Strafbarkeit von Drogendelikten – ein kurzer Praxisleitfaden am Beispiel Cannabis

  • 4 Minuten Lesezeit

Als Strafverteidiger denke ich mir gelegentlich: Mann, hätte sich der Mandant vorher nur kurz informiert, dann hätte er vielleicht nicht gleich die schlimmstmögliche Variante seiner Straftat begangen und sich so ein paar Jahre Knast gespart.

Zu diesem Artikel hat mich ein Fall inspiriert, in dem ich kürzlich vor der Jugendkammer am Landgericht Regensburg verteidigt habe. In der Presse wurde über diesen Fall berichtet („Kiffer mit der Machete“).

Der Einstieg ins Drogengeschäft:

Ein 14-jähriger Schüler, nennen wir ihn Peter, möchte sein spärliches Taschengeld aufbessern. Als großer Fan der Serie „Breaking Bad“ kommt er auf die glorreiche Idee, sich als Drogendealer selbständig zu machen, mit einer Spezialisierung auf Cannabisprodukte.

Er fängt also an, in seinem Umfeld mit kleinen Mengen im Bereich von 1 – 20 Gramm Marihuana zu dealen, und ist damit sehr erfolgreich, so dass er sein Geschäft langsam ausweitet.

Wenn er jetzt erwischt würde, dann droht ihm eine Anklage nach § 29 I Nr. 1 BtMG. Der Strafrahmen liegt hier bei Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe. Allerdings hätte Peter hier noch Glück, denn dieser Strafrahmen gilt nur für Erwachsene. Für ihn käme hier noch Jugendstrafrecht zur Anwendung. Je nachdem, mit welcher Menge er dann erwischt wird und wie viele Fälle aufgedeckt werden, hat er hier noch eine gute Chance, ohne eine Jugendstrafe davonzukommen, also z.B. nur Sozialstunden aufgebrummt zu bekommen.

Der fortgeschrittene Drogendealer:

Peter hat aber Glück. Er wird nicht erwischt. Inzwischen ist er 19 Jahre alt. Da die Geschäfte immer besser laufen, steigert er auch nach und nach die Menge an Marihuana, mit der er handelt. Eben hat er erfolgreich ein Drogengeschäft mit 160 Gramm Marihuana abgewickelt.

Wenn er jetzt erwischt würde, dann droht ihm eine Anklage nach § 29 a I Nr. 2 BtMG. Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Der Strafrahmen liegt hier im Erwachsenenstrafrecht bei Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr. Eine Geldstrafe gibt es nicht mehr.

Da Peter inzwischen Heranwachsender ist, gilt für ihn nicht mehr automatisch Jugendstrafrecht, sondern das muss erst anhand verschiedener Kriterien geprüft werden, z.B. ob es sich nach den Umständen der Tat noch um eine Jugendverfehlung handelt.

Wo liegt denn die Grenze, also wann spricht man von einer nicht geringen Menge?

Die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) hat die Grenze zur nicht geringen Menge bei 7,5 Gramm Tetrahydrocannabinol festgelegt.

Haben wir zumindest durchschnittliche Qualität im unteren Bereich mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 5 % Tetrahydrocannabinol (davon geht die Staatsanwaltschaft üblicherweise aus, wenn die Drogen nicht sichergestellt werden konnten und damit nicht analysiert werden konnten), dann entsprechen 160 Gramm Marihuana von dieser Qualität 8 Gramm Tetrahydrocannabinol; wir sind dann also knapp über der Grenze.

Der Profi-Drogendealer:

Peter ist inzwischen 22 Jahre alt. Dass für ihn inzwischen zwingend Erwachsenenstrafrecht gilt, interessiert ihn nicht, da er noch nie erwischt wurde. Leider ist es ihm nicht gelungen, sich von seinem Produkt fernzuhalten, sondern er ist inzwischen selbst sein bester Kunde und klar abhängig von Cannabis.

Sein Drogen- und auch sein Geldvorrat ist aufgebraucht, aber er hat hohen Suchtdruck, also muss schnell Nachschub her. Über eine Bekannte erfährt er von Erwin, der in der Nähe wohnt. Erwin ist erst 14 Jahre alt, aber schon ins mittlere Management im Drogenhandel aufgestiegen. Peter nimmt telefonisch Kontakt mit Erwin auf und vereinbart mit ihm ein Drogengeschäft. Erwin besorgt ihm 200 Gramm Marihuana (mit kleineren Mengen gibt sich Erwin gar nicht erst ab) und bekommt dafür 1.800 €. So wird es zumindest ausgemacht.

Tatsächlich hat Peter aber ja kein Geld mehr, also gar nicht vor, Erwin für die Drogen zu bezahlen. Er will sie ihm mit Gewalt wegnehmen. Damit das sicher klappt, trommelt Peter seine 4 Kumpels Arthur, Stefan, Dieter und Günter zusammen. Günter ist ihr Fahrer (Peter hat keinen Führerschein), Arthur besorgt auf dem Weg zu Erwin noch eine Machete und eine Pistole.

Am vereinbarten Treffpunkt angekommen, schaffen es Peter und seine 4 Kumpels, dem Erwin die 200 Gramm Marihuana mit Gewalt abzunehmen. Hierfür wird die mitgebrachte Machete eingesetzt, indem Arthur dem Erwin damit mehrfach in die Hand schneidet und Dieter bedroht Erwin zusätzlich zur Absicherung mit der Pistole.

Danach flüchten sie. Dummerweise hat Peter aber nicht bedacht, dass Erwin ja seine Handynummer hat. So dauert es nicht lange, bis er geschnappt wird und in Untersuchungshaft landet.

Peter wird nun angeklagt.

Folgende Straftaten werden ihm vorgeworfen:

1. Schwerer Raub, § 250 II Nr. 1 StGB. Es drohen ihm mindestens 5 Jahre Freiheitsstrafe.

2. Unerlaubtes bewaffnetes Sichverschaffen von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, § 30 a II Nr. 2 BtMG. Auch dafür drohen ihm mindestens 5 Jahre Freiheitsstrafe.

3. Gefährliche Körperverletzung, § 224 StGB. Dafür drohen ihm 6 Monate bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe.

Zwar hat Peter selbst weder die Machete noch die Pistole eingesetzt, aber er wird als Drahtzieher und damit Mittäter angeklagt.

Dadurch, dass die Drogen mit Gewalt weggenommen werden, wird es zum Raub. Da aber dazu die Machete und die Pistole nicht nur mitgeführt, sondern auch eingesetzt werden, wird es zur schlimmsten Variante des schweren Raubes.


Ich hoffe, dieser Artikel trägt dazu bei, dass Sie Ihre Karriere als Drogendealer gar nicht erst starten. Falls es dafür aber zu spät ist und Sie erwischt wurden, dann helfe ich Ihnen gerne als Strafverteidiger weiter.

Sie sollten bei der Festnahme keinerlei Aussage machen und mich dann sofort kontaktieren. Wenn Sie in Untersuchungshaft kommen, dann steht Ihnen ein Pflichtverteidiger zu.


Rechtsanwalt Dominik Ruf


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dominik Ruf

Beiträge zum Thema