Strafvollstreckungskammer des LG Regensburg stärkt Grundrechte von Inhaftierten

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Innerhalb kurzer Zeit zwei beachtliche Entscheidungen

Mit zwei Entscheidungen hat die Kleine Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg die Rechte von Inhaftierten gestärkt. Mag der Beschluss vom 15. Februar 2022 (SR StVK 654/19) noch etwas zum Schmunzeln animieren, so bietet der aktuellere vom 5. April 2022 (SR StVK 136/22) durchaus beachtliches Potential.

Der Wellensittich 

Bereits Anfang 2021 hat man in der Sache SR StVK 654/19 zugunsten eines Sicherungsverwahrten erstmals entschieden, dass auf die Haltung von Tieren Art. 17 BaySvVollzG über den Besitz von Gegenständen anzuwenden sei und, soweit der "angemessene Umfang" nicht überschritten ist und kein Versagungsgrund vorliegt, besteht ein Anspruch auf die beantragte Genehmigung der Tierhaltung besteht. Der Antragsteller begehrte die Haltung eines Wellensittichs. diese wurde offenbar dann doch versagt, weswegen ein reichliches Jahr später unter Aufhebung eines entgegenstehenden Bescheids der JVA diese verpflichtet worden ist, dem Sicherungsverwahrten die Haltung eines auf Chlamydien, Psittakose und Salmonellen negativ getesteten Wellensittichs sowie den Besitz des dafür notwendigen Käfigs nebst Ausstattung zu gestatten.

Umfangreich setzt sich die Kammer in ihrer Begründung damit auseinander, dass der Gesetzgeber das Halten von Tieren nicht ausdrücklich untersagt habe. Beachtenswert ist, dass die Kammer dem Antragsteller einen Anspruch auf die Haltung des Wellensittichs zusprach, da es eine Ermessensreduzierung auf Null sieht, sodass die JVA im konkreten Fall eine gebundene Entscheidung zu treffen habe. Im Detail spielten verschiedene Sicherheitsaspekte, wie sie Art. 17 Abs. 2 Nr. 1 BaySvVollzG als möglichen Ausschlussgrund vorsieht, eine Rolle. Dabei wurden sowohl gesundheitliche Gründe (Erkrankung, Allergie etc.), mögliche Geruchs- oder Geräuschbelästigungen, als auch die Möglichkeit, den Käfig als Versteck nutzen zu können, thematisiert. Lesenswert!

E-Mail-Adresse

Mit der zweiten Entscheidung wurde einem Gefangenen der Anspruch auf Einrichtung und Nutzung einer E-Mail-Adresse zwar nicht zugesprochen, die JVA jedoch unter Aufhebung ihres entgegenstehenden Bescheids verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Beachtlich dabei ist, dass die Kammer diese Entscheidung in Bayern, einem der Länder, dasweiterhin gegen einen Internetzugang für Gefangene ist, getroffen hat. 

Herausgearbeitet wird die grundrechtliche Bedeutung der Nutzung einer Mailadresse unter Beachtung von Art. 5 Abs. 1 GG (Informations- und Meinungsfreiheit). Aber auch die - auch ein Ziel jeder Strafvollstreckung - Vorbereitung auf ein selbstbestimmtes und straffreies Leben wird hierdurch nicht nur tangiert, sondern sogar unterstützt und vorbereitet. Da in der "Außenwelt" die Nutzung von Mails vielfältig zum Alltag gehört, dient eine solche auch in der Haft dem Zweck der Resozialisierung. Nicht zuletzt wird auch durch diese Entscheidung deutlich, welche Bedeutung der unsäglichen gesamtgesellschaftlichen Situation seit März 2020 zur Verbreitung moderner Kommunikation und dem Suchen nach Alternativen in kontaktloser Zeit zukommt.


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