Recht auf selbstbestimmtes Sterben?

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Unheilbar kranke Menschen wünschen sich mitunter einen vorzeitigen Tod, der sie von ihren Schmerzen und Leid erlösen soll. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage inwieweit eine Einflussnahme auf den Sterbevorgang durch Ärzte, Angehörige oder sonstige Personen strafrechtlich unberührt sein kann. 

Dieser Beitrag soll einen rechtlichen Einblick in die Thematik der Selbsthilfe gewähren und die damit verbundene Strafbarkeit von Beteiligten deutlich machen. 

Unter Euthanasie versteht man jede Form von Sterbehilfe für unheilbar kranke und sterbende Menschen. Die rechtliche Bewertung zwischen aktiv und passiv geleiteter Euthanasie stößt auf ein verfassungsrechtliches Spannungsfeld zwischen dem Recht auf einen menschenwürdigen Tod (Art. 2 I,1 I GG) und dem absoluten Lebensschutz gemäß Art. 2 II 1 GG. Grundsätzlich unterscheidet man drei Formen der Euthanasie:

Aktive Sterbehilfe

Unter aktiver Sterbehilfe versteht man die gezielte Herbeiführung des Todes durch eine bestimmte Handlung, auch wenn sie durch das Verlangen des Getöteten motiviert ist. Sie ist je nach Sachlage gemäß § 212 I StGB (Todschlag), § 211 StGB (Mord) oder gemäß 216 I StGB (Tötung auf Verlangen) grundsätzlich strafbar. 

Von indirekter Sterbehilfe (auch bezeichnet als "Hilfe zum Sterben") wird gesprochen, wenn bei der Handlung die Verbesserung der Lebensqualität im Vordergrund steht, wobei eine Lebensverkürzung billigend in Kauf genommen wird. Diese Unterform der aktiven Sterbehilfe wird grundsätzlich als zulässig angesehen. 

Passive Sterbehilfe ("Sterbenlassen")

Hier ist der Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen aber zugleich die Beibehaltung einer Grundpflege und schmerzlindernde Behandlung maßgeblich. Entscheidend ist hierbei, dass sich das Ziel der Behandlung verändert. Es steht nicht mehr die Heilung im Vordergrund, sondern die Verbesserung der Lebensqualität. Die Nichtvornahme einer lebensverlängernden Maßnahme (Reanimation) oder Behandlungsabbruch (z. B. Abstellen eines Beatmungsgerätes) ist trotz der Sonderverantwortlichkeit des Arztes grundsätzlich erlaubt, wenn sie mit Einwilligung oder mutmaßlicher Einwilligung des Patienten geschieht. Das Selbstbestimmungsrecht des Patienten (Art. 2 I, 1 I GG) setzt der an sich bestehenden Garantenpflicht des Arztes eine rechtliche und tatsächliche Grenze. Zur Ermittlung des Patientenwillens kann in diesem Zusammenhang eine Patientenverfügung als Indiz herangezogen werden. In diesem Fall muss eine Patientenverfügung präzise festhalten, ab wann keine lebensverlängernden Maßnahmen gewünscht werden. Somit müssen sich Ärzte daran halten und die Geräte gegebenenfalls abschalten.    

Beihilfe zur Selbsttötung

Tötet sich ein Mensch aufgrund eines freien Willensentschlusses selbst, ist dieses Verhalten im Sinne der Tötungsdelikte bereits nicht tatbestandsmäßig, da die strafbare Tötung immer die Tötung einer "anderen" Person voraussetzt. Daraus folgt zwangsläufig, dass auch die Beihilfe an einer fremden Selbsttötung mangels rechtswidriger Haupttat nicht strafbar ist. 

Seit 2015 war das Handeln des Helfers erst dann durch die Spezialnorm des § 217 StGB strafbar, wenn sie "geschäftsmäßig" erfolgt, also jenseits der allein für eine konkrete Person im eigenen privaten Interesse erbrachten Hilfe. Bedienen sich schwerkranke Menschen einer Institution oder eines Arztes, der Ihnen ein tödliches Mittel verabreichen soll, handelt es sich um eine "geschäftsmäßige" Sterbehilfe. Dabei bedeutet "geschäftsmäßig" nicht "kommerziell", sondern es handelt sich um eine Suizidhilfe, die eine "auf Wiederholung angelegte Handlung" ist. Das Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung gem. § 217 StGB wurde durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26.02.2020 (Az: 2 BvR 2347/15) für verfassungswidrig erklärt. Dabei stützt sich das Gericht in seiner Begründung auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 I i. V. m Art. 1 I GG, das ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben umfasst. Das schließe die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen und dabei Angebote von Dritten zu beanspruchen. Die Entscheidung eines Einzelnen zum freiwilligen Suizid müsse von Staat und Gesellschaft "als Akt autonomer Selbstbestimmung" respektiert werden, hieß es weiter.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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