Pyrotechnik ist doch kein Verbrechen! Ist Werfen von Bengalos im Fußballstadium strafbar?
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„Pyrotechnik ist doch kein Verbrechen“ wurde dank sozialer Medien wie Instagram und TikTok zum inoffiziellen EM-Song 2024. Fußballfans haben in der Vergangenheit schon häufig innerhalb von Stadien pyrotechnische Gegenstände verwendet. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass beim Einsatz solcher pyrotechnischen Gegenstände innerhalb einer großen Menschenmenge unzählige Gefahren und auch Schäden entstehen können. Auch wurden pyrotechnische Gegenstände schon oft dazu verwendet, um grade bei Auseinandersetzungen zwischen gegnerischen Fans zum Einsatz zu kommen. Als Folge kommt es oft zu schweren Verletzungen, welche mitunter auch lebensbedrohliche Ausmaße annehmen können.
Veranstalterinnen und Vereine tragen Sorge dafür, dass solche Auseinandersetzungen nicht eskalieren und auch dafür, dass pyrotechnische Gegenstände erst gar nicht in die Stadien gelangen können. Dies gelingt mitunter jedoch nur bedingt.
Welche strafrechtlichen Folgen den Betroffenen drohen und ob Pyrotechnik tatsächlich kein Verbrechen ist, wird im folgenden klargestellt.
Was fällt unter Pyrotechnik?
Ein pyrotechnischer Gegenstand ist nach der allgemeinen Begriffsbestimmung des Art 3 Abs. 1 der Pyrotechnik-Richtlinie 2013/29/EU jeder Gegenstand, der explosionsgefährliche Stoffe oder Stoffgemische enthält, mit denen aufgrund selbstständiger, unter Freiwerden von Wärme ablaufender chemischer Reaktion Wärme, Licht, Schall, Gas oder Rauch oder eine Kombination dieser Wirkungen erzeugt werden soll. Sie gelten als Explosionsstoffe im Sinne des Art 2 Nr. 1 der Explosionsstoff-Richtlinie 2014/28/EU und fallen somit auch unter das Sprengstoffgesetz nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 SprengG. In welche Kategorien pyrotechnische Gegenstände eingeteilt werden können, regelt § 3a SprengG. Der Oberbegriff Pyrotechnik erfasst also grundsätzlich alle Arten von Feuerwerk und sogenannten „Böllern“. Pyrotechnische Gegenstände welche häufig in Fußballstadien verwendet werden sind zum Beispiel Rauchbomben, Notsignalraketen, Knallkörper sowie bengalisches Feuer, auch „Bengalos“ genannt. In Fußballstadien werden also häufig solche pyrotechnischen Gegenstände verwendet, die viel Rauch produzieren und auffallend farbig leuchten beim Abbrennen. Explodierende „Böller“ oder das bekannte Feuerwerk sind eher selten in Fußballstadien anzutreffen.
Ist Pyrotechnik ein Verbrechen? Welche Strafen drohen für das Werfen von Bengalos, Feuerwerk und Co im Fußballstadion?
Das Werfen angezündeter pyrotechnischer Gegenstände, welche eine erhebliche Explosion herbeiführen können, erfüllt meist den Tatbestand des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion nach § 308 StGB. Durch die Explosion muss eine konkrete Gefahr für das Leben oder die Gesundheit anderer Personen oder fremder Sachen von bedeutendem Wert verursacht werden, um den Tatbestand des § 308 Abs. 1 StGB zu verwirklichen. Unerheblich ist dabei, ob die Explosion mit einem „Knall“ erfolgt. Auch Rauchbomben, „Bengalos“ etc. können unter den Begriff Sprengstoff im Sinne der Norm fallen. § 308 StGB stellt zudem ein Verbrechen im Sinne des § 12 Abs. 1 StGB dar. In diesem Zusammenhang würde Pyrotechnik also tatsächlich aus rechtlicher Sicht ein Verbrechen darstellen.
Auch kommt es meist zu der Verwirklichung verschiedener Körperverletzungsdelikte im Sinne der §§ 223 ff. StGB. Gerade die Unbeherrschbarkeit von pyrotechnischen Gegenständen führt dazu, dass sie regelmäßig als gefährliche Werkzeuge im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB zu werten sind. Durch die objektive Beschaffenheit des Knallkörpers und seiner Verwendung in unmittelbarer Nähe einer Menschenmenge, können erhebliche Verletzungen bei Dritten entstehen, wodurch der Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung im Sinne des § 224 StGB verwirklicht wird und höhere Strafen drohen. Hat die Körperverletzung zudem zur Folge, dass eine verletzte Person eine der Folgen des § 226 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 StGB erleidet, wäre zudem auch der Tatbestand der schweren Körperverletzung erfüllt. Regelmäßig können schwere Verbrennungen zu dauerhaften Gesundheitsschäden führen oder es kann auch zu erheblichen Rauchvergiftungen kommen.
Auch kommt im Zusammenhang mit Ausschreitungen in Stadien, bei welchen pyrotechnische Gegenstände zum Einsatz kommen, zumeist eine Strafbarkeit nach § 125 StGB in Betracht. Wer sich an Gewalttätigkeiten gegen Menschen durch das gezielte Werfen pyrotechnischer Gegenstände aus einer Menschenmenge heraus beteiligt, erfüllt regelmäßig den Tatbestand des § 125 StGB.
Je nach Art des pyrotechnischen Gegenstandes kommt auch eine Strafbarkeit nach dem Sprengstoffgesetz in Betracht. Handelt es sich beispielsweise um einen Gegenstand, für dessen Erwerb und Umgang eine entsprechende Erlaubnis erforderlich ist nach §§ 7, 27 SprengG und liegt eine solche nicht vor, kommt eine Strafbarkeit nach § 40 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 SprengG in Betracht. Die meisten pyrotechnischen Gegenstände, welche innerhalb von Fußballstadien zum Einsatz kommen, unterliegen dieser Erlaubnispflicht.
Welche Konsequenzen drohen noch beim Werfen von Pyrotechnik im Fußballstadion?
Im Zusammenhang mit der illegalen Verwendung pyrotechnischer Gegenstände wurden in der Vergangenheit viele Verfahren vor dem Sportgericht des Deutscher Fußball-Bund e.V. geführt. Vereine mussten sich das rechtswidrige Verhalten ihrer Fans zurechnen lassen und wurden meist zu enormen Geldstrafen von mehreren tausend Euro verurteilt. Auch wurde schon mehrfach die Anordnung eines sogenannten „Geisterspieles“ verhängt. Der Verein kann dann aufgrund des bestehenden Zuschauervertrages den Fan oder Zuschauer, welcher den pyrotechnischen Gegenstand illegal verwendet hat, in Regress nehmen. Dies hat zur Folge, dass ein erheblicher Teil der Geldstrafe welche gegenüber dem Verein verhängt wurde, auf den Fan oder Zuschauer selbst zurückfällt.
Was Fußballfans zudem besonders hart trifft, ist der mögliche Ausspruch eines bundesweiten Stadionverbots.
Als Anwalt für Strafrecht vertrete ich Sie im Strafverfahren beim Vorwurf einer Straftat auch im Zusammenhang mit einem Fußballspiel. Außerdem setze ich mich bei einem Stadionverbot ein, dass Ihre Rechte gewahrt bleiben und das Stadionverbot nach Möglichkeit aufgehoben oder möglichst kurz ausfällt.
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