Steuerhinterziehung: Wir klären die 5 wichtigsten Fragen!

  • 7 Minuten Lesezeit

Steuerhinterziehung ist durch die Berichterstattung über Cum-Ex-Geschäfte, den Ankauf von Steuersünder-CDs, die Pandora Papers oder die Panama Papers in aller Munde. Dabei muss es sich nicht um Millionenbeträge handeln, damit Steuerhinterziehung strafbar ist und spürbare Konsequenzen nach sich zieht. Auch wenn das Strafmaß u.a. von der Höhe der hinterzogenen Steuern abhängt, ist Steuerhinterziehung für jeden möglich.

Hat man einmal trotz Verpflichtung keine Steuererklärung abgegeben oder Einkünfte nicht vollständig deklariert, befindet man sich bereits im Bereich der Steuerhinterziehung. Steuerpflichtige sollten sich daher genau über ihre Pflichten informieren und sich bewusst sein, dass die Finanzbehörden durch vielfältige Abfragemöglichkeiten und Datenaustausch über viele Daten verfügen.

Wann eine Steuerhinterziehung vorliegen kann, welche Strafen drohen und warum es sinnvoll ist, sich von einem auf Steuerstrafrecht spezialisierten Rechtsanwalt beraten und vertreten zu lassen, erläutern wir in diesem Beitrag.

Übersicht:

  1. Was ist Steuerhinterziehung?
  2. Ist es eine Steuerhinterziehung, wenn man keine Steuererklärung abgibt?
  3. Wann liegt eine besonders schwere Steuerhinterziehung vor?
  4. Welche Strafe droht bei Steuerhinterziehung?
  5. Wie kann eine Anwältin für Steuerstrafrecht / Strafverteidigerin helfen?
  6. Fazit

Was ist Steuerhinterziehung?

Kein Steuerzahler und kein Unternehmen möchte unnötig hohe Steuern zahlen. Deshalb ist es grundsätzlich legitim, steuerliche Regelungen zu nutzen, die dazu führen, möglichst wenig Steuern zu zahlen. Derartige Handlungen sind regelmäßig nicht strafbar.

Wird jedoch versucht, die eigene Steuerlast durch illegale Mittel, wie z.B. die falsche Angabe der eigenen Einkünfte, ungerechtfertigt zu mindern, so wird dies rechtlich sanktioniert. Dem Staat und damit der Allgemeinheit entsteht durch solche illegalen Handlungen ein Schaden in Form von Steuermindereinnahmen.

Das geschützte Rechtsgut im Falle der Steuerhinterziehung ist daher die Sicherung des Steueranspruchs des Staates, oder einfacher ausgedrückt, die Allgemeinheit hat ein gesteigertes Interesse daran, dass das Aufkommen der einzelnen Steuern rechtzeitig und in voller Höhe von den Steuerpflichtigen aufgebracht wird.

Ein diesem Schutzgut zuwiderlaufendes Verhalten eines Steuerpflichtigen wird in unterschiedlichen Ausprägungen als Steuerhinterziehung sanktioniert.

Steuerhinterziehung nach § 370 AO

Die Steuerhinterziehung ist der zentrale Straftatbestand des Steuerstrafrechts. Als Straftatbestand findet sich die Steuerhinterziehung nicht im Strafgesetzbuch, sondern in § 370 der Abgabenordnung (AO). Steuerhinterziehung ist eine Straftat und keine Ordnungswidrigkeit.

Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung kennt drei Erscheinungsformen:

  • Steuerpflichtige machen gegenüber den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO).
  • die Finanzbehörden werden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO)
  • jemand verwendet pflichtwidrig keine Steuerzeichen oder Steuerstempler (§ 370 Abs. 1 Nr. 3 AO)

Durch diese Tathandlungen muss es zu einer Steuerverkürzung gekommen sein oder es wurde ein steuerlicher Vorteil erlangt, der nicht gerechtfertigt war. Da die Steuerhinterziehung kein Erfolgs-, sondern ein Gefährdungsdelikt ist, liegt auch dann eine Steuerverkürzung vor, wenn der Steueranspruch des Staates lediglich gefährdet ist.

TATHANDLUNGEN DER STEUERHINTERZIEHUNG NACH § 370 ABS. 1 AO

Die unrichtige oder unvollständige Angabe von steuererheblichen Tatsachen(§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) ist der Hauptanwendungsfall der Steuerhinterziehung und kann von jedermann begangen werden. Die Steuerhinterziehung wird dabei durch aktives Tun begangen, indem z.B. ein Teil der Einkünfte nicht oder nicht in der richtigen Höhe erklärt wird.

