Steuernachzahlung: Verfassungsrechtliche Zweifel an der Zinshöhe bereits ab 2014

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Die Niedrigzinsphase dauert an. Dennoch sieht § 238 Abs.1 Abgabenordnung (AO) 0,5 % Zinsen je Monat für Steuernachforderungen vor (233a AO). Das FG Münster hat ernstliche Zweifel an der Höhe des Zinssatzes für Aussetzungszinsen von jährlich 6 % für Zeiträume ab 2014 geäußert (9 V 2360/18 E von 31.08.2018).

Das Finanzamt hatte die Vollziehung von Einkommensteuernachforderungen gegenüber den Antragstellern ausgesetzt. Die Aussetzung lief aufgrund eines Klageverfahrens, das sich nach Zurückverweisung durch den BFH über zwei Rechtsgänge erstreckte über mehrere Jahre und führte zur Festsetzung von Aussetzungszinsen in Höhe von mehr als 60.000 Euro. Hiergegen legten die Antragsteller Einspruch ein und beantragten die Aussetzung der Vollziehung. Das Finanzamt entsprach dem Antrag im Hinblick auf den BFH-Beschluss vom 25.04.2018 (Az.: IX B 21/18) nur für Zeiträume des Zinslaufes ab dem 01.04.2015 und lehnte ihn im Übrigen ab. Mit ihrem gerichtlichen Aussetzungsantrag machten die Antragsteller geltend, dass die Zinshöhe von 6 % pro Jahr auch für frühere Zeiträume realitätsfern bemessen sei.

Das FG Münster hat dem Antrag teilweise stattgegeben.

Nach Auffassung des Finanzgerichts ist auch für den Zeitraum vom 01.01.2014 bis zum 31.03.2015 ernstlich zweifelhaft, ob die Zinshöhe von 0,5% pro Monat dem allgemeinen Gleichheitssatz und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht, denn bereits im Jahr 2014 hat sich die lang andauernde Niedrigzinsphase ernstlich verfestigt. Das FG Münster setzte jedoch für diesen Zeitraum die Vollziehung des Zinsbescheides nicht vollständig aus, sondern nur, soweit der Zinssatz die Schwelle von jährlich 3 % (gleich 0,25 % pro Monat) überstiegen habe. Auch in einer Niedrigzinsphase sei ein vollständiger Verzicht auf die Erhebung von Aussetzungszinsen nicht geboten.

Für Zeiträume bis einschließlich 2013 bestünden dagegen keine hinreichend gewichtigen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zwar dürfte der Zinssatz jedenfalls für 2013 oberhalb der Bandbreite eines realitätsgerechten Spektrums liegen, dem Gesetzgeber sei aber ein gewisser Beobachtungszeitraum zuzubilligen.

Die vom FG Münster zugelassene Beschwerde ist beim BFH unter dem Aktenzeichen VIII B 128/18 anhängig.

Für Zeiträume ab April 2015 gewähren die Finanzämter nach einer Anweisung des Bundesfinanzministeriums ab sofort Aussetzung der Vollziehung von Zinsfestsetzungen. Als Voraussetzung muss Einspruch gegen die Zinsfestsetzung eingelegt und die Aussetzung beantragt werden. Für Zeiträume davor bleibt es bei der bisherigen Verwaltungspraxis, nur bei unbilliger Härte Aussetzung der Vollziehung zu gewähren.

Quelle: Juris & Newsletter FG Münster


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