Selbstständigkeit von GmbH-Geschäftsführern – BSG schränkt Spielraum bei Familiengesellschaften ein
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In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts galt lange der Grundsatz, dass Geschäftsführer von Familiengesellschaften im sozialversicherungsrechtlichen Sinne selbstständig sein können, wenn sie zwar selbst keine Anteile halten (sog. Fremdgeschäftsführer), jedoch mit den Gesellschaftern familiär verbunden sind und de facto wie Alleininhaber schalten und walten wie sie wollen, d.h. die Geschäfte nach eigenem Gutdünken führen können, ohne von den Gesellschaftern behindert zu werden (Bundessozialgericht - 30.01.1990 - 11 RAr 47/88; 8.12.1987 - 7 RAr 25/86).
Die jüngere Rechtsprechung schränkt diesen Grundsatz ein: In einem Urteil vom 29.08.2012 (B 12 R 14/10 R) hat der 12. Senat des BSG für den Mitgeschäftsführer einer GmbH & Co. KG eine selbstständige Tätigkeit ausgeschlossen, weil er nicht in seinem eigenen, sondern in einem fremden Betrieb tätig war. Kommanditisten der GmbH & Co. KG waren seine Mutter und ein nicht verwandter Dritter (D). Gesellschafter der Komplementär-GmbH waren beide Eltern und D. Der Fremdgeschäftsführer war im streitigen Zeitraum weder an der Kommanditgesellschaft noch an deren Komplementär-GmbH beteiligt. Alleinige Betriebs- bzw. Unternehmensinhaberin war die GmbH & Co. KG. Diese ist - so das BSG - ein Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit und muss deshalb unabhängig von den als Gesellschafter dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen und deren verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden. Der Anstellungsvertrag des Fremdgeschäftsführers enthielt Regelungen über ein monatliches festes Gehalt, Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie Anspruch auf bezahlten jährlichen Erholungsurlaub. Das BSG wertete dies als Arbeitsverhältnis. Auf der Grundlage dieses Vertrages wurde der Fremdgeschäftsführer neben D als weiterem (Gesellschafter-)Geschäftsführer tätig. Ihre Zuständigkeitsbereiche waren klar voneinander abgegrenzt.
Insbesondere die familiären Umstände ließ das BSG nicht mehr für die Begründung einer Selbstständigkeit gelten. Zwar hatte in der Vergangenheit das BSG - allerdings überwiegend zu Leistungsansprüchen des Arbeitsförderungs- und Unfallversicherungsrechts - bei familiär verbundenen Fremdgeschäftsführern eine Selbstständigkeit zugelassen, wenn dessen Tätigwerden innerhalb einer Gesellschaft aufgrund der familiären Bindungen durch eine besondere Rücksichtnahme geprägt war. Der entscheidende Gesichtspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit auch im Zusammenhang mit Familiengesellschaften ist allerdings die Möglichkeit, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers abzuwenden. Dies mag aufgrund familiärer Rücksichtnahme solange der Fall sein, wie das Einvernehmen der Familienmitglieder gewahrt bleibt. Im Falle eines familiären Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten käme jedoch allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen, sodass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit bestünde. Eine solche „Schönwetter-Selbstständigkeit" sei jedoch mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände schwerlich hinnehmbar.
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