Sorgfaltspflichten beim Klettern

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Beim Klettern mit beiderseitiger Absicherung stellt das Auslassen von Zwischensicherungen des statischen Sicherungsgerätes GRIGRI einen Verstoß gegen elementare Grundregel dar und begründet eine Sorgfaltspflichtverletzung (§ 276 Abs. 2 BGB).

OLG Brandenburg, Urt. V. 17.3.2011 - 12 U 82/09

Der Beklagte kletterte die Route Nummer 5 und wurde durch den Kläger mittels des statischen Sicherungsgerätes GRIGRI gesichert. In Höhe der 8 Zwischensicherung stürzte der Beklagte bei dem Versuch, das Seil in die 8 Zwischensicherung einzuklinken, ab und fiel kurz  bis über dem Erdboden. Infolge des Sturzes wurde der Kl. hochgezogen gegen den herabstürzenden Beklagten geschleudert, wobei der Beklagte mit der rechten Seite seines Thorax gegen den Kopf des Klägers aufschlug. Durch den Zusammenprall wurde der Kl. querschnittsgelähmt und schwerwiegend verletzt. Die Parteien streiten darüber, ob der Bekl. dadurch, dass er unstreitige das Seil zuvor nicht in die siebente Zwischensicherung eingehängt hatte, den Unfall kausal verursacht hat, sowie über ein dem Kläger zurechenbares Mitverschulden.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Grundurteil der geltend gemachte Anspruch des Kl. für dem Grunde nach gerechtfertigt erklärt. Die Berufung hatte keinen Erfolg.

Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, stehen dem Kläger gegen den Beklagten dem Grunde nach Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB, § 828 Abs. 2 BGB i.V.m. § 229 StGB zu, denn der Beklagte hat durch Auslassen der siebenten Zwischensicherung am Kletterfelsen eine Pflichtverletzung begangen, die kausal für die beim Kläger eingetretene Rechtsgutsverletzungen (Körperverletzung) und die damit zusammenhängenden weiteren der Höhe nach streitigen Schäden des Kl. geworden ist.

Durch die Nichtnutzung siebenten Zwischensicherung hat der Beklagte in gravierender Weise und schuldhaft gegen die beim Kl. bestehende Sorgfaltspflichten verstoßen, § 276 Abs. 2 BGB.

Wer im Rahmen einer individuellen Sportausübung geschützte Rechtsgüter anderer Personen verletzt, haftet gem. § 823 BGB, wenn er dadurch eine Tätigkeit ausgeübt, durch die andere in besonderer Weise gefährdet werden können, und er nicht die ihm zumutbaren notwendigen Vorkehrungen zu deren Schutz getroffen hat. Hier hat der Beklagte pflichtwidrig die siebente Zwischensicherung nicht eingeklingt. Darin liegt eine Pflichtverletzung, weil der Bekl. notwendige Vorkehrungen sowohl zu seinem Schutz als auch zum Schutz des Klägers nicht getroffen hat somit ein Verstoß gegen die Kletterregeln und die Sorgfaltspflichten vorliegt. Der Bekl. hat bei insgesamt drei Zwischensicherung das Seil nicht eingeklingt und damit das Risiko einer größeren Fallhöhe eines Sturzes in Kauf genommen. Gerade bei der hier angewendeten Körpersicherung bestand ein nicht unerhebliches Risiko, dass im Falle eines Sturzes nicht nur der Bekl., sondern auch der Kl. als Sichernder zu Schaden kommen könnte. Unter Bezugnahme auf die Nummer 3.2 der Benutzerordnung des Deutschen Alpenvereins (DAV), wonach zur Sicherung alle Haken und Umlenkeinrichtungen benutzt werden müssen, wurde ausgeführt, dass diese Regeln vor allem für künstliche Kletteranlagen sehr wichtig sei, weil diese in der Regel über eine geringe lichte Höhe verfügen, so dass alle Zwischensicherung eingehängt werden müssen, um das Risiko, auf den Boden oder auf andere Person zu stürzen, zu minimieren. Gegen diese Regeln hat der Bekl. vorliegend verstoßen.

Bei Toprope- und Zwischensicherung sowie zum Abseilen bzw. Ablassen sind ausschließlich die vorhandenen Regel- bzw. Umlenkhacken zu benutzen. Der Wortlaut („sind ausschließlich zu benutzen") lässt keinen Raum für eine Interpretation dahingehend, dass es zulässig wäre nicht alle Zwischensicherung bzw. Umlenkhacken zu benutzen.

Rechtsanwalt Maximilian Richter


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