Prämiensparverträge: BaFin fordert Sparkassen zum Handeln auf

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Nun ist der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) endgültig der Geduldsfaden gerissen. Nicht anders ist die am 21.06.2021 erlassene und verkündete Allgemeinverfügung der BaFin zu verstehen, mit welcher diese Sparkassen nun auffordert ihre Kunden über die Unwirksamkeit der von ihnen formulierten Zinsanpassungsklauseln aufzuklären.

Sparkassen werden nicht nur verpflichtet, ihre Kunden innerhalb der nächsten 12 Wochen im Detail über die Unwirksamkeit der verwendeten Zinsanpassungsklauseln zu unterrichten. Sparkassen werden zudem verpflichtet, ihren Kunden entsprechende Angebote zur Neuberechnung der Zinsen rückwirkend zum Vertragsbeginn zu unterbreiten und hierbei die Rechtsprechung des BGH zu berücksichtigen, welche dieser in seiner Entscheidung vom 13.04.2010 – XI ZR 197/09 – niedergelegt hat.

Die BaFin rügt hierbei, dass die Sparkassen auf eine Entscheidung des BGH vom 17.02.2004 – XI ZR 140/03 – die Kunden nicht über die Unwirksamkeit der Zinsanpassungsklausel informiert haben, sondern einseitig ohne vorherige Information des Kunden für das Neugeschäft entwickelte Zinsklauseln auf die bestehenden Prämiensparverträge übertragen haben. Hierzu seien sie nicht berechtigt gewesen.

Die BaFin gelangt nach Prüfung von Prämiensparverträgen diverser Sparkassen und nach Anhörung derselben zu dem Ergebnis, dass die von den Sparkassen zugrunde gelegten Zinsklauseln, die nach 2004 entwickelt und auf Bestandsverträge rechtswidrig angewandt worden sind, nicht den Anforderungen des BGH an eine interessengerechte ergänzende Vertragsauslegung entsprechen. Insbesondere rügt die BaFin die Heranziehung von kurzfristigen Referenzzinssätzen wie beispielsweise des 3-Monats-Euribor sowie zu lange Anpassungsintervalle und verwendete Anpassungsschwellen.

Damit bestätigt die BaFin die von Rechtsanwalt Siegfried Reulein, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Nürnberg, in zahlreichen außergerichtlich betreuten Mandaten und einer Vielzahl gerichtlicher Verfahren für Sparkassenkunden vertretene Rechtsauffassung. So geht die BaFin davon aus, dass die Zinsberechnungen der Sparkassen durchweg fehlerhaft sind, nicht nur weil sie sich an den Konditionen des Neugeschäfts orientieren, sondern auch weil sie die Rechtsprechung des BGH verkennen, die gerade die Anwendung eines langfristigen Referenzzinses fordert. Auch sei die Anwendung eines längeren, als eines einmonatigen Anpassungsintervalls nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH. Gleiches gelte, so die BaFin weiter, für die Anwendung einer Anpassungsschwelle sowie die nicht erfolgte Anwendung eines relativen Zinsabstandes.

Vereinfacht gesagt haben Sparkassen über Jahre hinweg die ihnen bekannte Rechtsprechung des BGH schlichtweg ignoriert und zwar zu Lasten ihrer Kunden.

Auch wenn sich die BaFin nicht zu Verjährungsfragen äußert, so ist doch aus dem Umstand, dass sie den Sparkassen aufgibt, Neuberechnungen rückwirkend bis zum Vertragsschluss vorzunehmen, zu schließen, dass sie davon ausgeht, dass Zinsneuberechnungs- und in der Folge auch Zinsnachzahlungsansprüche des Kunden aktuell nicht verjährt sind. Es bestehe ein Dauerverstoß der Banken durch rechtswidrige einseitige Leistungsbestimmung und das Unterlassen einer Unterrichtung des Kunden über die Unwirksamkeit der Zinsanpassungsklausel.

Es wird nun abzuwarten bleiben, ob und in welcher Form Sparkassen nun diese Allgemeinverfügung der BaFin umsetzen werden.

Sparkassenkunden bzw. Inhaber solcher Prämiensparverträge sollten, sobald sie von ihrer Sparkasse angeschrieben werden, in jedem Fall anwaltlichen Rat eines auf dem Gebiet des Bank- und Kapitalmarktrechts spezialisierten Rechtsanwalt einholen.

Rechtsanwaltskanzlei KSR, Nürnberg. Wir beraten und vertreten als Fachanwaltskanzlei für Bank- und Kapitalmarktrecht seit mehr als 16 Jahren Mandanten im Zusammenhang mit der Vermittlung von Kapitalanlagen und der fehlerhaften Beratung von Kapitalanlegern in ganz Deutschland.


Foto(s): KSR

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