Renten- und Lebensversicherungen: BGH ebnet Weg für Widerruf von Altverträgen

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Das Thema Lebensversicherungen hat in den vergangenen Wochen die Pressen beschäftigt. Neben den sinkenden Garantiezinsen für neu abgeschlossene Verträge sorgte auch ein Urteil des Bundesgerichtshof für Schlagzeilen: Gekündigte Altverträge können auch noch Jahre nach dem Vertragsschluss widerrufen werden, wenn die Widerspruchsbelehrung nicht ordnungsgemäß war.

Der BGH (Urteil vom 07.05.2014, Aktenzeichen: IV ZR 76/11) hatte den Fall eines Klägers zu entscheiden, der eine 1998 abgeschlossene Rentenversicherung rund neun Jahre nach Vertragsschluss kündigte. Er erhielt nur den Rückkaufswert der Versicherung. Daher widersprach der Kläger später dem ursprünglichen Vertragsschluss und forderte mehr Geld von der Versicherung. Da in § 5a Versicherungsvertragsgesetz (alte Fassung bis 2007) jedoch geregelt war, dass ein Renten- oder Lebensversicherungsvertrag nach Bezahlen der ersten Prämie nur binnen eines Jahres widerrufen werden kann, musste gerichtlich geklärt werden, ob diese Regelung wirksam ist.

Der Gerichtshof der Europäischen Union und im Anschluss daran der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Ausschlussregel des § 5a Versicherungsvertragsgesetz einen wirksamen Widerspruch nicht verhindern kann. Der Versicherungsnehmer hatte dem ursprünglichen Vertragsschluss erfolgreich widersprochen, sodass der Rentenversicherungsvertrag so behandelt werden musste, als wäre er nie abgeschlossen worden. Für den Kläger bedeutete dies, dass er mehr als den bereits ausgezahlten Rückkaufswert des bereits gekündigten Rentenversicherungsvertrags verlangen kann.

Kann nun jeder Versicherungsnehmer, der sich von seiner Renten- oder Lebensversicherung trennen möchte oder nicht mit dem nach einer Kündigung ausgezahlten Rückkaufswert zufrieden war, dem Versicherungsvertrag widersprechen und erfolgreich mehr Geld fordern? Wie sich anhand des – kurz umrissenen – Urteils zeigt, haben mehrere Faktoren Einfluss darauf, ob ein Verbraucher einen Versicherungsvertrag auch noch Jahre nach dem Vertragsabschluss widerrufen kann.

Neben der nun höchstrichterlich geklärten Rechtsfrage kommt es auch darauf an, ob die Widerspruchsbelehrung in Ordnung war. Denn nur wenn diese nicht ordnungsgemäß war, kann auch noch nach Jahren der Widerspruch erfolgreich erklärt werden. Dies kann nicht pauschal beantwortet werden, da es hier auf den konkreten Text der Widerspruchsbelehrung ankommt. Daher kommt es auch zukünftig auf die individuellen Umstände des Einzelfalls an. Das Urteil des Bundesgerichtshofs hat aber ein grundlegendes Hindernis beseitigt – insbesondere für Lebensversicherungen, Rentenversicherungen und Zusatzversicherungen zu Lebensversicherungen, die zwischen 1994 und 2007 abgeschlossen wurden.

Wenn Versicherungsnehmer wissen möchten, wie ihr individueller Fall zu bewerten ist und ob für sie ein Widerspruch in Frage kommt, sollten sie sich an einen Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht wenden.

Mehr Informationen zum Urteil des Bundesgerichtshofs finden sich auf der Homepage der Kanzlei Dr. Stoll & Kollegen unter www.dr-stoll-kollegen.de/aktuelles/bgh-gekuendigte-renten-und-lebensversicherungen-koennen-widerrufen-werden

Dr. Stoll & Kollegen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Kanzlei für Bank- und Kapitalmarktrecht


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