Reputationsrecht – Bundesverfassungsgericht stärkt die Rechte von Hetzeopfern im Internet

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Am Beispiel der Politikerin Renate Künast hat das Bundesverfassungsgericht die Rechte der Opfer von Hetze (Beleidigungen und Verleumdungen im Internet) gestärkt. Ein Überblick aus Opfersicht von Thomas Schulte.

Keine Klarnamenpflicht – jeder kann sich im Internet verstecken

 Mangels Klarnamenpflicht hat sich das Internet weiter Richtung Hölle entwickelt.  Hinter Nicknames wie Horst123Ami wird gehetzt, gelogen und verdammt. Menschen werden bedroht, es wird zu Straftaten aufgerufen. Die Täter glauben, sie könnten sich verstecken und aus dem Dunkeln des Netzes handeln. Der Mensch ist nicht gut, sondern böse, könnte man meinen. 

Auf der Straße würde sich niemand trauen, sich so zu verhalten 

Während auf der Straße niemand Frau Renate Künast so angehen würde wie im Internet, fallen dort offenbar alle Grenzen. Frau Künast steht nur als Beispiel für diese Verrohung. Jeder kann allerdings Opfer werden. 

Schutz vor Hetze bei großen Dienstleistern

Gerade während der letzten Jahre verschlimmerte sich die Hetze. Deshalb wurde ab dem 01.02.2022 das Netzwerkdurchsetzungsgesetz verschärft. Die Internet-Riesen wie beispielsweise Facebook oder YouTube müssen Straftaten gegenüber dem Bundeskriminalamt melden und solche Hetzbeiträge löschen. Beim Bundeskriminalamt rechnet man mit 150.000 Strafverfahren pro Jahr. 

Täter werden so bekannt

Nur wenn der Täter bekannt ist, kann er auch bestraft werden. Dafür sind dann die Amtsgerichte zuständig, wenn eine Straftat wie beispielsweise die Äußerung: „Dr. Thomas Schulte hat am 01.04.2021 die Oma Gerda um 10.000 € betrogen!“  bewertet wird. Es handelt sich um eine Verleumdung, die als Straftat nach § 187 Strafgesetzbuch regelmäßig bei Gericht mit einer erheblichen Geldstrafe beantwortet wird. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz gilt allerdings nicht für alle Internetanbieter, sondern in Deutschland nur für fünf große Marktteilnehmer, die regelmäßig mehr als zwei Millionen Nutzer haben. Ein anderer Weg um an den Täter außerhalb des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes heranzukommen ergibt sich aus dem Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz. 

Neben dem Strafrecht steht dann das Zivilrecht

Opfer von Hetze haben Anspruch auf Einsicht in die Strafakte. Über den Umweg einer Akteneinsicht beim Strafgericht und der Staatsanwaltschaft erfährt dann das Opfer den Namen und Adresse des Täters. Dann kann das Opfer von Hetze  vor dem Zivilgericht zusätzlich Schadenersatz und Unterlassung vom Täter fordern. Das wird teuer für den Täter, denn dieser haftet. 

Wie hilft das Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz Opfern von Hetze im Internet?

Die Politikerin Frau Künast wollte über einen anderen Weg herausfinden, wer denn hinter dem „Horst1393r99494“ steckt, um sich zu wehren. Denn für alle Anbieter im Internet gilt: Nach § 14 Abs. 3 Telemediengesetz a. F. (nunmehr § 21 Abs. 2 und 3 des Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetzes) muss ein Diensteanbieter im Einzelfall Auskunft über die bei ihm vorhandenen Bestandsdaten erteilen, soweit dies zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche wegen der Verletzung absolut geschützter Rechte aufgrund rechtswidriger Inhalte erforderlich ist. Für diese Auskunftserteilung war eine vorherige gerichtliche Anordnung erforderlich. Also kann ein Opfer über das Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz von einem Diensteanbieter (Internetbetreiber aller Art) Auskunft verlangen und dann tätig werden in Sinne von Strafverfolgung und Unterlassung und Schadenersatz. 

Worum ging es jetzt beim Bundesverfassungsgericht?

In Sachen Künast ging es vor dem Bundesverfassungsgericht nicht um das grundsätzliche Auskunftsverfahren. Frau Künast hatte sich gegen die Berliner Gerichtsentscheidungen gewehrt. Welche Art von Hetze und Beleidigungen muss eine Politikerin hinnehmen? Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass nochmals sorgfältig geprüft werden muss durch die Berliner Gerichte. Diese müssen prüfen, was nun zulässige Äußerungen zur Beurteilungen von Politikern sind und was an „Unsachlichkeit“ ertragen werden muss. Die Beurteilungen dieser Fragen sind kompliziert und auch Moden unterworfen. Es ist immer schon schwierig gewesen zu entscheiden, weil gerade in einer Demokratie Meinungsfreiheit extrem wichtig ist. Die Meinungsfreiheit ist gut; diese findet ihre Grenze in den Rechten von Betroffenen, die nicht beleidigt oder verleumdet werden dürfen. Dazu zählen auch Drohungen. Auch die Gemeinschaft ist schutzwürdig, deshalb sind Straftaten gegen den öffentlichen Frieden im Internet nicht hinzunehmen. 

Tipps aus Opfersicht

Wer Opfer ist, muss sich selber wehren. Falls der Täter bekannt ist, kann sofort gehandelt werden. Dann gilt, dass es keinen Unterschied macht, ob das Opfer im Park beim Sonntagsspaziergang beleidigt wird oder im Internet. Das Presserecht und das Recht des Strafrechts zum Verbot von Beleidigungen, Hetze und übler Nachrede gelten auch im Internet. Neben der staatlichen Strafe können Schadenersatz, Unterlassungsansprüche und so weiter geltend gemacht werden. Falls der Täter sich in der Masse des Internets versteckt, besteht über das Netzwerkdurchsetzungsgesetz und das Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz eine Möglichkeit den Täter zu identifizieren. Nur wenn der Täter identifiziert ist kann er zur Rechenschaft gezogen werden. Dann gilt nicht mehr: „Im Dunkeln lässt sich gut munkeln.“

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Foto(s): https://pixabay.com/de/photos/maske-gesch%c3%a4ftsmann-kaufmann-3829017/

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