Rückforderung von Vermögenszuwendungen unter Ehegatten

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Die Unterstützung des anderen Ehegatten durch den wirtschaftlich stärkeren Ehegatten ist der Normalfall. Welche Rechte bei demjenigen verbleiben, der schenkt, gibt, ist Gegenstand der Betrachtung der vorliegenden Abhandlung:

Erst kürzlich urteilte der BGH wieder in diesem schon klassisch sehr umstrittenen Themengebiet und stellte in einem seiner Leitsätze fest:  „Die Übertragung des Hälfteanteils eines zuvor je zur Hälfte im Eigentum beider Ehegatten stehenden Grundstücks an den anderen Ehegatten ist unentgeltlich, wenn die gleichzeitig getroffene Vereinbarung über einen Zugewinnausgleich im Falle der Durchführung dem übertragenden Ehegatten keinen Vorteil verschafft."  (vgl. BGH Urteil vom 8. Dezember 2011, Aktenzeichen: - IX ZR 33/11)

Bezug genommen wurde insoweit auch auf Folgenden Leitsatz eines früheren BGH Urteils:

 „Eine Zuwendung unter Ehegatten, die um der Ehe willen oder als Beitrag zur Verwirklichung oder Ausgestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft erbracht wird und darin ihre Geschäftsgrundlage hat, stellt keine Schenkung dar, sondern eine ehebedingte Zuwendung (BGH, Urteil vom 9. Juli 2008 - XII ZR 179/05, BGHZ 177, 193 Rn. 15 mwN).

Grund genug die historisch bedeutsamen Grundlagen dieser Rechtsprechung zu - wenigstens in Ihren Grundzügen zu betrachten: 

1. Die Schenkung ohne Gegenleistung: 

Wird Vermögen oder Geld übertragen steht meist keine konkrete Gegenleistung gegenüber. Folglich eine Schenkung als unentgeltliche Zuwendung gem. § 518 BGB anzunehmen wäre. Dies wäre aber nach der Rechtsprechung nur anzunehmen, - wenn der andere Ehegatte mit dem zugewendeten Gegenstand oder Geld tun und lassen darf was er will,- diese Verwendung also nicht an die Lebensgemeinschaft selbst „gekoppelt" ist.  Nur im ersten Fall liegt tatsächlich eine Schenkung vor. Im zweiten Fall ist es hingegen der Willen des Zuwendenden die Leistung nicht zu einer allein den Empfänger einseitig begünstigenden und frei disponiblen Bereicherung zuzuführen. Die Bereicherung ist soll im zweiten Fall die eheliche Lebensgemeinschaft selbst prägen. 

2. Ehebedingte Zuwendungen und Ausgleich über das eheliche Güterrecht der Zugewinngemeinschaft: 

Dient die Zuwendung jedoch der ehelichen Lebensgemeinschaft und erfolgt die Zuwendung unter der  Annahme, dass die Ehe Bestand hat kann nicht ohne weiteres Schenkungsrecht Anwendung finden. Es wird dann von der Rechtsprechungspraxis eine kausale Verknüpfung der Zuwendung angenommen.  Der BGH nimmt an, dass es an der Einigkeit über die Unentgeltlichkeit fehlt. Dies hat zur Konsequenz, dass nicht eine Schenkung vorliegt. Der BGH geht von einem gesetzlich nicht geregelten Vertrag "sui generis" aus, dessen Geschäftsgrundlage die eheliche Lebensgemeinschaft ist.  Der BGH differenziert in Abgrenzung zu einer Schenkung wie folgt: „Eine Schenkung setzt Einigkeit beider Teile darüber voraus, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt. Unentgeltlich ist eine Zuwendung nur, wenn sie nach dem Inhalt des Rechtsgeschäftes von keiner Gegenleistung abhängt. Unentgeltlichkeit fehlt nicht nur dann, wenn der Zuwendung eine Leistung des Empfängers gegenübersteht, die zu ihr in einem Gegenseitigkeitsverhältnis steht, sondern auch, wenn die Zuwendung rechtlich die Geschäftsgrundlage hat, dass dafür eine Verpflichtung eingegangen oder eine Leistung bewirkt wird. Dabei braucht diese Leistung nicht geldwerter oder vermögensrechtlicher Art zu sein; sie kann auch immateriellen Charakter haben.  Hieraus ergibt sich, dass eine Zuwendung unter Ehegatten, der die Vorstellung oder Erwartung zugrunde liegt, dass die eheliche Lebensgemeinschaft Bestand haben werde, oder die sonst um der Ehe willen und als Beitrag zur Verwirklichung oder Ausgestaltung, Erhaltung oder Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft erbracht wird, und die hierin ihre Geschäftsgrundlage hat, keine Schenkung, sondern eine ehebedingte Zuwendung ist (BGH, Entscheidung vom 02.10.1991 - Aktenzeichen XII ZR 132/90).  

