Rücknahme der StVO-Novelle: Was Sie gegen Ihren Bußgeldbescheid tun können

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Am 27.04.2020 trat der neue Bußgeldkatalog mit erheblich höheren Strafen für Straßenverkehrsverstöße in Kraft. Bereits kurz danach wurde sowohl seitens der Bürger, der Automobilclubs, aber auch seitens der Politik und Verwaltung massive Kritik gegen den neuen Bußgeldkatalog erhoben. Die neuen Ahndungen seien unverhältnismäßig und führten zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand. Ein Beispiel: In Köln ergingen zwischen dem 27.04.2020 und dem 22.05.2020 auf Grundlage der neuen Regelungen 1000 Fahrverbote – zur selben Zeit im Vorjahr betrug die Fallzahl lediglich 94.

Vorschriften des neuen Bußgeldkatalogs. Die Ende April in Kraft getretenen, neuen Bußgeldvorschriften sollten insbesondere Radfahrer und Fußgänger schützen. Eingeführt wurden Erhöhungen von Bußgeldern hinsichtlich des Parkens in zweiter Reihe, des Nicht-Bildens einer Rettungsgasse sowie bezüglich Tempoverstöße innerorts und außerorts. Die vorherigen Grenzen für ein Fahrverbot bei Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit von mindestens 31 Kilometern pro Stunde innerorts und 41 Kilometern pro Stunde außerorts wurden auf 21 und 26 km/h herabgestuft. Daraufhin folgte lautstarker Protest seitens der Autofahrer und Automobilclubs wie dem ADAC.

Unwirksamkeit aufgrund eines Formfehlers Bundesverkehrsminister Scheuer informierte am 02.07.2020 die Ministerpräsidenten der Länder, dass die verschärften Regelungen wohl aufgrund eines Formfehlers unwirksam seien. Es fehlt in dem Bußgeldkatalog der Verweis auf die notwendige Rechtsgrundlage zum Erlass dieser Vorschriften; die dafür einschlägigen Paragrafen wurden nicht genannt. Dieser Umstand führt dazu, dass die Vorschriften nicht in gesetzesmäßiger Art und Weise erlassen worden sind. Erstmals seit der Einführung eines bundeseinheitlichen Bußgeldkataloges gelten damit zumindest zeitweise unterschiedliche Regeln je Bundesland. Folgende Bundesländer haben vermeldet, dass sie ab sofort zu den alten Regelungen (gültig bis 27.04.2020) zurückkehren werden: Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein. Bremen und Thüringen hielten bislang an den schärferen Strafen fest, setzen jedoch den Vollzug aus bis eine neue einheitliche Regelung gefunden ist.

Der Erlass einer neuen Regelung erfordert jedoch das Durchlaufen des gesamten Gesetzgebungsverfahrens – die neue Regelung muss demnach erneut das Kabinett, den Bundestag und den Bundesrat durchlaufen.

Was passiert mit meinem Bußgeldbescheid oder meinem Fahrverbot

Die überwiegende Zahl der Bundesländer, die die neuen Strafen wenigstens bis zur Neuregelung oder Heilung des Formfehlers nicht mehr anwenden, haben angekündigt, dass sie die in der Zwischenzeit rechtskräftig gewordenen Bußgeldbescheide prüfen werden. Am 09.07.2020 haben sich die Verkehrsminister der Bundesländer darauf verständigt, eine bundeseinheitliche Lösung anzustreben. Dies bedeutet jedoch nicht zwingend, dass alle Strafen entfallen; vielmehr sollen für die Verstöße ab dem 28.04.2020 wieder die vorher geltenden Regel Anwendung finden.

Wie jedoch die Prüfung der Bundesländer und eine Zwischenlösung aussehen wird bleibt vorerst unklar. Insofern wird – auch seitens des ADAC und anderer Automobilclubs – dringend empfohlen, rechtlichen Rat einzuholen, wenn Sie aufgrund des neuen Bußgeldkatalogs Ihren Führerschein verloren haben. Es sind verschiedene rechtliche Konstellationen möglich:Haben Sie erst jetzt einen Bescheid aufgrund des neuen Bußgeldkatalogs erhalten, lassen Sie die 14-tägige Einspruchsfrist nicht verstreichen – hier sind ein Einspruch und ein Antrag auf Änderung der Rechtsfolgen möglich.

Haben Sie bereits einen rechtskräftigen Bußgeldbescheid mit einem Fahrverbot erhalten und dieses noch nicht angetreten, ist ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung möglich.

Haben Sie Ihren Führerschein bereits abgegeben, besteht die Möglichkeit eines Gnadenverfahrens um die Aufhebung und die Herausgabe Ihres Führerscheins.

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