Sexueller Übergriff, sexuelle Nötigung und Vergewaltigung (§ 177 StGB) – Was Sie wissen müssen

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Ein Vorwurf nach § 177 StGB wiegt schwer und kann weitreichende Konsequenzen haben. Als erfahrener Anwalt für Strafrecht kläre ich Sie über die rechtlichen Grundlagen und Verteidigungsmöglichkeiten auf.

Die Grundlagen des § 177 StGB im Überblick

Der § 177 StGB umfasst drei Tatbestände, die bereits in der Überschrift genannt werden: sexueller Übergriff, sexuelle Nötigung und Vergewaltigung. Das Gesetz schützt die sexuelle Selbstbestimmung jedes Menschen – unabhängig vom Geschlecht und auch innerhalb der Ehe.

Der sexuelle Übergriff (Grundtatbestand)

Der Grundtatbestand in § 177 Abs. 1 StGB folgt dem "Nein heißt Nein"-Prinzip:

"Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft."

Wichtig: Der entgegenstehende Wille muss nach außen erkennbar sein. Ein bloßer innerer Vorbehalt reicht nicht aus. Die Ablehnung muss durch verbale oder nonverbale Äußerungen (etwa Weinen oder Abwehrhandlungen) für einen objektiven Beobachter erkennbar sein.

Weitere Tatbestandsvarianten (§ 177 Abs. 2 StGB)

Absatz 2 erfasst Fälle, in denen der entgegenstehende Wille nicht erkennbar ist, weil dem Opfer die Willensbildung oder -äußerung nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Darunter fallen:

  1. Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer keinen entgegenstehenden Willen bilden oder äußern kann
  2. Ausnutzung einer erheblichen Einschränkung der Willensbildung/-äußerung
  3. Ausnutzung eines Überraschungsmoments
  4. Ausnutzung einer Drohungslage
  5. Nötigung zur sexuellen Handlung durch Drohung

Qualifikationen und Strafschärfungen

Das Gesetz sieht zahlreiche Strafschärfungen vor:

  • Vergewaltigung (§ 177 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 StGB): Vollziehung des Beischlafs oder ähnlicher sexueller Handlungen, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind
  • Gemeinschaftliche Tatbegehung (§ 177 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 StGB)
  • Waffen oder gefährliche Werkzeuge (§ 177 Abs. 7 Nr. 1 StGB)
  • Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung (§ 177 Abs. 7 Nr. 3 StGB)
  • Verwendung einer Waffe (§ 177 Abs. 8 Nr. 1 StGB)
  • Schwere körperliche Misshandlung (§ 177 Abs. 8 Nr. 2a StGB)
  • Gefahr des Todes (§ 177 Abs. 8 Nr. 2b StGB)

Aktuelle Rechtsentwicklungen

Das "Stealthing"-Problem

Entfernt der Täter während des Geschlechtsverkehrs heimlich ein Kondom, kann dies nach neuerer Rechtsprechung auch als sexueller Übergriff gewertet werden. Die Gerichte argumentieren, dass der ungeschützte Geschlechtsverkehr etwas anderes sei als der geschützte – und der dem ungeschützten Geschlechtsverkehr entgegenstehende Wille während des gesamten Sexualakts fortbestehe.

Verteidigungsstrategien bei Vorwürfen nach § 177 StGB

1. Prüfung der Erkennbarkeit des entgegenstehenden Willens

Es muss nachgewiesen werden, dass der entgegenstehende Wille objektiv erkennbar war und vom Beschuldigten auch wahrgenommen wurde. Fehlte die Erkennbarkeit des Willens oder irrte sich der Beschuldigte darüber, kann ein Tatbestandsirrtum nach § 16 StGB vorliegen.

2. Irrtum über das Einverständnis

Glaubte der Beschuldigte irrtümlich, das Opfer sei mit der sexuellen Handlung einverstanden, liegt ein Tatbestandsirrtum vor, der zum Ausschluss des Vorsatzes führen kann.

3. Prüfung der Beweislage

Oft stehen in solchen Verfahren Aussage gegen Aussage. Eine fundierte Beweiswürdigung ist entscheidend:

  • Gibt es Widersprüche in den Angaben?
  • Liegen forensische Beweise vor?
  • Gibt es Zeugenaussagen, die entlasten können?

4. Prüfung der Voraussetzungen für minder schwere Fälle

In bestimmten Konstellationen kann ein minder schwerer Fall nach § 177 Abs. 9 StGB in Betracht kommen, der mildere Strafen vorsieht.

Rechtliche Konsequenzen

Die Strafen bei Verurteilung nach § 177 StGB sind erheblich:

  • Grundtatbestand: Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren
  • Vergewaltigung: Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren
  • Besonders schwere Fälle: Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren

Neben der strafrechtlichen Verurteilung können auch zivilrechtliche Folgen wie Schmerzensgeldansprüche drohen.

Fazit

Ein Vorwurf nach § 177 StGB ist immer ernst zu nehmen und erfordert eine sofortige, professionelle Verteidigung. Angesichts der komplexen Rechtslage und der schwerwiegenden Konsequenzen sollten Sie sich umgehend anwaltlich beraten lassen.

Fachliche Expertise

Als Anwalt für Strafrecht verfüge ich über langjährige Erfahrung als Strafverteidigerin und bin stets auf dem neuesten Stand der Rechtsprechung.

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Foto(s): JVR

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