Strafrecht: Richtiges Verhalten im Ermittlungsverfahren.

  • 4 Minuten Lesezeit

Sie glauben, Sie werden niemals unschuldig einer Straftat verdächtigt? Sie glauben, Sie haben nichts zu verbergen? Sie glauben, Offenheit den Strafverfolgungsbehörden gegenüber ist immer gut? Dann haben Sie schon verloren.

Die Strafverfolgungsbehörden wollen eine Tat einem Täter zuordnen. Sie haben nicht das Ziel, Sie zu entlasten, sondern den Strafverfolgungsanspruch des Staates durchzusetzen.

Die Ermittlungstätigkeit. 

Unter Ermittlungen versteht man die Durchführung von Beweiserhebungen. Dazu gehören insbesondere Vernehmungen von Zeuginnen und Zeugen, zu denen auch die durch die angezeigte Tat Verletzten gehören, die Sicherung aller Spuren am Tatort und aller sonstigen Beweismittel. Dazu gehört auch die körperliche Untersuchung (Blutprobe, DNA oder die Abnahme von Fingerabdrücken). Derartige Ermittlungshandlungen nimmt die ermittelnde Staatsanwaltschaft entweder selbst vor, oder beauftragt eine der übrigen Strafverfolgungsbehörden, insbesondere die Polizei. Der von der Staatsanwaltschaft geprüfte Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage wegen einer Straftat, also ob gegen einen Beschuldigten ein gerichtliches Hauptverfahren eingeleitet wird, weist geringere Hürden auf, als man denkt. 

In der Regel erhalten Sie die Mitteilung, daß Ihre Vernehmung als Beschuldigter  „erforderlich“ sei. Dem ist jedoch nicht so. Sie müssen bei der Polizei nicht erscheinen.

Die drei absoluten Grundregeln: Schweigen, Anwalt, Akteneinsicht.

Nehmen Sie umgehend Kontakt zu einem Strafverteidiger auf. Sparen Sie an ihrem Anwalt zuletzt. Guter Rat ist teuer. Gar kein Rat kann noch teurer werden. Ihr Strafverteidiger stellt die "Waffengleichheit" im Verfahren her und setzt Ihre Beschuldigtenrechte durch. Erst nach Akteneinsicht kann die angezeigte Verteidigungsstrategie mit dem Mandanten besprochen und ggf. auf eine Einstellung des Verfahrens hingewirkt werden.

Sprechen Sie insbesondere bei schwerwiegenden  Tatvorwürfen mit niemandem außer mit Ihrem Verteidiger über den Sachverhalt. Im sozialen Leben sind Sie vorverurteilt, wenn gegen Sie ermittelt oder gar Anklage erhoben wird. Die sog. Unschuldsvermutung ist nichts wert. Insbesondere die öffentliche Anklage, die der Wahrheitsfindung und der Rechtsstaatlichkeit dienen soll, ist für Ihre Reputation schädlich.

Wer sich rechtfertigt, klagt sich an.

Ihr Schweigerecht ist eines Ihrer wesentlichen Verfahrensrechte als Beschuldigter. Sie müssen dies nicht begründen und dies darf Ihnen auch nicht zu Ihren Lasten ausgelegt werden. Sie müssen lediglich Angaben zu Ihren Personalien machen. Gehen Sie niemals ohne Ihren Strafverteidiger zu einer Vernehmung oder erkennungsdienstlichen Maßnahme, z.B. der Polizei. Das Recht zu schweigen ist rechtsstaatlich ebenso essenziell wie das Recht auf Anhörung. Bei der ersten Vernehmung sind dem Beschuldigten kaum Ermittlungsergebnisse bekannt. Alles, was jetzt gesagt wird, befindet sich erst mal in der Akte. Allzu leicht kann gerade hier ein Anfangsverdacht erhärtet, oder erst geschaffen oder sogar weitere Straftatbestände offenbart werden (Sog. überschießendes Geständnis).

Ihr Verhalten im Ermittlungsverfahren bestimmt wesentlich den Gang des Hauptverfahrens.

Im Falle einer Festnahme beharren Sie auf Ihrem Recht, einen Verteidiger zu beauftragen. Dieses Recht haben Sie in jedem Verfahrensstadium. Man muss Ihnen die Möglichkeit geben, sich mit einem Rechtsanwalt in Verbindung zu setzen.

Im Falle einer Durchsuchung kontaktieren Sie möglichst umgehend Ihren Verteidiger. Unterschreiben Sie nichts und geben Sie keine Sachen freiwillig heraus. Seien sie freundlich, aber unterlassen Sie "Small-Talk" mit den ermittelnden Personen. Auch sog. "informelle" Mitteilungen an Polizeibeamte und andere ermittelnde Personen können gegen sie verwendet werden und erscheinen regelmäßig in der Akte. 

Der Strafbefehl.

Oft beantragt die Staatsanwaltschaft beim zuständigen Gericht einen Strafbefehl. Damit endet das Ermittlungsverfahren. Das Strafbefehlsverfahren ist ein vereinfachtes Verfahren. Ein Erkenntnisverfahren mit Beweisaufnahme findet nicht statt. Es handelt sich lediglich um ein summarisches Verfahren.

Die Besonderheit des Strafbefehlsverfahrens liegt darin, dass es zu einer rechtskräftigen Verurteilung ohne mündliche Hauptverhandlung führen kann. Die Schuld des Täters muss dabei nicht zur Überzeugung des Gerichts feststehen, sondern es genügt ein hinreichender Tatverdacht. Entschieden wird vornehmlich nach Aktenlage. Oft ist es erforderlich,  Akteneinsicht zu beantragen und Einspruch einzulegen.

Einspruchsrist beachten.

Hier laufen kurze Fristen. Wenn Sie einen Strafbefehl erhalten haben, müssen Sie schnell handeln. Verstreicht die gesetzliche Frist, wird der Strafbefehl rechtskräftig – damit sind jegliche Aussichten auf Strafmilderung oder Straffreiheit verloren. Der Einspruch muss innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Strafbefehls eingelegt werden. Die Frist beginnt, sobald der Strafbefehl in den sog. Machtbereich des Empfängers gelangt, also in den Briefkasten eingeworfen wird. Auf der gelben Postzustellungsurkunde (PZU) notiert der Zusteller das Einwurfdatum. Dieses Dokument müssen Sie verwahren.

Zurücknehmen oder auf die Rechtsfolgen beschränken können Sie den Einspruch immer noch. Dies muß im Lichte beurteilt werden, ob die Durchführung einer Hauptverhandlung Sinn macht.


Rechtsanwalt Holger Hesterberg

Bundesweite Tätigkeit. Mitgliedschaft im Deutschen Anwaltverein.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Holger Hesterberg

Beiträge zum Thema