Standardisiertes Messverfahren

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Standardisiertes Messverfahren – was ist das, wo kommt es her ?

Ein standardisiertes Messverfahren ist ein durch Normen vereinheitlichtes (technisches) Verfahren, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind (BGHSt 43, 277; OLG Dresden DAR 2005, 226).

Es handelt sich dabei nicht um eine voll automatisierte Messung, bei dem menschliche „Bedienfehler“ (fast) ausgeschlossen sind.

Dies führt, ohne Besonderheiten des konkreten Falles außer Acht zu lassen, dazu, dass sich das Tatgericht auf folgende Feststellungen beschränken kann:

  • gewähltes Messverfahren,
  • das Messergebnis,
  • die gewährte Toleranz (hierauf verzichten die Oberlandesgerichte teils, wenn die Bezeichnung des Messgerätes hinreichend genau ist, sich also hieraus die zu gewährende Toleranz ergibt; gleiches gilt bei Messsystemen, die Toleranzen im System ausreichend enthalten, bspw. VAMA).

Geschwindigkeitsmessungen erfolgen regelmäßig unter Einsatz von technischen Messgeräten.

Diese müssen zum Zeitpunkt der Messung geeicht sein und unterliegen einer Zulassung durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig. Dabei wird die Funktionsweise technisch überprüft. Maßgeblich wird diese auch davon beeinflusst, wie ein Messbeamter das Messgerät konkret zum Einsatz bringt.

Hierfür hat der Hersteller für jeden Gerätetyp eine sogenannte „Bedienungsanleitung“ gefertigt. Somit bezieht sich die durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt erteilte Bauartzulassung also nicht allein auf den Gerätetyp, sondern dies in Verbindung mit der Gebrauchsanweisung des Geräteherstellers zu diesem Gerätetyp.

Erst wenn es im konkreten Einzelfall zu Abweichungen von der Gebrauchsanweisung kommt, handelt es sich in dem konkreten Fall nicht mehr um ein standardisiertes Verfahren. Es stellt dann ein individuelles Verfahren dar, das nicht mehr die Vermutung der Richtigkeit und Genauigkeit für sich in Anspruch nehmen kann.

Geprägt wurde der Begriff des standardisierten Messverfahrens durch den BGH.

Zur ersten Entscheidung kam es am 19.08.1993 (Az. 4 StR 627/92) aufgrund unterschiedlicher Rechtsauffassungen zweier Oberlandesgerichte (§ 79 III OWiG i. V. m. § 121 II GVG):

Hierbei heißt es, dass die amtliche Zulassung von Geräten und Methoden ebenso wie die Reduzierung des gemessenen Wertes um einen – die systemimmanenten Messfehler erfassenden – Toleranzwert den Zweck verfolgt, gerade Ermittlungsbehörden und Gerichte von der Sachverständigenbegutachtung und Erörterung des Regelfalles freizustellen. 

Es entspricht anerkannter Praxis, dass auch im Bereich technischer Messungen Fehlerquellen immer nur dann zu erörtern sind, wenn der Einzelfall dazu Veranlassung gibt. Zwar besteht kein Erfahrungssatz, dass die gebräuchlichen Geschwindigkeitsmessgeräte unter allen Umständen zuverlässige Ergebnisse liefern (Mühlhaus/Janiszewski, Straßenverkehrsordnung,13. Aufl. § 3 Rdn. 76 und 93 m. w. N.).

Der BGH war sich bereits 1993 bewusst, dass Fehler „normal“ und insofern nicht auszuschließen sind; dem sei mit entsprechenden Toleranzen zu begegnen:

Wie bei allen technischen Untersuchungsergebnissen, insbesondere solchen, die in Bereichen des täglichen Lebens außerhalb von Laboratorien durch „angelerntes“ Personal gewonnen werden, ist eine absolute Genauigkeit, d. h. hier eine sichere Übereinstimmung mit der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit, nicht möglich. 

Der Tatrichter muss sich deshalb auch bei der Berücksichtigung der Ergebnisse von Geschwindigkeitsmessgeräten bewusst sein, dass Fehler nicht auszuschließen sind. Den nach den jeweiligen technisch-naturwissenschaftlichen Erkenntnissen möglichen Fehlerquellen hat er durch die Berücksichtigung von Messtoleranzen Rechnung zu tragen (vgl. BGHSt 28, 1, 2).

Daraus folgt bereits schon damals, dass nur bei konkreten Anhaltspunkten von Messfehlern die Zuverlässigkeit der Messung überprüft werden muss (vgl. OLG Hamm NStZ 1990, 546).

Die zweite Entscheidung erging 1997 (BGHSt 43, 277):

Ergänzend prägte der Senat im Hinblick auf o. g. Entscheidung die Definition: Unter einem standardisierten Messverfahren ist vielmehr „ein durch Normen vereinheitlichtes (technisches) Verfahren zu verstehen, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind (vgl. OLG Saarbrücken NZV 1996, 207). 


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