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Samenspende mit Risiko – Probleme bezüglich Abstammung, Vaterschaftsanfechtung, Unterhalt, Erbrecht

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I. Bei echt heterologen Behandlungsformen der künstlichen Befruchtung (Verwendung von Keimzellen einer dritten Person - Spender - außerhalb des Kinderwunschpaares) können bezüglich des Status des Wunschkindes zahlreiche Rechtsprobleme auftreten, die von den Beteiligten u. U. nicht ausreichend bedacht werden. Die heutige Rechtslage in Deutschland bietet derzeit keine umfassenden und auch keine sicheren Regelungen hinsichtlich Abstammung und Status des Kindes. Daraus folgen Unsicherheiten z.B. bezüglich Unterhalt, Erbrecht und Pflichtteilsrecht des Kindes. Die Möglichkeit einer Vaterschaftsanfechtung bringt weitere Unwägbarkeiten, die nicht von vorne herein ausschließbar sind!

Noch komplizierter liegt der Fall, wenn die Angelegenheit einen internationalen Bezug hat (z.B. Samenspende aus dem Ausland), was wegen der restriktiven Rechtslage in Deutschland häufig vorkommen dürfte. Dann sind schwierige Fragen aus dem IPR (Internationales Privatrecht) und ggf. Vorschriften anderer, ausländischer Rechtsordnungen zu prüfen - derartige Fälle mit internationalem Bezug bleiben hier ausgeklammert.

Abstammung:

  • Mutter im Rechtsinne ist nach deutschem Recht immer und unabänderlich die Frau, die das Kind geboren hat, § 1591 BGB. Wessen weibliche Gene das Kind trägt, ist unerheblich. Eine Anfechtung der Mutterschaft sieht das geltende Recht nicht vor.
  • Wer Vater im Rechtsinne (§§ 1592 ff. BGB) ist, lässt sich nicht so leicht und vor allen Dingen nicht definitiv oder unabänderlich klären! War die Mutter des Kindes verheiratet, so gilt aufgrund gesetzlicher Vermutung gemäß § 1592 Nr. 1 BGB ihr Ehemann als Vater des Kindes. War sie nicht verheiratet, so ist eine Vaterschaftsanerkennung gemäß § 1594 BGB denkbar.

Vaterschaftsanfechtung:

  • Jedoch sieht das Gesetz Möglichkeiten der Vaterschaftsanfechtung vor! Zwar schließt § 1600 Abs. 5 BGB bei einvernehmlicher künstlicher Befruchtung eine Vaterschaftsanfechtung durch die Mutter und ebenso durch den rechtlichen Vater aus, also ihren Ehemann oder den nicht mit ihr verheirateten Mann, der zuvor seine Vaterschaft anerkannt hat. - Was ist aber, wenn das Kinderwunschpaar z.B. trennungsbedingt in Streit gerät und ein Partner seine frühere Einwilligung zur Behandlung widerrufen oder angefochten hat?
  • Eine Vaterschaftsanfechtung durch das Kind - minderjährig mittels Vormund oder Pfleger oder selbständig nach Eintritt der Volljährigkeit - ist zulässig. Das eröffnet z.B. die Möglichkeit, die Vaterschaft des Samenspenders, also des „biologischen" oder „genetischen" Vaters feststellen zu lassen!
  • Der Samenspender selbst hat dagegen keine Möglichkeit zur Vaterschaftsanfechtung.

Die Abstammung und Verwandtschaftsverhältnisse sind wiederum Anknüpfungspunkt für diverse Rechtsbeziehungen des Kindes zu seinen Eltern, z.B. bezüglich Unterhalt und Erbrecht!

Statuslage des Wunschkindes und Recht auf Kenntnis seiner Abstammung:

Das heterolog erzeugte Wunschkind wird in diese verworrene Statuslage hineingeboren. Es hat nach der Rechtsprechung des BVerfG (Bundesverfassungsgericht) einen Anspruch auf Kenntnis seiner Abstammung. Eine anonyme Samenspende, wie insbesondere früher häufig von Samenbanken praktiziert, kollidiert mit diesem Grundrecht des Kindes! Folglich wird der behandelnde Arzt gehalten sein - schon um eigene Haftungsansprüche auszuschalten oder zu minimieren - die Identität des Spenders festzuhalten und einem anfragenden Kind Auskunft zu geben. Hat er eine gegenteilige Vereinbarung mit dem Spender und / oder den Wunscheltern getroffen, die ihm die Offenlegung der Spenderidentität vertraglich verbieten will, entsteht bei einem Informationsverlangen des Kindes ein nicht lösbarer Konflikt. Die Frage ist, ob die „Geheimhaltungsvereinbarung" wirksam sein kann oder nichtig ist.

Aus der biologischen Vaterschaft des Samenspenders folgen aber u.U. Statuskonsequenzen im Verhältnis Kind / biologischer Vater z.B. in Bezug auf Unterhalt, Erbrecht, Pflichtteilsrecht.

