Masernschutzgesetz: Einwilligung des Kindes in die Impfung

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Eltern von Kindern in Gemeinschaftseinrichtungen müssen Nachweise i.S.d. Masernschutzgesetzes vorlegen.

Bei Verletzung der Nachweispflicht kann das Gesundheitsamt Sanktionen ergreifen, bspw. Bußgelder oder Zwangsgelder verhängen. 

Eltern werden sanktioniert

"Bestraft" werden dabei die Eltern als nachweisverpflichtete Person von minderjährigen Kindern, siehe § 20 Abs.13 IfSG.

Wenn als einzige Nachweisart die Impfung in Betracht kommt, müssen die nachweisverpflichteten Eltern einen Impfnachweis besorgen. Diesen Impfnachweis erhält man, in dem man mit dem Kind einen Arzt aufsucht, dieser das Kind in der Regel zweimal impft und der Arzt dann die Impfung bestätigt.

Spannungsverhältnis zu § 630d BGB

Diese Gesetzessystematik steht in einem Spannungsverhältnis zu § 630d BGB. 

Danach ist der Arzt verpflichtet, vor Durchführung einer medizinischen Maßnahme die Einwilligung des Patienten einzuholen.

Personenverschiedenheit

Deshalb gilt beim Masernschutzgesetz:

Die nachweisverpflichtete Person und die Person, die in die Impfung einwilligen muss, können personenverschieden sein.

Auch Minderjährige können einwilligen

Dabei ist zu beachten, dass auch Minderjährige einwilligen können bzw. müssen. § 630d BGB knüpft an die sog. Einwilligungsfähigkeit an.

Siehe § 630d BGB:

"Vor Durchführung einer medizinischen Maßnahme, insbesondere eines Eingriffs in den Körper oder die Gesundheit, ist der Behandelnde verpflichtet, die Einwilligung des Patienten einzuholen. Ist der Patient einwilligungsunfähig, ist die Einwilligung eines hierzu Berechtigten einzuholen, soweit nicht eine Patientenverfügung nach § 1901a Absatz 1 Satz 1 die Maßnahme gestattet oder untersagt."

Keine starre Altersgrenze

Ab welchem Alter jemand einwilligungsfähig ist, definiert das Gesetz nicht.

Nach der Gesetzesbegründung ist für die Einwilligungsfähigkeit die natürliche Willensfähigkeit des Patienten entscheidend:

Der Patient muss in der Lage sein, die Selbstbestimmungsaufklärung nach § 630e BGB zu verstehen und Nutzen und Risiken des Eingriffs gegeneinander abwägen zu können. Dabei geht es stets um den konkret anstehenden medizinischen  Eingriff  –  nicht  um  medizinische  Eingriffe  „an sich“. 

Das heißt: Eine Einwilligungsfähigkeit ist bspw. bei einem 4-jährigen Kind nicht zu bejahen. Je älter das Kinder wird, desto eher wird man in den Bereich kommen, dass eine Einwilligung (auch) vom Kind erforderlich wird.

Dabei ist jedoch nicht auf das Alter allein abzustellen. Es kommt auf den Entwicklungsstand des Kindes an. Demnach muss die Einwilligungsfähigkeit individuell, d.h. von Fall zu Fall, beurteilt werden. 

Eingriff ohne Einwilligung rechtswidrig

Hierauf werden die Ärzte von selbst achten, da ein Eingriff ohne wirksame Einwilligung rechtswidrig ist und haftungsrechtliche Probleme nach sich ziehen kann.

Sanktionen für die Eltern bei fehlender Einwilligung des Kindes?

Muss das Kind einwilligen und erteilt es seine Einwilligung nicht, so stellt sich die Frage, ob die Eltern nach dem Masernschutzgesetz hierfür belangt werden können.

Man wird in diesen Fällen davon ausgehen können, dass die Androhung eines Zwangsgeldes ausscheiden dürfte. Erhebliche Zweifel bestehen auch, ob die Verletzung der Nachweispflicht durch die Eltern als Ordnungswidrigkeit verfolgt und mit einem Bußgeld geahndet werden darf. 

Von einigen Gerichten wird jedoch der Nachweis verlangt, dass man mit der "notwendigen Ernsthaftigkeit und Entschlossenheit" erzieherisch auf die Kinder einwirkt, vgl. VG Berlin, Beschluss v. 11.09.2023, Az.: 14 L 231/23, Rn. 75. 

Wie man sich das in der Praxis vorzustellen hat, bleibt aber im Dunkeln. 

Problematische Umsetzung in der Praxis

Das Masernschutzgesetz bereitet seit seiner Einführung viele Probleme in der Umsetzung. Dies liegt zum Teil an der missglückten Gesetzessystematik. 

An dem hier erörterten Problem zeigt sich, dass viele Regeln, insbesondere die Regeln zur Sanktionierung von Verstößen, unausgereift sind. 

Dies folgt aus der grundsätzlichen Problematik, dass der Gesetzgeber die Kinder über den Umweg Eltern zu einem medizinischen Eingriff zwingen will. 

Robert Nebel, M.A.

Rechtsanwalt

Licenciado en Derecho





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