Schadensersatz und Wertminderung/Bewertung nach einer Auseinandersetzung unter Pferden

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Es kommt immer wieder mal zu Auseinandersetzungen zwischen zwei Pferden oder in der Weidegruppe, sodass wegen der folgenden schwierigen Haftungsfrage und den damit verbundenen Problemen mit der jeweiligen Tierhalterhaftpflichtversicherung auch Freundschaften unter Reitern gefährdet oder für immer beendet werden. Grund dafür ist meistens die Unkenntnis auch versierter Pferdeleute, wenn es um die Frage des Verschuldens bei Auseinandersetzungen zwischen Pferden und den daraus entstehenden Verletzungen des eigenen oder fremden Pferdes geht.

Nicht immer kommen die Haftpflichtversicherungen zu einer vollumfänglichen Haftung hinsichtlich des einen oder des anderen Pferdes. Häufig wird auch das Mitverschulden des anderen verletzten Pferdes oder dessen Alleinschuld festgestellt. So kam es zwischen zwei Stuten an einer Heuraufe zur Auseinandersetzung, bei der die Stute der Klägerin aufgrund eines Tritts der Stute der Beklagten eine erhebliche Verletzung an der Schulter erlitt, die zu vorübergehender Lahmheit und später zu Rittigkeitsproblemen führte.

Ein langwieriger Prozess vor dem Landgericht mit Sachverständigengutachten über die Frage des Verschuldens führte schließlich entgegen einer sicheren Prognose des Rechtsanwalts der Klägerin nicht zum obsiegen. Vielmehr wurde die Klage insoweit abgewiesen, als die Klägerin mehr als 50 % Schadensersatz für die Verletzungen bei ihrem Pferd verlangte. Ausschlaggebend war schließlich laut Sachverständigengutachten, dass der verletzten Stute ein Mitverschulden anzurechnen war, weil die sogenannte Tiergefahr bei beiden Stuten gleich hoch anzusetzen gewesen sei.

So hatte die bereits an der Heuraufe und später verletzte Stute missachtet, dass die sich nähernde Stute in der Herde einen ranghöheren Platz und dies auch durch entsprechende Körpersprache mit angelegten Ohren angezeigt hatte. Weil die rangniedrigere Stute nicht zur Seite trat und Platz machte, keilte die andere Stute aus und verletzte schließlich das Pferd der Klägerin an der Schulter. Später bescheinigte der Sachverständige der verletzten Stute ein fehlerhaftes Sozialverhalten. Er führt aus, dass der Verursacher einer Rangauseinandersetzung nicht notwendigerweise das zuletzt schlagende Pferd, sondern auch ein anderes Pferd sein kann, das aus menschlicher Sicht keinen äußeren Anlass für das Verhalten des schlagenden Pferdes gegeben hat.

Das hier zwischen den Tieren aufgetretene Verhalten war nach Auffassung des Sachverständigen durchaus artgerecht. Da Pferde aufgrund ihrer Evolutionsgeschichte Beutetiere sind, resultiert daraus ihr Flucht-und Herdenverhalten. Für die Beurteilung von Schadensverläufen, bei denen ein Pferd durch ein anderes verletzt wird, ist das natürliche Verhalten der Pferde im Herdenverband deshalb ein wesentliches Kriterium zur Beurteilung der Verschuldensfrage. Das Gericht folgte diesem Gutachten und sprach deshalb der Klägerin lediglich 50 % des von ihr geltend gemachten Anspruchs zu.

Eine weitere Enttäuschung musste die Klägerin dann auch wegen der Höhe des Schadensersatzes hinnehmen. Soweit sie nach ihrem subjektiven Empfinden der Auffassung war, dass ihre Stute einen Wert von über 10.000 € habe, da sie bildhübsch sei und im Übrigen auch Aufgaben der Dressurklasse A Prüfung ausführen könne, wurde sie eines Besseren belehrt. Ein bei der Bewertung des verletzten Tieres umfangreiches Gutachten stellte klar, dass es nicht darauf ankommt, dass ein Pferd unter seinem Reiter und stolzen Besitzer die Trabtraversale oder fliegende Galoppwechsel beherrscht. Ausschlaggebend für die Beurteilung des Wertes sind neben dem Exterieur (äußeres Erscheinungsbild) Grundgangarten, Ausbildungsstand, Rittigkeit und Gesundheitszustand sowie das Pedigree (Abstammung).

In dem hier entschiedenen Fall konnte die Stute zwar schon Aufgaben Dressurprüfung Klasse A, hatte diesen Ausbildungsstand allerdings noch nicht auf Turnieren unter Beweis gestellt, wo eine objektive Beurteilung möglich ist und das Tier mit anderen Pferden von unabhängigen Fachleuten bewertet werden kann. Zur großen Enttäuschung der Klägerin ging der Sachverständige bei der Stute nur von einem sehr geringen Wiederbeschaffungswert (doppelter Schlachtpreis 0,90 €/Kilogramm Lebendgewicht) aus, sodass die Klage bei einem zunächst geltend gemachten Schadensersatzanspruch von weiteren 6000 € kostenpflichtig abgewiesen wurde.

In Anbetracht dieses recht schwierigen Sachverhalts und der erforderlichen Sachkenntnis über Bewertung und Verschuldensfragen lohnt sich eine Beratung bei einem fachkundigen Anwalt in jedem Fall, weil der hier von einem Landgericht entschiedene Rechtsstreit auch wegen der Sachverständigengutachten hohe Kosten verursacht hat und schließlich nur zulasten der Klägerin ausgegangen ist. Bei fachkundiger juristischer Beratung hätte das sicherlich vermieden werden können.

Bitte beachten Sie, dass eine persönliche Beratung,auch telefonisch, nach dem Gebührenrecht (RVG) kostenpflichtig ist.


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