Das pflichtwidrige Unterlassen der Angabe steuererheblicher Tatsachen(§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) stellt den zweiten Hauptanwendungsfall dar. Diese Variante ist durch ein pflichtwidriges Unterlassen gekennzeichnet. Ist man z.B. zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet und kommt dieser Verpflichtung nicht nach, so kann diese Erscheinungsform der Steuerhinterziehung verwirklicht sein.

Eine Steuererklärungspflicht besteht z.B. bei einer Erbschaft und dem Anfallen von Erbschaftssteuer. Ebenso können Arbeitnehmer zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet sein, wenn sie z. B. mehr als 410 Euro Kurzarbeitergeld oder Krankengeld bezogen haben, eine Abfindung erhalten haben oder das Finanzamt aus anderen Gründen zur Abgabe einer Steuererklärung auffordert.

Bei § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO – Nichtverwendung von Steuerzeichen – handelt es sich nur noch um eine Spezialvorschrift im Zusammenhang mit Tabaksteuerzeichen – den Steuerbanderolen, z. B. bei Zigaretten.

TATERFOLG DER STEUERHINTERZIEHUNG

Die Steuerhinterziehung verlangt den Taterfolg der Steuerverkürzung oder der rechtswidrigen Erlangung von Steuervorteilen. Das Gesetz konkretisiert dies in § 370 Abs. 4 AO. Eine Steuerverkürzung liegt danach vor, wenn die Steuer nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt worden ist. Der Umfang der Steuerverkürzung wird durch einen Vergleich zwischen der tatsächlich festgesetzten, aber unrichtigen Steuer und der bei wahrheitsgemäßen Angaben geschuldeten Steuer ermittelt.

Was unter einem zu Unrecht erlangten Steuervorteil zu verstehen ist, ist nicht ohne weiteres erkennbar oder in der Abgabenordnung definiert. Ein Steuervorteil ist z.B. die Gewährung von Kindergeld, des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, eines Lohnsteuerabzugsmerkmals und der sich daraus ergebende Steuerfreibetrag (z.B. bei der Pendlerpauschale), einer Steuerbefreiung oder die Stundung einer Steuer. Immer dann, wenn diese Steuervorteile zu Unrecht erlangt werden, d.h. dem Steuerpflichtigen rechtlich nicht zustehen, ist die Tat vollendet.

IST ES EINE STEUERHINTERZIEHUNG, WENN MAN KEINE STEUERERKLÄRUNG ABGIBT?

Für die meisten Arbeitnehmer gibt es keine Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung. Es ist zwar dann möglich, eine solche Steuererklärung abzugeben, und zumeist auch sinnvoll, aber Arbeitnehmer müssen dies nicht.

Es gibt allerdings auch Fälle, in denen Arbeitnehmer zur Abgabe der Einkommensteuererklärung verpflichtet sind. Dies ist z. B. der Fall wenn mehr als 410 Euro Lohnersatzleistungen in einem Steuerjahr bezogen wurden (Kurzarbeitergeld, Krankengeld, ALG, etc.), der Arbeitnehmer Einkünfte z. B. aus Vermietung hat, wenn Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) in der elektronischen Lohnsteuerkarte eingetragen sind, man mehrere Arbeitgeber hat oder das Finanzamt aus sonstigen Gründen zur Abgabe auffordert.

Kommt man dieser Pflicht nicht nach, kann dies zu Schätzungsbescheiden kommen und letztlich auch dem Straftatbestand der Steuerhinterziehung unterfallen.

WANN LIEGT EINE BESONDERS SCHWERE STEUERHINTERZIEHUNG VOR?

Steuerhinterziehung kann auch in besonders schwerer Form begangen werden. Hierzu enthält § 370 Abs. 3 AO mehrere sog. Regelbeispiele, die zu einer Strafschärfung führen. Nach Nr. 1 kommt es für das Vorliegen eines besonders schweren Falles auf die Höhe des Steuerschadens an.

Die AO definiert diese Höhe jedoch nicht, so dass die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs maßgeblich ist. Der Bundesgerichtshof hat festgelegt, dass ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung vorliegt, wenn das Ausmaß der Steuerverkürzung mehr als 50.000 Euro beträgt.

WELCHE STRAFE DROHT BEI STEUERHINTERZIEHUNG?

Das Gesetz sieht für eine einfache Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 AO eine Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahrenoder eine Geldstrafe vor. Liegt eine besonders schwere Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 3 AO vor, beträgt der Strafrahmen Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren. Die Möglichkeit einer Geldstrafe sieht das Gesetz in § 370 Abs. 3 AO nicht mehr vor.

