Tarifeinheitsgesetz weitgehend für wirksam befunden

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Mit Urteil vom 11.07.2017, Az.: 1 BvR 1571/15, hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das Tarifeinheitsgesetz weitgehend mit dem Grundgesetz vereinbar ist, die Auslegung und Handhabung des Gesetzes allerdings der in Artikel 9 Absatz 3 GG grundrechtlich geschützten Tarifautonomie Rechnung tragen müsse.

Unvereinbar sei das Gesetz mit der Verfassung nur insoweit, als es keine Vorkehrungen gegen den Fall enthalte, dass die Interessen der Angehörigen einzelner Berufsgruppen oder Branchen durch die Verdrängung bestehender Tarifverträge einseitig vernachlässigt werden. Der Gesetzgeber muss insofern nun bis zum 31.12.2018 Abhilfe schaffen. Das Gesetz bleibt mit dieser Maßgabe ansonsten aber weiterhin uneingeschränkt anwendbar.

Bis zu einer Neuregelung darf ein Tarifvertrag im Fall einer Kollision im Betrieb nur verdrängt werden, wenn plausibel dargelegt ist, dass die Mehrheitsgewerkschaft die Belange der Angehörigen der Minderheitsgewerkschaft ernsthaft und wirksam in ihrem Tarifvertrag berücksichtigt habe. Davon ist für die Dauer der Fortgeltung der Regelung in der Übergangszeit bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber insbesondere auszugehen, wenn diese Berufsgruppen in einem bestimmten Mindestmaß in der Gewerkschaft organisiert sind, deren Tarifvertrag dann Anwendung findet, oder wenn diesen Berufsgruppen in der Satzung der Gewerkschaft ein hinreichender Einfluss auf die für sie relevanten tarifpolitischen Verbandsentscheidungen eingeräumt ist.

Das BVerfG bestätigt zudem, dass das Streikrecht der Mitglieder der Minderheitsgewerkschaften auch nach Einführung des Tarifeinheitsgesetzes unangetastet bestehen bleibt.

Hintergründe

Durch das Tarifeinheitsgesetz vom 03.07.2015 ist § 4 a in das Tarifvertragsgesetz (TVG) eingefügt worden. § 4 a TVG regelt, dass bei konkurrierenden Tarifverträgen in ein und demselben Betrieb nur der Abschluss mit der mitgliederstärksten Gewerkschaft gilt. Der Unterlegene kann sich diesen Vereinbarungen nur durch nachträgliche Unterzeichnung anschließen. Wer die meisten Mitglieder hat, sollen im Zweifel die Arbeitsgerichte entscheiden.

Fazit/Praktische Auswirkungen

Von nun an gilt also: Wenn ein Tarifvertrag der Mehrheitsgesellschaft mit einem Tarifvertrag der Minderheitsgewerkschaft im Betrieb kollidiert, kann ersterer nur Anwendung finden, wenn die Mehrheitsgewerkschaft die Belange der Mitglieder der Minderheitsgewerkschaft ernsthaft und wirksam in ihrem Tarifvertrag berücksichtigt hat. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, sollen künftig die Arbeitsgerichte entscheiden.

(Quelle: Pressemitteilung des BVerfG Nr. 57/2017 v. 11.07.2017)


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