Rechtliche Auswirkungen des Coronavirus-Teil I – Legal Effects on the Coronavirus – Part I

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Rechtliche Auswirkungen des Coronavirus – Teil I

Im Zusammenhang mit dem Virus stellen sich auch Fragen aus dem Arbeitsrecht. Im Wesentlichen und vorab im Allgemeinen gilt Folgendes:

Die Pflicht des Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung wird durch das Auftreten der vermeintlichen neuartigen Viruserkrankung nicht berührt. Das heißt, die Arbeitsleistung ist grundsätzlich in vollem Umfang auch weiterhin geschuldet, der „Virus“ ist kein Grund für eine Nichtleistung. Dem Arbeitnehmer steht auch aus Furcht vor Ansteckung auf dem Weg zur Arbeit oder aber am Arbeitsplatz selbst kein Zurückbehaltungsrecht bezgl. seiner Arbeitsleistung zu.

Ist der Arbeitnehmer infolge der Infektion nachweislich arbeitsunfähig erkrankt und somit an seiner Arbeitsleistung verhindert, (Vorsicht: Die Infektion muss nachgewiesen sein, die Angst vor einer Ansteckung ist unter keinen Umständen erheblich), dann hat er gem. § 3 EFZG Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung für einen Zeitraum von 6 Wochen. Nach diesem Zeitraum hat ein gesetzlich Krankenversicherter grundsätzlich Anspruch auf Krankengeld. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung kann wegfallen, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit schuldhaft herbeigeführt hat.

Ein solcher Fall könnte unter Umständen vorliegen, wenn der Arbeitnehmer trotz bestehender Reisewarnung des Auswärtigen Amtes wegen einer erhöhten Ansteckungsgefahr in ein Risikogebiet fahren würde. Auf den Anspruch auf Krankengeld hat ein schuldhaftes Verhalten grundsätzlich keine Auswirkung.

Der Arbeitnehmer hat grundsätzlich keinen Anspruch auf bezahlte Arbeitsbefreiung, wenn die Kindertagesstätte/die Schule betreuungspflichtiger Kinder geschlossen wird. Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung gem. § 616 BGB scheidet aus, wenn von vornherein feststeht, dass der Hinderungsgrund über einen längeren Zeitraum besteht. Das dürfte bei der „coronabedingten“ Schließung der Kita oder der Schule der Fall sein. Es ist daher vorrangig eine Lösung mit dem Arbeitgeber suchen, die auf kulantem Verhalten des Arbeitgebers beruht, hierauf hat der Arbeitnehmer keinerlei Anspruch. (z. B. Homeoffice, Nutzung von Urlaub oder Arbeitszeitkonten, flexible Arbeitszeiten).

Wenn der Arbeitgeber aufgrund der Erkrankung von zahlreichen Arbeitnehmern oder aber aufgrund von „coronabedingten“ Lieferengpässen den Betrieb nicht aufrechterhalten kann, dann behält der Arbeitnehmer seinen Lohnfortzahlungsanspruch. Das sog. „Betriebsrisiko“ trägt grundsätzlich der Arbeitgeber.

Ist ein Arbeitnehmer nachweislich infiziert, aber weiterhin arbeitsfähig, da die Erkrankung keine oder nur milde Symptome zeigt, dann kann der Arbeitgeber ein Fernbleiben des Arbeitnehmers vom Arbeitsplatz anordnen, um eine Ansteckung der Kollegen zu verhindern. Der Bundesgerichtshof vertritt die Auffassung, dass in einem solchen Fall ein vorübergehender, in der Person des Arbeitnehmers liegender Verhinderungsgrund vorliegen kann, der den Arbeitgeber trotz Wegfalls der Pflicht zur Arbeitsleistung zur Entgeltfortzahlung verpflichtet (§ 616 BGB). 

Die konkrete Dauer der Entgeltfortzahlung hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1978, III ZR 43/77 – nach dieser Entscheidung für höchstens 6 Wochen). Wird dagegen seitens der zuständigen Behörde gegenüber dem infizierten Arbeitnehmer ein Beschäftigungsverbot („Quarantäne“) ausgesprochen, dann steht dem Arbeitnehmer bereits gem. § 56 Abs. 1 IfSG (=Infektionsschutzgesetz) eine Entschädigungsleistung zu, und zwar gem. § 56 Abs. 3 IfSG in Höhe des Netto-Arbeitsentgelts. Nach 6 Wochen hat der Arbeitnehmer sodann Anspruch auf Krankengeld. Die Entschädigung wird zunächst vom Arbeitgeber ausgezahlt; dieser hat gegenüber der Behörde einen Erstattungsanspruch.

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English Version: 

Legal Effects on the Coronavirus – Part I

Labor law issues also arise in connection with the virus. Basically, and in general in advance:

The obligation of the employee to perform work is not affected by the occurrence of the alleged „new viral disease“. This means that the work is generally still owed in full, the „virus“ is no reason for non-performance. The employee also has no right of retention with regard to his work performance due to fear of infection on the way to work or at the workplace itself.

If the employee has been shown to be unable to work as a result of the infection and is therefore unable to perform his work (caution: the infection must be proven, the fear of infection is not significant under any circumstances), then he has acc. § 3 EFZG entitlement to continued payment of the remuneration for a period of 6 weeks. After this period, a statutory health insurer is generally entitled to sickness benefit. Entitlement to continued payment may lapse if the employee culpably caused his incapacity to work.

Such a case could possibly exist if the employee would travel to a risk area despite an existing travel warning from the Federal Foreign Office because of an increased risk of infection. In principle, culpable behavior has no effect on the right to sickness benefit.

The employee is generally not entitled to paid time off if the daycare center / school for children requiring care is closed. A right to continued payment according to Section 616 of the German Civil Code (BGB) is ruled out if it is clear from the outset that the reason for the impediment exists for a longer period. That should be the case with the „corona-related“ closure of the daycare center or school. It is therefore primarily a search for a solution with the employer that is based on the goodwill of the employer, to which the employee is not entitled. (e.g. home office, use of vacation or working time accounts, flexible working hours).

If the employer is unable to continue operations due to the illness of numerous employees or due to „corona-related“ delivery bottlenecks, the employee retains his right to continued payment of wages. The employer bears the so-called „operational risk”.

If an employee is proven to be infected but still able to work because the disease shows no or only mild symptoms, then the employer can order the employee to stay away from the workplace to prevent contagion of the colleagues. The Federal Court of Justice is of the opinion that in such a case there may be a temporary reason for prevention, which is in the person of the employee, which obliges the employer to continue paying wages despite the absence of the obligation to perform work (Section 616 BGB). 

The specific duration of continued payment depends on the circumstances of the individual case (see BGH, judgment of November 30, 1978, III ZR 43/77 – after this decision for a maximum of 6 weeks). If, on the other hand, the competent authority issues a ban on employment („quarantine“) to the infected employee, the employee is already § 56 Para. 1 IfSG (= Infection Protection Act) to a compensation payment, according to. Section 56 (3) IfSG in the amount of the net wages. After 6 weeks, the employee is then entitled to sickness benefit. The employer initially pays the compensation; the latter has a claim for reimbursement from the authority.


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