Sexuelle Nötigung; Vergewaltigung - was droht, was ist zu tun?

  • 5 Minuten Lesezeit

Sexuelle Nötigung; Vergewaltigung – Straftatbestand und richtiges Verhalten

Der § 177 StGB dient dem Schutz der sexuellen Selbstbestimmung. Jede Person oder jeder Bürger hat die Freiheit, über Zeitpunkt, Art, Form und Partner im Rahmen sexueller Betätigung frei zu entscheiden. Dabei ist diese Freiheit im Bereich der sexuellen Nötigung; Vergewaltigung nicht an ein bestimmtes Alter oder einen bestimmten Zustand geknüpft, sondern gilt oberhalb einer sog. Erheblichkeitsschwelle generell. Maßgeblich hierfür ist die Durchsetzung sexueller Vorlieben mittels besonders gravierenden Zwangs.

Der Tatbestand der sexuellen Nötigung; Vergewaltigung

Der Straftatbestand im Strafgesetzbuch ist unterteilt in fünf Absätze. Der erste Absatz enthält den Grundtatbestand. Voraussetzung hierbei ist in jedem Falle, dass das Opfer zu einem Verhalten (Tun, Dulden, Unterlassen) genötigt wird, das heißt gegen seinen Willen gezwungen wird. Dabei muss in irgendeiner Art und Weise Zwang auf das Tatopfer ausgeübt werden, damit dessen Willen gebeugt wird. Die Nötigung kann entweder mittels Gewalt gegen das Opfer, mittels Drohung oder unter Ausnutzung einer schutzlosen Lage geschehen. Als Beispiele für die Anwendung von Gewalt kommen in Betracht das Festhalten des Tatopfers an den Handgelenken, das Auseinanderdrücken der Beine oder das Einsperren in einen verschlossenen Raum. Eine Gewaltausübung gegen Sachen reicht bei der sexuellen Nötigung; Vergewaltigung nicht aus. Gleiches gilt grundsätzlich für die Anwendung von Gewalt gegen Dritte.

Soll das Opfer mit einer Drohung zur sexuellen Handlung genötigt werden, so setzt die Drohung voraus, dass sie sich auf eine gegenwärtige Gefahr für Leib und Leben des Opfers oder einer ihm nahestehenden dritten Person bezieht. Der angedrohte Angriff muss dabei von gewisser Erheblichkeit sein, er muss „eine gewisse Schwere“ aufweisen. Zudem muss das Opfer an die Ernsthaftigkeit der Drohung glauben.

Beim Ausnutzen einer schutzlosen Lage kommt es auf die Überwindung des entgegenstehenden Opferwillens an, wenn die schutzlose Lage ausgenutzt wird.

Welche Strafen drohen?

Bei dem Grundtatbestand der sexuellen Nötigung; Vergewaltigung drohen bei einer Verurteilung Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr. In besonders schweren Fällen nach Absatz zwei ist die Strafandrohung nicht unter zwei Jahre Freiheitsstrafe. Noch drastischer wird es, wenn der Qualifikationstatbestand des dritten bzw. vierten Absatzes erfüllt ist, denn dann ist auf eine Freiheitsstrafe von nicht unter drei bzw. nicht unter fünf Jahren zu erkennen. In minder schweren Fällen kommt eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren oder von einem Jahr bis zu zehn Jahren in Betracht.

Der Vorwurf steht im Raum – was nun?

Schon allein die Strafandrohung zeigt, der Vorwurf der sexuellen Nötigung; Vergewaltigung ist schwerwiegend. Nicht selten drohen neben der Bestrafung Konsequenzen im sozialen Nahbereich. Deshalb gilt auch hier der Grundsatz aus dem Strafverfahren, keine Angaben zur Sache ohne Rechtsanwalt. Denn nur ein Rechtsanwalt kein Akteneinsicht beantragen und anschließen beurteilen, ob die vorgeworfene sexuelle Nötigung; Vergewaltigung begründet ist. Erst nach erfolgter Akteneinsicht kann es empfehlenswert sein, sich im Rahmen einer Verteidigungsschrift zu den Vorwürfen einzulassen. Eine derartige Verteidigung fertigt der beauftragte Rechtsanwalt an.

