Schadensersatz bei Schönheitsreparaturen: Vermieter muss sich ersparte Renovierungskosten anrechnen lassen
- 2 Minuten Lesezeit
Stellen Sie sich vor: Sie geben Ihre Wohnung nach Jahren mit bunten Wänden zurück. Der Vermieter ist entsetzt, will neu streichen – und schickt Ihnen eine satte Rechnung. Aber darf er das überhaupt, wenn die Schönheitsreparaturklausel im Mietvertrag unwirksam war?
Das Amtsgericht Hanau hat diese Frage eindeutig beantwortet – und dabei auch kreative Rechenspiele des Vermieters durchschaut.
Sachverhalt und Entscheidung:
Im Fall (AG Hanau, Urt. v. 29.11.2024 – 32 C 265/23) hatte ein Mieter die Wohnung nach 13 Jahren zurückgegeben – mit farbigen Wänden. Der Mietvertrag enthielt eine Schönheitsreparaturklausel mit alten Fristen (3/5/7 Jahre), die das Gericht für unwirksam hielt.
Der Vermieter verlangte Schadensersatz, weil die farbliche Gestaltung eine Weitervermietung angeblich erschwere. Doch das Gericht stellte klar: Es besteht kein Schadensersatzanspruch – weder dem Grunde noch der Höhe nach.
Und selbst wenn ein Anspruch bestanden hätte, hätte der Vermieter die eigenen Einsparungen durch unterlassene Renovierungen gegenrechnen müssen. Die Kosten, die er sich über die Jahre erspart hat, überstiegen die jetzigen Renovierungskosten deutlich – sodass kein Schaden mehr übrig blieb.
Rechtslage und Einordnung:
Nach § 535 BGB ist grundsätzlich der Vermieter für Schönheitsreparaturen verantwortlich, sofern nichts anderes wirksam im Mietvertrag geregelt ist. Ist eine Klausel zur Renovierungspflicht unwirksam, bleibt die Pflicht beim Vermieter.
Wichtig für Mieter:
Wenn sie keine Renovierungspflicht hatten, können sie auch nicht wegen „falscher Farben“ haftbar gemacht werden.
Der sogenannte „Villa Kunterbunt“-Fall des BGH (VIII ZR 416/12) erlaubt zwar Schadensersatz bei extrem auffälliger Gestaltung – aber nur, wenn die Wohnung ursprünglich neutral übergeben wurde.
Im vorliegenden Fall war das nicht so – die Wohnung war unrenoviert bei Einzug.
Selbst wenn ein Schaden vorläge, muss der Vermieter sich laut § 249 BGB ersparte Aufwendungen anrechnen lassen – also das, was er an Renovierungskosten über die Jahre nicht investiert hat.
Das AG Hanau ging hier besonders detailliert vor:
Es rechnete mit jährlichen Pauschalen für Schönheitsreparaturen pro Quadratmeter, wie sie in § 28 Abs. 4 Satz 2 II. BV anerkannt sind (z. B. 11,02 €/m² für 2020–2022). Das Ergebnis:
13.497 € eingesparte Kosten vs. 4.724 € tatsächliche Renovierungskosten → kein ersatzfähiger Schaden.
Fehleranalyse und Praxistipps:
Was heißt das konkret für Mieter?
✅ Unwirksame Klausel = keine Pflicht zur Renovierung:
Wenn die Schönheitsreparaturklausel nicht wirksam ist, kann der Vermieter keine Ansprüche daraus ableiten – auch nicht über die „Hintertür“ des Schadensersatzes.
✅ Farbige Wände sind kein Schaden, wenn Wohnung unrenoviert war:
Nur wer eine neutral gestrichene Wohnung erhalten hat, muss bei Auszug auf neutrale Töne achten. Wurde die Wohnung unrenoviert übergeben, dürfen die Farben auch kräftiger sein – ohne rechtliche Folgen.
✅ Vermieter muss eigene Versäumnisse gegenrechnen lassen:
Hat der Vermieter über viele Jahre keine Renovierung durchgeführt, obwohl er dazu verpflichtet gewesen wäre, muss er sich die dadurch ersparten Kosten bei der Schadensberechnung anrechnen lassen.
✅ Keine Zahlung ohne Prüfung:
Erhalten Sie als Mieter eine Rechnung für Renovierungskosten nach Auszug? Dann gilt: Nicht vorschnell zahlen! Erst prüfen (lassen), ob die Forderung überhaupt berechtigt ist.
Artikel teilen: