"Schulungspflicht" zur KI-Kompetenz für alle Mitarbeitenden?

  • 3 Minuten Lesezeit

💡Chancen und Risiken der KI-Nutzung in Ihrem Unternehmen

Über 60 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland nutzen bereits Künstliche Intelligenz (KI) am Arbeitsplatz, wie eine Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) zeigt, meist ohne das Wissen oder offizielle Einführung durch den Arbeitgeber. 

Seit der Veröffentlichung von ChatGPT im November 2022 ist generative KI für jede/n zugänglich und ermöglicht ungeahnte Effizienzsteigerungen: Präsentationen erstellen, Dokumente analysieren, Werbeanzeigen oder Webseiten gestalten – all das geht mit Tools wie ChatGPT, Canva oder Copilot blitzschnell, einfach und oft kostenlos.

⚠️ Aber Vorsicht, die informelle Nutzung von KI (sog. Shadow-AI) und fehlende KI-Kompetenz im Team bergen erhebliche rechtliche Risiken:

  1. Bei Verstößen gegen die KI-Verordnung, DSGVO, AGG, Urheber- oder Wettbewerbsrecht drohen Bußgelder, Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche. Beispiel: Die KI sortiert ohne menschliche Aufsicht Bewerber aus.
  2. Verletzungen von Geschäftsgeheimnissen stellen erhebliche Risiken dar. Beispiel: Upload unternehmensinterner Dokumente und Anweisung (Prompt) zur Zusammenfassung.
  3. Entstehen Schäden nachweislich durch den unsachgemäßen Gebrauch von KI aufgrund mangelnder Maßnahmen zur Schulung der Mitarbeitenden, kann die Geschäftsleitung persönlich haftbar gemacht werden.
  4. Nicht zuletzt können auch der Ruf des Unternehmens und das Vertrauen der Kundschaft durch unsachgemäßen Umgang mit KI nachhaltig beschädigt werden.

🎓 Müssen nun alle Mitarbeitenden zur KI-Kompetenz geschult werden?

Seit dem 2. Februar 2025 verlangt Art. 4 der KI-Verordnung, dass Unternehmen, die KI-Systeme anbieten oder betreiben, Maßnahmen zu ergreifen, um die KI-Kompetenz ihrer Mitarbeitenden sicherzustellen. Die nationalen Marktüberwachungsbehörden beginnen ab dem 2. August 2026 mit der Überwachung und Durchsetzung der Vorschriften. Sie können Sanktionen und andere Maßnahmen verhängen.

Es besteht also eine Pflicht zur Sicherstellung der KI-Kompetenz. Angesichts der sich sehr schnell entwickelnden Technologie und der unterschiedlichen Bedürfnisse einzelner Unternehmen schreibt die KI-Verordnung aber keine konkreten Maßnahmen wie eine allgemeine Schulungspflicht für alle Mitarbeitenden zur KI-Kompetenz vor. 

Welche Mindestinhalte für ein KI-Kompetenzprogramm gemäß Artikel 4 der KI-Verordnung berücksichtigt werden müssen, hat die Europäische Kommission im Mai 2025 geklärt:

  1. Grundlegende technische Kenntnisse zur Funktionsweise Künstlicher Intelligenz (z.B. Grundlagen des maschinellen Lernens, Entscheidungsbäume, Neuronale Netze)
  2. Berücksichtigung der Rolle Ihres Unternehmens (Anbieter oder Betreiber von KI-Systemen): Entwickelt Ihr Unternehmen KI-Systeme oder verwendet sie nur KI-Systeme, die von einer anderen Organisation entwickelt wurden?
  3. Bewusstsein für Risiken und mögliche Schäden durch KI (z. B. Diskriminierung, Halluzinationen, Deepfakes)

  4. Rechtliches Basiswissen, insbesondere zur KI-Verordnung, Datenschutz, Urheberrecht und Schutz von Geschäftsgeheimnissen

Verfügt Ihr Team über diese Fähigkeiten nicht, dann bedarf eines zielgerichteten Aufbaus von KI-Kompetenz.

✅ So gehen Sie es richtig an:

  1. Entwicklung interner Richtlinie zur KI-Nutzung. Mit einer Richtlinie wird zunächst die KI-Nutzung in Ihrem Unternehmen verboten. Gleichzeitig werden in einem engen, klar definierten Rahmen Ausnahmen von diesem Verbot erlaubt.
  2. Schulungen und Trainings nach Bedarf durchführen, zB direkt beim Onboarding neuer Mitarbeitender. Unternehmen können dabei selbstverständlich auf interne Expertise zurückgreifen, sofern diese vorhanden ist. 
  3. Dokumentieren Sie Zeitpunkt, Inhalt, Teilnehmende und Format der Schulungen sowie anderer Initiativen. Im Zweifelsfall müssen Sie den Aufsichtsbehörden gegenüber nachweisen können, dass Sie Ihre Organisationspflicht erfüllt haben.
  4. Die Benennung eines KI-Beauftragten kann zur KI-Kompetenz beitragen, ist aber nicht verpflichtend.
  5. Auf dem Laufenden bleiben: Durch verbesserte Rechenleistung, ernorme Investitionen in KI-Innovation und Zugang zu immer größeren Datenmengen entwickelt sich KI rasant. Schulungen ihres Teams sollten daher regelmäßig aufgefrischt werden.

Die Maßnahmen zur KI-Kompetenz sollten individuell auf Ihr Unternehmen abgestimmt sein, insbesondere auf:

  • das jeweilige KI-System,
  • die konkret beabsichtigte Nutzung,
  • bereits vorhandene Kenntnisse im Team und
  • das jeweilige Risikoniveau.

So benötigen beispielsweise Personalabteilungen, die KI zur Bewertung von Bewerbungen einsetzen, andere Schulungsinhalte als Mitarbeitende im Einkauf oder in der Produktion.

🔍 Häufig gestellte Frage: 

"Mein Team nutzt ChatGPT nur zum Verfassen von Werbetexten oder zur Übersetzung von Texten. Müssen wir die Anforderungen an die KI-Kompetenz gemäß Artikel 4 der KI-Verordnung erfüllen? "

✅ Antwort: Ganz klar - ja! Sie sollten über die spezifischen Risiken, zum Beispiel mögliche Halluzinationen, informiert sein.

Bei der offiziellen Einführung von KI in Ihrem Unternehmen und der Schulung Ihres Teams unterstütze ich Sie gerne. Nehmen Sie jederzeit gerne Kontakt zu mir auf!

Foto(s): Aflo images via Canva Pro


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