Streit unter Gesellschaftern - Ausschluss trotz fehlender Mittel für das Abfindungsguthaben?

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Was einmal als gemeinsames Projekt begann, endet nicht selten in - teils heftigen - Auseinandersetzungen zwischen Gesellschaftern. Oftmals stehen sich dabei gegenseitige Vorwürfe von unlauterem Verhalten gegenüber und die verstrittenen Parteien überziehen sich gegenseitig mit Abberufungs- und Ausschlussbeschlüssen. Besonders verfahren ist die Konstellation, in der sich die beiden einzigen Gesellschafter etwa einer GmbH gegenüber stehen. 

Ein beliebtes Mittel zur Entledigung des unliebsamen Mitgesellschafters ist der Ausschluss des Mitgesellschafters aus der Gesellschaft aus wichtigem Grund. 

Inzwischen wohl unumstritten ist, dass ein Gesellschafter aus einer GmbH ausgeschlossen werden kann, wenn ein wichtiger Grund für den Ausschluss besteht selbst dann, wenn der Ausschluss aus wichtigem Grund nicht explizit in der Satzung vorgesehen wird. Ein wichtiger Grund für einen Ausschluss kann etwa sein, dass der Mitgesellschafter seine ihm zustehenden Kompetenzen eindeutig und wiederholt überschreitet oder nachhaltig und in unzumutbarer Weise seine gesellschaftsrechtlichen Treupflichten verletzt. Der Ausschluss muss durch Ausschlussklage gerichtlich geltend gemacht werden. 

Die weitere Voraussetzungen für einen Ausschluss werden aber in der Hitze des Gefechts oftmals übersehen: dem Gesellschafter steht nach seinem (erzwungenen) Ausscheiden aus der Gesellschaft ein Abfindungsanspruch für den Verlust seiner Beteiligung zu, die die Gesellschaft aus Vermögen bestreiten muss, dass nicht dem Erhalt des satzungsgemäßen Stammkapitals von mind. 25.000,-- € dient. Würde das Stammkapital durch Auszahlung des Abfindungsguthabens unterschritten, so darf diese Zahlung nicht erfolgen. Ausschluss und Abfindung hängen daher unmittelbar zusammen.

Das OLG München hat sich nun in einem Urteil vom 16. Juni 2021 (7 U 1407/19) mit eben jener Frage auseinandergesetzt, unter welchen Voraussetzungen ein Ausschluss eines Gesellschafters aus einer GmbH möglich ist, wenn das Abfindungsguthaben für den Ausschluss dazu führen würde, dass das gebundene Stammkapital der Gesellschaft angegriffen wird. Der zu entscheidende Sachverhalt hatte das oben geschilderte Problem zum Gegenstand: es war klar, dass die Abfindung für den auszuschließenden Mitgesellschafter nur aus gebundenem Vermögen der Gesellschaft bezahlt werden könnte. 

Dennoch hielt das OLG München einen Ausschluss für möglich, wenn zweifelhaft ist, ob eine dem Gesellschafter zustehende Abfindung für den Verlust seines Gesellschaftsanteils nicht mit Mittel der Gesellschaft bestritten werden kann, ohne das gesetzliche Stammkapital anzugreifen. Dabei stützte es sich auf einen ähnlichen Fall, den bereits der BHG zur Einziehung von Gesellschaftsanteilen entschieden hatte. 

Wenn das Vermögen der Gesellschaft nicht ausreiche, um das Abfindungsguthaben für den auszuschließenden Gesellschafter aufzubringen, haften die Gesellschafter anteilig und persönlich für das Abfindungsguthaben, so das OLG. Im Ergebnis ist damit der eingangs beschriebene Zusammenhang zwischen Ausschlussklage und Auszahlung des Abfindungsguthabens aufgehoben. So stellt auch das OLG München fest, dass die Zahlung der Abfindung keine Bedingung für die Wirksamkeit des Ausschlusses eines Gesellschafters ist.


Gleichzeitig macht das OLG aber eine wichtige Einschränkung: Steht bereits noch im laufenden Verfahren zum Ausschluss des Gesellschafters fest, dass das Abfindungsguthaben nicht aus freien Mitteln bedient werden kann, so ist sowohl Ausschluss des Gesellschafters als auch Einziehung des Geschäftsanteils nicht möglich. Dabei stellt das OLG auf eine rein bilanzielle Betrachtung der Aktiva und Passiva der Gesellschaft ab. Insoweit bleibt es also - trotz der grundsätzlichen Trennung von Ausschluss und Abfindung - bei einem Zusammenhang zwischen den beiden Instituten. Wie so oft, kommt es also auch in diesen Fällen auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an.


Im Ergebnis bringt das Urteil des OLG zwar einiges an Klarheit in die oftmals verworrene Rechtslage. Dennoch sollte bei Überlegungen zum Ausschluss des Mitgesellschafters stets geprüft werden, ob ein Abfindungsguthaben aus freiem Vermögen der Gesellschaft gezahlt werden kann. Andernfalls besteht das Risiko, dass eine Ausschlussklage allein an diesem Umstand scheitert. 


Gerne beraten und vertreten wir Sie in Fällen des Ausschlusses und der Einziehung, die nach wie vor zu den komplexesten Rechtsmaterien des Gesellschaftsrechts gehört. 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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