Wille des Kindes:

Möglich ist, dass sich das Kind später nicht so verhält, wie es sich seine Wunscheltern erhoffen oder vorstellen und Kontakt oder Nähe zu seinem leiblichen Erzeuger sucht. Konflikte im Verhältnis Kind / Wunscheltern / biologischer Vater erscheinen vorprogrammiert! Eine zulässige Vaterschaftsanfechtung durch das Kind kann das „Beziehungsgebäude", das die Wunscheltern untereinander und mit dem Samenspender abgesprochen haben, zum Einsturz bringen mit den angesprochenen weitreichenden Rechtsfolgen!

Eine Adoption kann in bestimmten Konstellationen - nicht aber in allen Fällen! - Klärung bringen.

Bindende privatrechtliche Vereinbarungen der Beteiligten sind nur sehr eingeschränkt möglich, da Verträge zu Lasten Dritter (also z.B. des Wunschkindes) unzulässig und damit nichtig sind. Auch existieren im Unterhaltsrecht und im Erbrecht Vorschriften, die rechtsgeschäftliche Verzichte nicht oder nur sehr eingeschränkt zulassen. Und schließlich ist manch „denkbare" Vereinbarung wegen Sittenwidrigkeit nichtig.

Das alles sollte von den Wunscheltern sorgfältig abgewogen werden. Ihr Wunsch nach einem Kind ist nur allzu verständlich - doch handelt es sich bei einem Wunschkind aus Samenspende - genetisch gesehen - nur um „ein eigenes Kind zur Hälfte", denn das männliche Erbgut des Kindes ist fremd.

Ärztliche Beteiligung:

Die Samenspende (donogene Insemination) ist „technisch" auch ohne ärztliche Hilfe machbar. Ärzten ist die Behandlung nach der Berufsordnung bei Vorliegen einer medizinischen Indikation (männlicher Partner des Kinderwunschpaares ist unfruchtbar) gestattet. Eizellspende und Leihmutterschaft sind dagegen in Deutschland generell verboten: ESchG (Embryonenschutzgesetz).

Auf mütterlicher Seite lässt daher die derzeitige Rechtslage in Deutschland das Entstehen einer derartigen „Dreiecksituation" wie bei der Samenspende nicht zu: das ESchG (Embryonenschutzgesetz) verbietet Leihmutterschaft und Eizellspende und stellt ärztliche Maßnahmen hierzu sogar unter Strafe! Ohne ärztliche Behandlung ist eine Eizellspende vermutlich nicht durchführbar.

Homosexuelle Paare - Der Spiegel 09/2011 (28.02.2011) „Teure Spende":

Beim Kinderwunsch eines homosexuellen Paares folgt die Kinderlosigkeit nicht aus einer Sterilitätserkrankung sondern aus der frei gelebten, sexuellen Neigung beider Partner. Die Samenspende ist in dieser Situation nicht medizinisch indiziert und wird nach dem ärztlichen Berufsrecht in Deutschland nicht für zulässig gehalten.

Der Fall eines lesbischen Kinderwunschpaares machte Schlagzeilen. Es verdankte einem Samenspender (wohl ohne ärztliche Behandlung) ein Wunschkind. 3 Jahre nach seiner Geburt verlangten die Frauen vom Samenspender entgegen der früheren Übereinkunft Kindesunterhalt: „Teure Spende" - Der Spiegel 09/2011 vom 28.02.2011. Hier haben sich die  „3 Eltern" im sozialen und emotionalen Beziehungsgeflecht verirrt. - Was wird aber dieses „Wunschbaby" einmal empfinden, wenn es die volle Wahrheit über seine Herkunft und den Streit seiner 3 Eltern erfahren muss?

II. Heterosexuelle Paare und Kinderwunschbehandlung bei Sterilitätskrankheiten - Versicherungsfall in der Krankenversicherung:

Gänzlich anders als mit der Samenspende für ein lesbisches Paar verhält es sich mit der medizinisch indizierten Kinderwunschbehandlung bei einem heterosexuellen Paar, das krankheitsbedingt ungewollt kinderlos bleibt. Wenn es um die ärztliche Heilbehandlung der Sterilitätskrankheit geht, sind unter gewissen Voraussetzungen die Krankenversicherungen für die Behandlungskosten eintrittspflichtig!

Infos zur Kostenübernahme bei medizinisch indizierter Kinderwunschbehandlung durch Krankenkassen und Versicherungen:

www.kinderwunsch-anwalt.de

Auf diesem rechtlichen Spezialgebiet sind wir, die Münchner Anwaltskanzlei RA Modl Coll., seit Jahrzehnten tätig. Wir vertreten bundesweit Mandanten in ihrer Interessenswahrnehmung gegenüber Krankenversicherungen und Krankenkassen!

www.ramodl.de


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