welche Rechnungsgrundlage sich verändert hat. Anerkannte Rechnungsgrundlagen sind die Entwicklung der Krankheitskosten oder die Entwicklung der Lebenserwartung unter den Versicherten. Eine höhere Lebenserwartung führt dabei in der Regel zu höheren Krankheitskosten. Beide Rechnungsgrundlagen müssen bestimmte Schwellenwerte überschreiten (Krankheitskosten über 10 %; Lebenserwartung 5 %).

Leider – und das kritisieren Verbraucherschützer zu Recht – hat der BGH die Versicherungen nicht verpflichtet mitzuteilen, in welcher Höhe sich die Rechnungsgrundlagen verändert haben.

Der BGH hat seine Ansicht im Wesentlichen so begründet: Das Wort „maßgeblich“ lege nahe, dass nur mitgeteilt werden müsse, dass die relevanten Schwellenwerte überschritten seien. Nicht geschuldet ist die Nennung der konkreten Höhe der Veränderung des Schwellenwertes. Dies hatten einige Landgerichte anders gesehen (LG Potsdam, LG Neuruppin).

Viele Prämienerhöhungen mangelhaft

Trotzdem genügen viele Mitteilungen der Versicherungen über Prämienerhöhungen den Vorgaben des BGH nicht. In einem der hier besprochenen Urteile war die Prämienerhöhung von der Versicherung wie folgt begründet worden (und ist damit vor dem BGH gescheitert):

„Muss eine Beitragsanpassung erfolgen, müssen auch weitere Faktoren berücksichtigt werden. Denn nicht nur die Leistungsausgaben beeinflussen den Beitrag.  Diese Faktoren sind: 

Steigende Lebenserwartung 

… 

Kapitalmarktsituation 

… 

Entwicklung des Versichertenbestandes 

…"

Es lohnt sich daher, sich die Mitteilungen der vergangenen Jahre noch einmal genauer anzuschauen.

Rückforderung auch rückwirkend möglich

Der BGH hat nämlich festgestellt, dass bei mangelhafter Mitteilung die Erhöhungen auch rückwirkend zurückgefordert werden können. Den Mangel der Mitteilung kann die Versicherung nur ex nunc, also für die Zukunft mit einer neuen Mitteilung heilen – nicht für die Vergangenheit.

Mangelhafte Mitteilungen der Privaten Krankenversicherer sind gar nicht so selten. Die Anforderungen an die Mitteilung sind eigentlich erst jetzt abschließend von den Gerichten geklärt. Daher ist der Einwand der Versicherungen, sie wüssten erst jetzt, was genau in der Mitteilung enthalten sein muss, verständlich. Dem Einwand wird vom BGH jedoch eine Abfuhr erteilt.

Vergleiche BGH, Urteil vom 16.12.2020 – IV ZR 294/19, NJW 2021, 378 Rn. 37:

„Entgegen der Ansicht der Revision steht der Anwendung des § 203 V VVG auch für den Zeitraum vor der hiesigen Entscheidung nicht entgegen, dass der Begriff der „maßgeblichen Gründe“ in der dargelegten Weise der Auslegung bedurfte. (…) Der Versicherer hat die Gestaltung seiner Mitteilungen zu Prämienanpassungen selbst in der Hand und kann auch angesichts der Auslegungsbedürftigkeit einer Vorschrift, zu der noch keine höchstrichterliche Entscheidung ergangen ist, im Zweifel eine rechtssichere Formulierung wählen.“

Wurde also eine mangelhafte Belehrung erteilt, so können die danach zu Unrecht abgebuchten Erhöhungen vom Versicherungsnehmer zurückverlangt werden – bis die Versicherung eine neue, ordnungsgemäße Belehrung erteilt.

Was Versicherungsnehmer tun können

In Anbetracht der doch erheblichen Beitragssteigerungen in den vergangenen Jahren lohnt es sich, die Erhöhungen mitsamt Begründungen der letzten Jahre noch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.

Die Begründung sollte anhand der höchstrichterlichen Rechtsprechung überprüft werden. Im Zweifel kann ein Rechtsanwalt zu Rate gezogen werden. Versicherungsnehmer können sich hierzu gerne an Rechtsanwalt Robert Nebel, M.A. wenden.

Robert Nebel, M.A.

Rechtsanwalt

Licenciado en Derecho


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