Schäden durch Vermietung als Flüchtlingsunterkunft, AG Simmern, Az. 32 H 9/20

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Die Antragstellerin im selbständigen Beweisverfahren vor dem AG Simmern, Az. 32 H 9/20 hatte auf einen öffentlichen Aufruf der Kreisverwaltung Rhein-Hunsrück hin an diese zunächst 2014 ein Mietshaus vermietet und 2015 ein weiteres Haus zwecks Unterbringung von Flüchtlingen.  Das in 2014 vermietete Haus war wenige Monate zuvor komplett renoviert worden. Das 2015 vermietete Haus war zuletzt 2012 komplett renoviert worden. Vereinbarungsgemäß zahlte die Kreiverwaltung der Antragstellerin pro Mietobjekt eine monatliche sog. Renovierugspauschale von ingesamt 90 Euro. Dieser Betrag war steuerpflichtig. Als die Kreisverwaltung Rhein-Hunsrück beide Objekte kündigte und räumte waren nach Steuern rd. 4.500 Euro für die Renovierung beider Häuser vorhanden.

Gegenüber der Antragstellerin hatte die Kreisverwaltung immer versichert für alle eventuellen Schäden aufzukommen und die Häuser nach Kündigung der Mietverhältnisse so wiederherzustellen, dass innerhab eines Monats wieder zivil vermietet werden könne.

Bei der Rückgabe der Mietobjekte stellte sich heraus, dass sich in den Häusern mehrere Leitungwasserschäden in Bädern und Küchen sowie Wasserschäden an den Zimmerdecken in Folge von Orkanen befanden, die seitens der Kreisverwaltung nicht gemeldet worden waren und sich über längere Zeiträume stetig verschlimmert hatten. Die Sanierung der Schäden durch die Wohngebäudeversicherung dauerte mehr als 6 Monate. Die Versicherung kündigte daraufhin der Eigentümern die Wohngebäudeversicherungen. Die Mietobjekte hatten in Folge über ein halbes Jahr keinen Versicherungsschutz.

Beide Häuser befanden sich bei der Rückgabe in einem unbewohnbaren, schwer beschädigten und stark verunreinigtem Zustand. So kam der Gutachter im Rahmen des Beweissicherungsverfahrens zu dem Schluss, dass gegen die Wände uriniert und/oder ejakuliert worden sei. Böden waren zum Teil gar nicht mehr vorhanden, sämtliche Tapeten verschmutzt und zerrissen, Ungeziefer hatte sich bis hinter die Fußleisten, hinter die Tapeten und unter die Böden verbreitet, Türen waren eingeschlagen. Selbst eine von der Verwaltung eingesetzte Reinigungsfirma kam gegen die Verschmutzungen durch z.B. Kalk und Fett nicht an und konnte gegen den Geruch nichts ausrichten. Selbst Monate nach der Räumung war ein Betreten aufgrund des Gestanks trotz ständigen Lüftens kaum möglich.

Im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens nahm der gerichtlich bestellte Gutachter sämtliche Schäden auf. Aufgrund des Abzugs "Neu für alt" wurden der Antragstellerin weniger als 10 % der tatsächlich nötigen Kosten zur Wiederherstellung des Wohnraums berechnet. Die Kreisverwaltung kam also für die Schäden auf, allerdings nur, wie sie sich anhand der entsprechenden Tabellen ergaben. Mit den tatsächlichen Kosten, mit denen die Vermieterin aufgrund des Totalschadens an beiden Häusern konfrontiert war, hatte dies aber nichts zu tun.

Letztlich mussten beiden Häuser von Grund auf renoviert werden. Der notwendige Aufwand lag bei rd. 80.000 Euro. Die Sanierung der Wasserschäden dauerte 6 Monate, der Leerstand mit Mietausfall insgesamt zw. 13 und 16 Monaten. Die Renovierungspauschale von rd. 4.500 Euro sowie der gezahlte Schadenersatz über rd. 7.600 Euro deckten damit nur einen Bruchteil der Kosten ab. Der Mietausfall wurde gar nicht berücksichtigt. Die Eigentümerin musste außerdem über rd. 1,5 Jahre permanent als Ansprechpartnerin für die Sanierungsfirmen vor Ort sein und dazu ihren Wohnort wechseln.

Fazit: Bei einer Vermietung an die öffentliche Hand zwecks Unterbringung von Flüchtlingen oder anderen Menschen in Not muss der Eigentümer unbedingt vertraglich sicherstellen, dass bei Schäden ein Ersatz zum Neuwert der beschädigten Sachen erfolgt! Bei einer Berechnung gem. dem Abzug Neu für alt führt bereits wenige Jahre nach einer Renovierung dazu, dass der Verantwortliche kaum noch etwas zahlen muss.

Soziales Engagement kann bei einer nicht bis ins Detail geprüften Vermietung an die Verwaltung zu schweren finanziellen Problemen der Eigentümer, bis hin zu einem nötigen Verkauf der Immobilien und damit dem Verlust eines Pfeilers der Altersvorsorge führen. Bei einem Verkauf ist dabei weiterhin zu berücksichtigen, dass eine Immobilie, die sich im desolaten, unbewohnbaren Zustand befindet, einen deutlich geringeren Preis erzielt als eine bezugsfertige Immobilie.

Gerade rufen die Verwaltungen, so auch die Kreisverwaltung Rhein-Hunsrück, erneut dazu auf, Wohnraum für die Flüchtlingsunterbringung bereit zu stellen. Dies sollte nie ohne eine Kaution, eine zusätzliche angemessene Zahlung für die spätere Renovierung, sowie der schriftlichen Zusicherung erfolgen, dass sämtliche Schäden zum Neuwert der beschädigten Gegenstände ersetzt werden, zuzüglich des Mietausfalls für die Zeit der Renovierung oder Sanierung.

Niemals sollte aus dem nachvollziehbaren Wunsch heraus, Menschen in Not schnellstmöglich zu helfen, vergessen werden, sich selbst abzusichern.



Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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