Richtig kündigen nach der VOB/B

  • 5 Minuten Lesezeit

Wie man seinem Nachunternehmer richtig kündigt!

Die Kündigung nach VOB/B ist immer wieder Gegenstand der Rechtsprechung. Hier kann man viele Fehler machen, die bei fehlerhafter Kündigung dem Kündigenden teuer zu stehen kommen. Jeder Auftragnehmer, der mit Nachunternehmer zusammenarbeitet, sollte die Vorschriften kennen. Hierbei geht es um die Vorschrift des § 8 VOB/B. Ausgangspunkt ist meist, dass der Nachunternehmer seine Leistungen einfach einstellt und nicht mehr auf die Baustelle kommt. Dann muss man als Auftragnehmer reagieren, da einem entweder der Generalunternehmer oder der Bauherr im Nacken sitzen. Dann sollte man alles richtig machen, um den Nachunternehmer loszuwerden und später auch Mehrkosten- und Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Dazu gehört jedoch strikt, die formalen Voraussetzungen, die die Vorschrift hat, genauestens einzuhalten. Das bedeutet für den Auftragnehmer, dass er gegenüber seinem Nachunternehmer zwei Schreiben zu fertigen hat. In dem 1. Schreiben muss der Auftragnehmer seinem Nachunternehmer unter Fristsetzung und Kündigungsandrohung zur Leistung bzw. zur Mängelbeseitigung auffordern. Eine bloße Fristsetzung ist zwar nach BGB ausreichend, jedoch nicht nach VOB/B. Nach VOB/B muss zwingend mit der Fristsetzung eine Kündigungsandrohung ausgesprochen werden. Ohne Kündigungsandrohung berechtigt eine Fristsetzung nicht zur Kündigung. Weiter muss größte Sorgfalt daraufgelegt werden, dass das Kündigungsschreiben erst nach Fristablauf an den Nachunternehmer übersandt wird. Denn das Kündigungsrecht entsteht erst mit fruchtlosem Fristablauf, also nach Ablauf der Frist. Eine vor Fristablauf ausgesprochene Kündigung ist wiederum unwirksam.

In dem 2. Schreiben muss die Kündigung schriftlich ausgesprochen werden. Dies ist Wirksamkeitsvoraussetzung (§ 8 Abs. 5 VOB/B). Ansonsten ist die Kündigung aus wichtigem Grund unwirksam. Deshalb sollte dieses Kündigungsschreiben das Wort Kündigung enthalten und auch handschriftlich unterschrieben worden sein. Wir empfehlen, dieses Schreiben per Einwurf-Einschreiben und vorab per Fax an den Nachunternehmer zu übersenden. Weiter ist zu beachten, dass zwischen dem Fristablauf aus dem ersten Schreiben und dem Kündigungsschreiben nicht ein langer Zeitraum liegen darf, am besten höchstens nur eine Woche.

Erst dann hat der Auftragnehmer, der seinem Nachunternehmer kündigen will, alle formalen Voraussetzungen erfüllt. In der Baupraxis kommt es immer wieder vor, dass es zu Verzögerungen bei der Kündigung kommt. Meistens treten die Parteien dann noch in weitere Verhandlungen. In dem Fall ist dann fraglich für den Auftragnehmer, was zu tun ist. Denn der Auftragnehmer als Auftraggeber kann sich hier schnell aufs Glatteis begeben.

Dies zeigt die Entscheidung des OLG München vom 12.7.2016. Dabei ging es darum, dass der Auftraggeber den Auftragnehmer mit der Herstellung einer hinterlüfteten Glasfassade beauftragt hatte. Der Auftragnehmer meldete Bedenken gegen die vorgesehene Scheibengröße und das Befestigungssystem an. Der Auftraggeber lehnt die Bedenkenanmeldung ab und fordert den Auftragnehmer unter Fristsetzung und Kündigungsandrohung auf, die vom Auftragnehmer zu erstellende statische Berechnung vorzulegen. Daraufhin zeigt der Auftragnehmer Behinderungen wegen fehlender Planungsunterlagen an. Auch diese Behinderungsanzeige lehnt der Auftraggeber ab und setzte Nachfrist zur Vorlage der statischen Berechnung. Nach Fristablauf sichert der Auftragnehmer anlässlich eines persönlichen Gesprächs seine Bereitschaft zur Vertragserfüllung zu. Einige Tage später meldet der Auftragnehmer Mehrkosten wegen zusätzlicher Leistungen an. Daraufhin geht der Auftraggeber hin und setzt dem Auftragnehmer erneut eine Frist unter Kündigungsandrohung zur Vorlage der statischen Berechnung bis zum 8.2.2013. Am 8.2.2013 kommt es zu einer Besprechung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer, bei dem ein Terminplan aufgestellt und vereinbart wird, dass der Generalsplaner bis zum 15.2.2013 die Ausführungsplanung überarbeitet und der Auftragnehmer bis zum 8.3.2013 statische Berechnung liefert. Die Ausführungsplanung wird dem Auftragnehmer jedoch nicht durch den Auftraggeber zur Verfügung gestellt. Daraufhin meldet der Auftragnehmer unter dem 18.2.2013 erneut Behinderung an. Dem Auftraggeber reicht es und er erklärt am 5.3.2013 die Kündigung des Werkvertrags aus wichtigem Grund wegen Nichteinhaltung der bis zum 8.2.2013 gesetzten Frist. Weiter geht er hin und beauftragt ein Drittunternehmer mit der Errichtung der Kaltfassade zu einer höheren als mit dem Auftragnehmer vereinbarten Vergütung. Diesen Mehraufwand verlangt der Auftraggeber vom Auftragnehmer als Schadensersatz ersetzt. Das Landgericht weist die Klage des Auftraggebers ab genauso wie das Oberlandesgericht. Die Entscheidungsgründe stützen sich darauf, dass der Auftraggeber umgehend und nicht erst vier Wochen später hätte kündigen dürfen, insbesondere da die Parteien weiterverhandelt  und anlässlich der Besprechung am 8.2.2013 Maßnahmen und Fristen vereinbart haben. Die Botschaft muss klar sein, dass wenn der Auftraggeber den Auftragnehmer nach Fristablauf weiter arbeiten lässt oder in sonstiger Weise zu erkennen gibt, sich ernsthaft auf weitere Verhandlungen oder eine Vertragserfüllung einzulassen, kann dies zu einer Verwirkung des Kündigungsrechts führen. Die Verwirkung führt dazu, dass ein Recht, also hier das Kündigungsrecht, nicht mehr geltend gemacht werden kann.