Kann ein Rechtsanwalt helfen?

In einem langen und ausführlichen Gespräch kann der Rechtsanwalt mit dem Mandanten herausfinden, was zu dem Vorwurf geführt hat. Selbstverständlich werden diese Gespräche in vertrauensvoller und verständnisvoller Atmosphäre ablaufen. Auf die Diskretion und die Schweigepflicht der Rechtsanwalt wird ausdrücklich hingewiesen.

Anschließend kann der beauftragte Rechtsanwalt die Ermittlungsakte anfordern. Mit Hilfe der Akte kann die Aussage des vermeintlichen Opfers auf ihre Glaubhaftigkeit überprüft werden. Eine Erfahrung im Umgang mit vergleichbaren Aussagen erleichtert das Vorgehen.
Der Mandant kann dann dem Rechtsanwalt seine Sicht der Dinge schildern. Aufgrund der Schilderung wird eine Verteidigungsschrift gefertigt, in der zu den erhobenen Vorwürfen Stellung bezogen wird. Damit können weitere Anträge bzgl. der Vernehmung weiterer Zeugen und der Antrag auf Einstellung des Verfahrens verbunden werden.

Stellt sich im Laufe der Ermittlungen heraus, dass der Vorwurf nicht zutreffend ist, kann das Verfahren ohne Hauptverhandlung beendet werden. Ein Strafverteidiger kann Ihnen helfen, dass Verfahren in diesem Stadium zu beenden.

Tun Sie sich selbst, aber auch allen anderen Beteiligten einen Gefallen: Hoffen Sie nicht bis zum Ende, dass alles gut wird. Versäumnisse während des Ermittlungsverfahrens können weitreichende Folgen haben und nur selten wieder korrigiert werden.

Wie laufen ein Ermittlungsverfahren und ein Strafverfahren ab?

Die Polizei ermittelt im Namen der Staatsanwaltschaft bei einem Anfangsverdacht einer Straftat. In dem „Ermittlungsverfahren“ muss der Beschuldigte Gelegenheit bekommen, sich zur Sache zu äußern. Zeugen sind zu verhören. Kurz: Es wird be- und entlastend ermittelt. Ich zeige Ihre Verteidigung an, teile der Polizei mit, dass Sie den Vernehmungstermin nicht wahrnehmen werden und bitte darum, die Ermittlungsakte an die Staatsanwaltschaft weiterzuleiten.

Nach Beendigung der Ermittlungen schickt die Polizei die Ermittlungsakte an die zuständige Staatsanwaltschaft. Hausdurchsuchungen, Telefonüberwachungen und die Anordnung der Untersuchungshaft werden durch das Amtsgericht angeordnet (Richtervorbehalt).
Jetzt bekomme ich als Strafverteidiger endlich die Ermittlungsakte durch die Staatsanwaltschaft übermittelt. Nachdem ich mit Ihnen den Inhalt der Akten besprochen habe, schreibe ich eine Einlassung für Sie und lenke damit die Art der Erledigung des Verfahrens.

Sodann muss die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren in irgendeiner Weise beenden. Aufgrund der Ermittlungsergebnisse der Polizei, welche ihr in Form der Ermittlungsakte vorliegen, und meiner Einlassung klagt sie die Tat an, wenn ein hinreichender Tatverdacht besteht. Wenn dieser nicht besteht, also ein Freispruch wahrscheinlicher als eine Verurteilung ist, stellt sie die Tat nach § 170 II StPO ein.

Wenn der Verstoß gering ist bzw. ein Erstverstoß vorliegt, kann die Staatsanwaltschaft den Sachverhalt (auch gegen eine Auflage) ebenfalls einstellen, § 153 I StPO. (Bei einer guten Prozentzahl meiner Verfahren ist dies der Fall, z.B. Einstellung wg. Geringfügigkeit gegen Geldauflage).

Sie kann die Sache auch durch einen Strafbefehl, also quasi durch ein Urteil ohne eine Hauptverhandlung, erledigen.

Damit ist das Ermittlungsverfahren und der Status des Mandanten als „Beschuldigter“, egal welche Form der Erledigung vorliegt, beendet.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Christian Isselhorst

Beiträge zum Thema