Statusklärung in der Sozialversicherung: Alles auf den Prüfstand!
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Schwarzarbeit, Scheinselbstständigkeit, problematische Werkverträge, illegale Beschäftigung: Alle Formen der Beschäftigung geraten zunehmend in den Blick der Sozialversicherungsträger und Strafverfolgungsbehörden. Nur wer rechtzeitig vorsorgt, kann schlimmeres verhindern.
Die neue Bundesregierung hat die Absicht, die Prüftätigkeiten zu forcieren. Der Koalitionsvertrag der großen Koalition zwischen CDU/CSU und SPD sieht in diesem Zusammenhang u.a. eine Stärkung der Prüfbefugnisse der Finanzkontrolle Schwarzarbeit vor. Damit soll in erster Linie der Missbrauch von Werkverträgen verhindert werden. Zitat: „Rechtswidrige Vertragskonstruktionen bei Werkverträgen zulasten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern müssen verhindert werden. Dafür ist es erforderlich, die Prüftätigkeit der Kontroll- und Prüfinstanzen bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit zu konzentrieren, organisatorisch effektiver zu gestalten, zu erleichtern und im ausreichenden Umfang zu personalisieren, die Informations- und Unterrichtungsrechte des Betriebsrats sicherzustellen, zu konkretisieren und verdeckte Arbeitnehmerüberlassung zu sanktionieren. Der vermeintliche Werkunternehmer und sein Auftraggeber dürfen auch bei Vorlage einer Verleiherlaubnis nicht besser gestellt sein, als derjenige, der unerlaubt Arbeitnehmerüberlassung betreibt. Der gesetzliche Arbeitsschutz für Werkvertragsarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer muss sichergestellt werden."
Quelle: „Deutschlands Zukunft gestalten - Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD - 18. Legislaturperiode" Seite 69
Umfassende Zuständigkeit der FKS
Die zitierte Ankündigung betrifft zwar in erster Linie die speziellen Missbrauchsformen bei der Ausgestaltung von Leih- und Zeitarbeit. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit, eine Abteilung der Zollbehörden und angesiedelt bei den Hauptzollämtern, ist aber für alle Formen der Schwarzarbeitsbekämpfung zuständig, also für Scheinselbstständigkeit im weitesten Sinne. Sollte die Koalition ihre Absicht verwirklichen, ist mit einer verstärkten Prüftätigkeit der FKS nicht nur in Bezug auf Werkverträge, sondern in jeglicher Hinsicht zu rechnen. Dies kann insbesondere auch die Tätigkeit von Einzelunternehmern betreffen, die auf Honorarbasis für Dritte tätig sind und bei denen der Verdacht einer abhängigen Beschäftigung besteht. Jedem, der mit einzelnen Honorarkräften oder selbstständigen (Einzel-)Subunternehmern oder auf Basis von Werkverträgen arbeitet, ist deshalb dringend anzuraten, rechtzeitig eine sozialversicherungsrechtliche Prüfung vornehmen zu lassen. Anderenfalls drohen nicht nur erhebliche Beitragsnachforderungen, sondern im schlimmsten Fall Strafverfahren und Geld- oder sogar Haftstrafen. Denn die FKS unterstützt nicht nur die Sozialversicherungsträger, sondern ist eine Strafermittlungsbehörde.
Selbst das Bundessozialgericht weist in seiner Rechtsprechung regelmäßig darauf hin, dass es im Interesse aller Beteiligten, d. h. nicht nur der Versicherungsträger sondern auch der Versicherten liegt, die Frage der Versicherungspflicht und der Versicherungsfreiheit schon zu Beginn zu klären, weil dies nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflicht von entscheidender Bedeutung ist. Eine rückwirkende Betrachtung sei mit dem Wesen der Sozialversicherung nicht vereinbar.
Bundessozialgericht - 29.08.2012 - B 12 R 14/10 R und 27.7.2011 - B 12 R 15/09 R
Drei Wege zur Statusklärung
Eine gesetzliche Verpflichtung, die Statusklärung durchzuführen, gibt es bislang nicht. Da die Unternehmen die sozialversicherungsrechtlichen Feinheiten oftmals jedoch nicht überblicken (können), empfiehlt es sich, bestehende Vertragsbeziehungen prüfen zu lassen. Hierfür gibt es drei Verfahren:
- Zum einen besteht seit langem die sog. Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund in Berlin. Sie hat die gesetzliche Aufgabe, zu entscheiden, ob ein Auftragnehmer im Einzelfall selbständig oder im Rahmen eines abhängigen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses tätig ist. Sie wird nur auf Antrag tätig.
- Daneben ist der Betriebsprüfdienst der Deutschen Rentenversicherung im Rahmen der regelmäßigen Prüfungen nach § 28p SGB IV für die Beurteilung der Beschäftigungsverhältnisse zuständig.
- Außerdem entscheiden auch die Einzugsstellen der gesetzlichen Krankenkassen über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 28h Abs. 2 SGB IV).
Die Verfahren sind rechtlich gleichrangig. Zuständig ist diejenige Dienststelle, die als erste mit dem jeweiligen Fall befasst ist.
- Weitere Informationen speziell zur Clearingstelle und zum einschlägigen Antragsfragebogen V027 hier: http://www.anwalt.de/rechtstipps/scheinselbstaendigkeit-statusfeststellung-clearingstelle-formular-v_026197.html
- Informationen zur Bedeutung der einzelnen Prüfverfahren hier: http://www.anwalt24.de/beitraege-news/fachartikel/statusklaerung-welche-pruefverfahren-gibt-es
Wir sind langjährig erfolgreich in Behörden- und Gerichtsverfahren tätig (Betriebsprüfungen, Beitragsverfahren der Berufsgenossenschaften, Anfrageverfahren (Statusklärung bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund in Berlin), Strafverteidigung wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt) und können zuverlässig einschätzen, worauf die Prüfer bei einzelnen Berufsgruppen achten. Wir formulieren gerne auch im Hintergrund, ohne nach außen aufzutreten, Anträge an die Clearingstelle und beraten beim Ausfüllen aller Fragebögen, insbesondere V027.
Dieser Beitrag dient zur allgemeinen Information und entspricht dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Eine individuelle Beratung wird dadurch nicht ersetzt. Jeder einzelne Fall erfordert fachbezogenen Rat unter Berücksichtigung seiner konkreten Umstände. Ohne detaillierte Beratung kann keine Haftung für die Richtigkeit übernommen werden. Vervielfältigung und Verbreitung nur mit schriftlicher Genehmigung des Verfassers.
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