Spezialgesetzliche Prospekthaftung soll bei ordnungsgemäßer Prospektaufklärung nicht gegeben sein

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Die spezialgesetzliche Prospekthaftung gemäß den § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG in der bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung schließe in ihrem Anwendungsbereich eine gesellschaftsrechtliche Haftung der Gründungs- bzw. Altgesellschafter wegen einer vorvertraglichen Pflichtverletzung aufgrund der Verwendung eines unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Prospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung gemäß § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB (sogenannte Prospekthaftung im weiteren Sinn) nicht aus (Festhaltung an BGH, Urteil vom 9. Juli 2013 - II ZR 9/12, ZIP 2013, 1616 Rn. 26; Urteil vom 9. Juli 2013 - II ZR 193/11 juris Rn. 18; zu § 12 AuslInvestmG: vgl. BGH, Urteil vom 10. April 1978 - II ZR 103/76, WM 1978, 611 f.; Urteil vom 22. März 1982 - II ZR 114/81, BGHZ 83, 222, 227 und Urteil vom 13. September 2004 - II ZR 276/02, so der BGH-Beschluss vom 25.10.2022 - II ZR 22/22.

In dem BGH-Beschluss vom 14.06.2022 -XI ZR 395/21 - war die Prospekthaftung im weiteren Sinne dagegen noch ausgeschlossen worden. Es hieß dort:

Der Vorrang der spezialgesetzlichen Prospekthaftung, den der erkennende Senat auch bereits im Verhältnis zur sogenannten bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne sowie im Verhältnis zur sogenannten Prospekthaftung im weiteren Sinne gemäß § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB für die nach § 127 InvG aF haftende Kapitalanlagegesellschaft und für die Haftung nach § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG aF ausgesprochen habe, beanspruche gleichermaßen Geltung für die spezialgesetzliche Prospekthaftung nach §§ 9, 10, 14 WpPG, nach §§ 20, 21 VermAnlG sowie nach § 306 KAGB (m.w.N.), so der BGH-Beschluss vom 14.06.2022 - XI ZR 395/21.

Aus der Begründung des BGH-Beschlusses vom 14.06.2022 – XI ZR 395/21 –, siehe oben, ergab sich die Ordnungsgemäßheit des Verkaufsprospektes. In derartigen Fällen finde die spezialgesetzliche Haftung ohnehin keine Anwendung, so der BGH-Beschluss vom 25.10.2022 - II ZR 22/22. 

Fazit: Durch die EU-Prospektverordnung, die weitgehend in das WpHG umgesetzt wurde, wurden die Anforderungen an die Risikoaufklärung erhöht. Jeder Risikofaktor muss hiernach angemessen beschrieben werden. Aus der EU-Prospektverordnung können sich auch Ansprüche unter Privaten wegen Verletzung des öffentlichen Rechts ergeben, wodurch der Anwendungsbereich der Prospekthaftung eher noch erweitert worden sein dürfte. Die europäische Prospektverordnung regelt seit dem 21.07.2019 unmittelbar in allen Mitgliedstaaten das einheitliche Publizitätsregime für öffentliche Angebote und die Marktzulassung von Wertpapieren. In der unmittelbaren Wirkung der ProspektVO zeigt sich einer der Unterschiede zur vorherigen ProspektRL und die ProspektVO kann so auch selbstverständlich Rechtswirkungen im Horizontalverhältnis zwischen Privaten entfalten. Die entsprechenden Aufsichtsregeln genießen insoweit auch Schutzwirkungen zwischen den Parteien.



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