Deshalb ist wichtig, wenn sich der Auftraggeber nach Fristablauf auf Verhandlungen einlässt, dass er zur Aufrechterhaltung seines Kündigungsrechts klar und deutlich zu erkennen geben muss, dass er sich auch weiterhin die Kündigung vorbehält und die Verhandlungen nicht mit einem Verzicht auf das Kündigungsrecht verbunden ist.

Ansonsten kann der Auftragnehmer keine Mehrkosten oder sonstige Schadensersatzansprüche gegenüber dem Nachunternehmer geltend machen. Vielmehr drohen ihm sogar noch Vergütungsansprüche des Nachunternehmers wegen des noch nicht erbrachten Leistungsteils, da eine unwirksame Kündigung aus wichtigem Grunde als freie Kündigung ausgelegt wird mit der Konsequenz, dass dem Nachunternehmer der volle Vergütungsanspruch abzüglich der ersparten Aufwendungen zusteht.

Dasselbe Procedere sollte man sich auch bei der Anforderung einer Sicherheitsleistung nach § 650f BGB vor Augen führen. Die Vorschrift entspricht der alten Fassung des §§ 648a BGB. Dort kann der Auftragnehmer von dem Auftraggeber eine Sicherheitsleistung über den noch ausstehenden Teil der Werklohnforderung anfordern. Bei Nichtbeibringung der Sicherheitsleistung innerhalb der angemessenen Frist hat der Auftragnehmer nach dem Gesetz ein Wahlrecht zwischen Leistungsverweigerung oder Kündigung (§ 650f Abs. 5 BGB). Dabei ist zu beachten, dass bei Ausübung des Wahlrechts der Leistungsverweigerung nicht automatisch auf die Kündigung übergegangen werden kann. Wenn der Auftragnehmer zunächst nur die Leistungsverweigerung geltend macht, jedoch dann feststellt, dass eine Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber nicht mehr zielführend ist, so kann er nicht plötzlich auf das Wahlrecht der Kündigung wechseln. Vielmehr muss der Auftragnehmer nochmals eine Frist setzen und dem Auftraggeber die Gelegenheit einzuräumen, die Sicherheitsleistung innerhalb einer angemessenen Frist vorzulegen. Deshalb sollte der Auftragnehmer sich stets gut überlegen, welches Wahlrecht er ausübt. Denn es könnte in dem Falle sein, dass der Auftraggeber nach zweiter Fristsetzung plötzlich eine Sicherheitsleistung vorlegt. Ein Kündigungsrecht besteht dann nicht mehr, da die Sicherheitsleistung beigebracht wurde. Dann kann der Auftragnehmer sich nicht mehr erfolgreich vom Vertragsverhältnis lösen. Deshalb bietet sich eigentlich in den überwiegenden Fällen an, das Recht der Kündigung nach Ablauf der Frist auszuüben. Auch hier gilt, dass das Kündigungsrecht erst entsteht, wenn die Frist abgelaufen ist. Deshalb darf man immer erst nach Ablauf der Frist kündigen, ansonsten ist die Kündigung bereits aus formalen Gründen unwirksam. Dann waren die gesamten Bemühungen des Auftragnehmers umsonst. Es zeigt sich, dass das Thema Kündigung nicht uninteressant ist und viele formale Fallstricke aufweist, die es intelligent zu umschiffen gilt.

Carsten Seeger


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Carsten Seeger

Beiträge zum Thema