Grundsätzlich ist der Strafrahmen bei Steuerhinterziehung durch die Höhe des Steuerschadens bestimmt. Je höher der Hinterziehungsbetrag ist, desto höher fällt die Geldstrafe aus bzw. desto eher kommt eine Freiheitsstrafe in Betracht. Ist der Steuerschaden gering, muss ein Steuersünder in aller Regel nicht befürchten, ins Gefängnis zu kommen

Bei hinterzogenen Steuern bis zu 50.000 Euro wird es in der Regel bei einer Geldstrafe bleiben. Beträgt der Steuerschaden mehr als 50.000 Euro, aber weniger als eine Million Euro, kommt eine Freiheitsstrafe in Betracht, die oftmals noch zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Bei mehr als einer Million Euro hinterzogener Steuern wird in aller Regel eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung verhängt.

Die Höhe der Strafe hängt jedoch vom Einzelfall ab. Strafschärfende und strafmildernde Umstände im Einzelfall können das Strafmaß positiv oder negativ beeinflussen. Auch der Versuch der Steuerhinterziehung ist strafbar.

WIE KANN EINE ANWÄLTIN FÜR STEUERSTRAFRECHT / STRAFVERTEIDIGERIN HELFEN?

Ein Anwalt für Strafrecht kann durch Einsicht in die Ermittlungsakte, über die Handlungsmöglichkeiten aufklären. Oftmals kann ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung durch einen Verteidiger noch zur Einstellung gebracht werden. Voraussetzung dafür ist, dass der Steuerschaden beglichen wird. 

Im Steuerstrafrecht gibt es zudem die Möglichkeit der Selbstanzeige. Durch das vollständige Offenlegen und Nachmelden aller verschwiegenen oder unrichtig angegebenen steuererheblichen Tatsachen kann eine Strafe wegen Steuerhinterziehung damit abgewendet werden. Allerdings unterliegt die Selbstanzeige strengen Voraussetzungen – vor allem in Bezug auf die Vollständigkeit und ist nur bei einer Steuerhinterziehung bis 25.000 Euro möglich. Zudem darf noch kein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung eingeleitet worden sein.

Sollten Sie sich einer Steuerhinterziehung bewusst sein und möchten zur Steuerehrlichkeit zurückkehren, bevor es zu einem Steuerstrafverfahren kommt, sollten Sie unbedingt einen Anwalt für Steuerstrafrecht kontaktieren und niemals auf eigene Faust eine Selbstanzeige versuchen. Unterläuft dabei nämlich ein Fehler, erlischt die strafbefreiende Wirkung und trotz Selbstanzeige muss dann mit der vollen Strafe für die Steuerhinterziehung gerechnet werden.

FAZIT:

  • Steuerhinterziehung bezieht sich auf illegale Handlungen, die darauf abzielen, die eigene Steuerlast zu reduzieren, indem keine oder falsche Angaben gemacht oder steuerlich erhebliche Tatsachen verschwiegen werden.
  • Die Steuerhinterziehung ist strafbar und wird in § 370 der Abgabenordnung (AO) geregelt, nicht im Strafgesetzbuch.
  • Es gibt drei Hauptformen der Steuerhinterziehung: unrichtige Angaben, pflichtwidriges Verschweigen von Informationen und die nicht pflichtgemäße Verwendung von Steuerzeichen.
  • Der Taterfolg bei Steuerhinterziehung besteht in der Steuerverkürzung oder dem rechtswidrigen Erlangen von Steuervorteilen.
  • Die Strafen für Steuerhinterziehung können von Geldstrafen bis zu Freiheitsstrafen reichen, abhängig von der Höhe des Steuerschadens und anderen Umständen. Eine Selbstanzeige ist unter bestimmten Bedingungen möglich, um Strafen zu vermeiden, erfordert jedoch sorgfältige rechtliche Beratung.

Wurden Sie mit dem Verdacht der Steuerhinterziehung konfrontiert?

Wir verfügen über das erforderliche Fachwissen und die Erfahrung auf diesem komplexen Gebiet, schützen Ihre Rechte und verteidigen Ihre Interessen gerichtlich und außergerichtlich. Kontaktieren Sie uns jederzeit gerne!

HAIDER Rechtsanwälte GbR
Erzgießereistr. 2
80335 München

Tel. 089 523 88 0 88

E-Mail: mail@haider.legal

Web: https://haider.legal/

Foto(s): designer491 | Canva.com

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Verteidigerin Dr. Jasmin Haider Maître en droit

Beiträge zum Thema