3. Beispiele für typische Zuwendungen unter Ehegatten: 

Zuwendungen unter Eheleuten werden i.d.R. über den Ausgleich des Zugewinns abgerechnet, wenn der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft gegeben ist  

a)      Schenkungen zum Aufbau der beruflichen Existenz: 

b)      In der Praxis kommt es häufig vor, dass zum Ausbau der beruflichen Existenz eines Ehepartners, Verlagerungen von Vermögensteilen in der Form stattfinden, das Vermögensteile von dem in vollem Umfang haftenden Ehegatten auf den nicht haftenden Ehegatten zum Zwecke der Erhaltung des Familienvermögens vorgenommen werden (vgl. BGH wie vor).  

c)     Schenkungen betreffend die gemeinschaftliche Ehewohnung: 

Eine nach der Eheschließung veranlasste Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils an einem Grundstück fällt ebenso hierunter, falls z.B. auf diesem Grundstück später ein Familienheim errichtet wird soll (OLG Bamberg - 2 W 5/95 - FamRZ 1996, 1221 f.).   

4. Ausnahmen im Einzelfall Rückforderung des Geschenkten wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage:  

a)     Voraussetzungen für die Annahme eines Ausnahmefalles: 

Über „Treu und Glauben „ (§ 242 BGB) kann es dann zu einer anderen Beurteilung im Einzelfall kommen, wenn  -        im Einzelfall dem zuwendenden Ehegatten die Beibehaltung der herbeigeführten Vermögensverhältnisse nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann (BGH NJW 1997, 2747 - XII ZR 20/95), oder -         ansonsten der Einzelfall zu unangemessenen und schlechthin unzumutbaren Ergebnissen führt, (BGH FamRZ 1991, 1169 - XII ZR 114/89) etwa zu einem Notbedarfsfall beim Zuwendenden (BGH NJW 1993, 385 ff. - XII ZR 182/90).  

b)     Kriterien für die Abwägung: 

Folgende Kriterien sind in die entsprechende Einzelfallprüfung einzustellen: 

-        die Dauer der Ehe,  

-        das Alter der Ehegatten,  

-        Art und Höhe der erbrachten Leistung,  

-        die Höhe der dadurch bedingten und noch vorhandenen Vermögensmehrung, 

-        die Höhe der beiderseitigen Einkommens- und  

-        Vermögensverhältnisse und der Einfluss möglicher Vereinbarungen.  

c) Funktion des Ausnahmefalles im Gegensatz zur güterrechtlichen Lösung des Zugewinnausgleiches: 

Während der Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns auf einen pauschalen Ausgleich für die während der Ehe bei einem Partner eingetretene Vermögensmehrung abzielt geht es bei diesen Ausnahmefällen um die isolierte Betrachtung einzelner Zuwendungen. Im Rahmen der güterrechtlichen Lösung über den Ausgleich des Zugewinns soll bei der Vermögensauseinandersetzung im Interesse der Rechtsklarheit Streit darüber ausgeschlossen werden soll, ob und in welchem Maße ein Ehegatte an dem Vermögenserwerb des anderen wirtschaftlich beteiligt war, was zu einer quasi Bilanzierung der Vermögensverhältnisse zum Zeitpunkt der Heirat und der Beendigung des gesetzlichen Güterstandes und einer entsprechenden Ausgleich - nach Saldierung - führt. Und zwar ohne nähere Betrachtung der Beweggründe. In den Ausnahmefällen der Rückforderung einzelner Vermögenszuwendungen hingegen geht es um den konkreten Ausgleich einer solchen Zuwendung. Also um die Art der Beteiligung die der andere zum Zeitpunkt der Zuwendung an der Vermögensbildung bzw. den Vermögenserwerb des anderen hatte. Mehrere Zuwendungen bilden bei diesen Ausnahmefällen dabei keine Gesamtleistung, selbst wenn ihre Zweckrichtung identisch sein sollte.  

d) Zugewinnausgleichsgemeinschaft: Ausnahmefälle: sehr selten in der Rechtsprechung zu finden: 

Eine unbenannte Zuwendung unter Ehegatten kann nach erfolgter Scheidung im Ausnahmefall trotz des Vorrangs der güterrechtlichen Vorschriften nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ausgeglichen werden.  Dies gilt zumindest dann, wenn ein güterrechtlicher Ausgleich nach den Umständen des Einzelfalls als grob unbillig erscheint und außerdem der Zweckbestimmung der erfolgten Zahlung widerspricht.  Hat die Ehe keine lange Dauer gehabt, so spricht dies eher für die Annahme einer ausgleichspflichtigen unbenannten Zuwendung. 

e) Gütertrennung: Ausnahmefall ggf. leichter anzunehmen: 

Im Falle der Gütertrennung gibt es grundsätzlich keinen Ausgleich über eine geschlossene Vereinbarung hinaus. Dennoch ist die höchstrichterliche Rechtsprechung eher bereit, bei diesem Güterstand einen Anspruch aus unbenannter Zuwendung zu gewähren.  Die Kriterien sind dieselben wie bei der Zugewinngemeinschaft, eine unangemessene Benachteiligung kann aber wegen der nicht immer vorhersehbaren Entwicklung schneller vorliegen.

f) Darlegungs- und Beweislast: 

Die Rückforderung solcher Zuwendungen nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage setzt voraus, dass jede einzelne Zuwendung konkret dargelegt und gegebenenfalls nachgewiesen wird.  MJH Rechtsanwälte, Herr Rechtsanwalt Martin J. Haas meint: Die Abgrenzung kann im Einzelfall sehr schwer sein. Hier muss ausführlich geprüft, aber auch der Sachverhalt sehr genau recherchiert werden. Da es häufig um sehr bedeutende Zuwendungen geht wünschen wir allen die von dieser Thematik betroffen sind viel Erfolg.


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