Spat – Ist die Rückabwicklung des Pferdekaufvertrages wegen Sachmangels möglich?

  • 3 Minuten Lesezeit

 „Spat“ Mangelhaftigkeit des Pferdes

LG Lüneburg, Urteil vom 16.03.2004, AZ.: 4 O 322/03 

Sachverhalt:

Am 27. Oktober 2002 kaufte der Kläger bei dem Beklagten für seine Tochter eine Stute. Bei einer Ankaufsuntersuchung wenige Tage vor dem Kauf wurden keinerlei gesundheitliche Auffälligkeiten festgestellt. Im März des Folgejahres zeigte das Pferd plötzlich hinten rechts eine Lahmheit. Anlässlich der auftretenden Lahmheit wurde das Pferd tierärztlich untersucht. Am 30.05.2003 stellte der Tierarzt einen Schiefstand des Beckens fest. Auch nach einer vorgenommenen Behandlung trat keine Besserung ein, so dass der Kläger erneut am 30.06.2003 mit der Stute in einer Klinik vorstellig wurde. In der Klinik stellte der behandelnde Tierarzt eine Spaterkrankung der Stute fest. Nach Ansicht des Tierarztes sei davon auszugehen, dass diese Erkrankung bereits seit längerem, jedenfalls aber vor Ablauf der sechsmonatigen Frist und auch schon bei Übergabe vorgelegen habe. 

Daraufhin begehrte der Kläger die Rückabwicklung des Kaufvertrages. 

Exkurs Spat 

Beim Spat handelt es sich um eine Erkrankung des Sprunggelenks bei Pferden. Hierbei verknöchert das Sprunggelenk. Die Beweglichkeit des Sprunggelenks nimmt durch die Verknöcherung ab. Während der Verknöcherungsphase kann es zu schmerzhaften Entzündungen kommen.

Entscheidung des Landgerichts:

Die Klage wurde von dem Gericht als unbegründet abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrages.

Das Gericht begründet seine Entscheidung damit, dass es zum Zeitpunkt der Übergabe nicht feststand, ob das Pferd mangelhaft gewesen sei. Unabhängig davon, ob im vorliegenden Fall die Beweislastumkehr des § 476 BGB überhaupt anwendbar wäre oder nicht, habe sich die Spaterkrankung nicht innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang gezeigt. Das plötzliche Auftreten einer deutlichen Lahmheit spreche gerade dagegen, dass sie auf der später festgestellten Spaterkrankung beruhe. Denn eine solche Spaterkrankung entwickelt sich langsam steigernd. Ergänzend käme hinzu, dass die zuvor behandelnden Tierärzte grade keinen Spat diagnostiziert hätten, obwohl bei einer Lahmheit der Hinterbeine grundsätzlich immer an eine solche Erkrankung zu denken sei. Selbst wenn eine schon im Entstehen begriffene Spaterkrankung dadurch nur überdeckt worden sein sollte, würde es an einem Sich-Zeigen im Sinne des § 476 BGB fehlen.

Mit Sicherheit feststellbar sei auch nicht gewesen, dass die Erkrankung bereits im Zeitpunkt der Übergabe begonnen hatte sich zu entwickeln. Bei der Ankaufsuntersuchung wurde durch Beugeproben gezielt auf solche Symptome untersucht, wobei sich keine Auffälligkeiten gezeigt hatten. Laut des Sachverständigen ist nicht sicher, wann die Veränderungen – gegebenenfalls unerkannt – begannen. Es sei aber damit zu rechnen, dass sich eine solche Erkrankung zwischen 6 und 12 Monaten entwickele. Im vorliegenden Fall wurde die Diagnose „Spat“ allerdings erst acht Monate nach Übergabe gestellt, wodurch unklar ist, in welchem Stadium sich das Pferd zu diesem Zeitpunkt befand. Sollte sich die Krankheit, was nach Ansicht des Sachverständigen möglich ist, nur über einen Zeitraum von sechs Monaten entwickelt haben, dann wäre sie bei Übergabe noch nicht vorhanden gewesen. Der zuvor diagnostizierte Beckenschiefstand könnte indes für eine schnellere Entwicklungsdauer des Spats sprechen.

Selbst wenn die Erkrankung möglicherweise auf einer anlagebedingten Schwäche des Pferdes beruhte, stelle dies keinen Mangel im Sinne des Gesetzes dar. Erstens, weil nicht mit Sicherheit gesagt werden könne, dass eine genetische Prädisposition die einzige verbleibende Ursache für Spat ist, sofern eine übermäßige Belastung ausgeschlossen werden könne. Und zweitens, weil eine entsprechende Veranlagung nicht bedeutet, dass und wann genau die Krankheit überhaupt ausbricht. Eine solche Veranlagung erhöhe nur die Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Pferd an der Krankheit erkranken werde. Dies würde allerdings die vertragliche Verwendung als Reitpferd noch nicht zum Zeitpunkt der Übergabe beeinträchtigen, sondern erst später, falls die Krankheit auftritt. Eine erbliche Krankheitsdisposition eines Pferdes stellt nach Ansicht des Gerichts jedenfalls keine Abweichung von der üblichen Beschaffenheit gemäß § 434 I Satz 2 Nr. 2 BGB dar, weil der Käufer, der ein Lebewesen kauft, mit dem Vorliegen solcher Abweichungen vom Idealzustand rechnen müsse.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Beiträge zum Thema