SG Karlsruhe: Haftung für überzahlte Renten nach Todeserklärung

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Im Falle der Todeserklärung einer verschollenen oder vermissten Person erlangt der Rentenversicherungsträger erst mit Bekanntwerden der gerichtlichen Todesfeststellung Kenntnis von der Überzahlung, und nicht bereits mit Kenntnis des Sachverhalts, der später zur gerichtlichen Feststellung führt.

Zum Sachverhalt:

Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid, mit dem die Beklagte, die Deutsche Rentenversicherung (DRV) von ihm Erstattung einer Rentenzahlung von über 125.000 Euro an seine verstorbene Mutter über einen Zeitraum von zwölf Jahren verlangt.

Die Beklagte gewährte der Mutter mit Bescheid vom 13.09.1999 eine Altersrente für Schwerbehinderte für die Zeit ab 01.12.1999. Die Rentenzahlung erfolgte monatlich auf ein Konto der Mutter bei einer Sparkasse. Die Mutter wurde am 29.02.2000 in Paraguay vermisst gemeldet. Im September 2000 teilte der Kläger der DRV mit, dass seine Mutter seit Februar vermisst gemeldet sei und bisherige Ermittlungen der Polizei keinen Hinweis auf ihr Verbleiben gegeben hätten. Die DRV zahlte die Rente zwar weiter, wies aber den Kläger darauf hin, dass sie die Rente zurückfordert, sobald deren Tod von Amts wegen festgestellt wird.

Erst im Jahre 2011 wurde die Mutter des Klägers für tot erklärt. Als Zeitpunkt des Todes stellte das Gericht den 28.02.2000 fest. Der Kläger teilte dies der DRV im März 2012 mit.

Mit Schreiben vom 24.04.2012 setzte die DRV den Kläger davon in Kenntnis, dass sie beabsichtige, von ihm als Verfügenden den Betrag von 125.760,48 € zurückzufordern. Seine Mutter sei am 28.02.2000 verstorben. Ein Anspruch auf Rente bestehe bis zum Ablauf des Sterbemonats. Die Zahlung der Rente habe jedoch erst zum 30.04.2012 eingestellt werden können. Daher seien für die Zeit vom 01.03.2000 bis 30.04.2012 gezahlte Geldleistungen in Höhe von 125.760,48 € zu Unrecht erbracht worden.

Hiergegen wendet sich der Kläger u.a. auch mit dem Hinweis auf eine bereits eingetretene Verjährung, da die DRV bereits im Jahre 2000 Kenntnis von dem Todesfall hatte. Im Übrigen stelle § 49 SGB VI keine gesetzliche Grundlage zur Zahlungseinstellung zum Zeitpunkt des Bekanntwerdens der Verschollenheit seiner Mutter dar.

Entscheidungsgründe:

Rechtsgrundlage für den Erstattungsanspruch ist § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI, der Folgendes regelt: Soweit Geldleistungen für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten zu Unrecht erbracht worden sind, sind sowohl die Personen, die die Geldleistungen unmittelbar in Empfang genommen haben oder an die der entsprechende Betrag auf ein Konto weitergeleitet wurde (Empfänger), als auch die Personen, die als Verfügungsberechtigte über den entsprechenden Betrag ein bankübliches Zahlungsgeschäft zulasten des Kontos vorgenommen oder zugelassen haben (Verfügende), dem Träger der Rentenversicherung zur Erstattung des entsprechenden Betrages verpflichtet. Hierzu gehört auch der Kläger.

Durch Beschluss des Amtsgerichts vom 12.12.2011 ist festgestellt worden, dass die Mutter als Rentenberechtigte am 28.02.2000 verstorben ist. Nach § 102 Abs. 5 SGB VI werden Renten bis zum Ende des Kalendermonats geleistet, in dem die Berechtigten gestorben sind. Ein Rentenanspruch der V bestand somit nur bis zum 29.02.2000.

Der Erstattungsanspruch nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI ist auch nicht verjährt. Danach verjähren die Ansprüche in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Träger der Rentenversicherung Kenntnis von der Überzahlung und in den Fällen des Absatzes 4 zusätzlich Kenntnis von dem Erstattungspflichtigen erlangt hat. Kenntnis kann aber in diesen Fällen nur durch amtliche Erklärung erfolgen.

§ 49 SGB VI stellt keine Schutzvorschrift des Verfügenden oder Empfängers dar, um ihn vor einer späteren Erstattungsforderung nach § 118 Abs. 4 SGB VI zu bewahren. § 49 SGB VI berechtigt den Rentenversicherungsträger nicht, den Tod nur festzustellen, um eine Versichertenrente einzustellen.

Der Kläger ist als einziger Verfügungsberechtigter über das Vermögen seiner Mutter verpflichtet, die zu Unrecht erhaltene Rente zurückzuzahlen.

SG Karlsruhe, Urteil vom 22.04.2015 – S 16 R 1372/14

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