Prozessrückstellungen bei Finanzdienstleistungsinstituten

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Nach Auffassung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) besteht für Finanzdienstleistungsinstitute bereits mit Einreichung einer Schadensersatzklage die Pflicht zur Bildung von Rückstellungen. Rückstellungen sind u. a. für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden, § 249 HGB. Rückstellungen dürfen nur aufgelöst werden, wenn der Grund dafür  entfallen ist. Die Rückstellungen haben steuermindernde Auswirkungen, aber auch insolvenzrechtliche.

Maßgeblich ist insolvenzrechtlich zunächst und insoweit, ob der Bilanzierungspflichtige bei sorgfältiger Abwägung aller in Betracht zu ziehenden Umstände eine Rückstellungspflicht nicht verneinen durfte.  Die Verbindlichkeit müsse mit einiger Wahrscheinlichkeit bestehen, was dann der Fall sei, wenn mehr Gründe für als gegen das Bestehen und die künftige Inanspruchnahme der Verbindlichkeit sprechen (BFH, Urt. v. 2. Oktober 1992 – III R 54/91, DB 1993, 204; Urt. v. 30. Januar 2002 – I R 68/00, DB 2002, 871), BGH, Urteil vom 22. 9. 2003 – II ZR 229/02.

Gemäß dem BFH-Urteil vom 16. 12. 2014 – VIII R 45/12 kommt es bei Rückstellungen für Prozessverbindlichkeiten auch auf die Erfolgsaussichten einer Klage anEs müssten aus der Sicht des Bilanzstichtages mehr objektive Gründe für eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme als dagegen sprechen. Dies sei regelmäßig dann der Fall, wenn der vermeintliche Gläubiger am Bilanzstichtag bereits im Klagewege gegen den Steuerpflichtigen vorgehe (BFH-Urteil vom 16. 12. 2014 – VIII R 45/12).

Seien jedoch weitere gewichtige objektive Umstände ersichtlich, die gegen ein Unterliegen im Prozess sprächen, seien auch diese im Rahmen der Prognoseentscheidung zu berücksichtigen, sofern es sich nicht um erst nach dem Bilanzstichtag eingetretene wertbegründende Tatsachen handeln würde. Zu diesen objektiven Umständen, die Eingang in die Prognose über den Ausgang des Verfahrens finden könnten, könne auch ein im Wertaufhellungszeitraum von fachkundiger dritter Seite erstelltes Gutachten gehören, welches zu dem Ergebnis komme, das Unterliegen im Verfahren sei zum Bilanzstichtag nicht überwiegend wahrscheinlich. 

Fazit: Es gilt, die Bedingungen der Ressourcenplanung anzupassen. Die Prozessrückstellung kann vorläufig für ertragssteuerfreie Jahre im Sinne einer Stundung sorgen. Die Rückstellung stellt insolvenzrechtlich indessen auch eine Schuld dar und ist bei der Überschuldungsprüfung zu berücksichtigen mit dem Risiko der Geschäftsführerhaftung bei Betriebsfortführung für masseschmälernde Ausgaben trotz Antragspflicht. Ist allerdings die Fortführungsprognose für das Unternehmen positiv, weil sich die Verschuldung nicht erhöht und weil zwei zukünftige Planbilanzen echte Gewinne ausweisen, entfällt die Insolvenzantragspflicht. Die positive Fortführungsprognose darf nicht nur bestehen, sondern sie bedarf des qualifiziert dokumentierten Profils durch einen objektiven Dritten.


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