Teilnahme am unerlaubten Glücksspiel (§ 285 StGB): Hintergründe und taktisches Vorgehen der Verteidigung

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Wer sich vorsätzlich an einem öffentlichen Glücksspiel beteiligt, also als Spieler daran teilnimmt, wird nach § 285 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bestraft. Immer häufiger werden entsprechende Ermittlungsverfahren durch die Polizei oder Staatsanwaltschaften eingeleitet. Ergänzender Vorwurf ist häufig der Tatbestand der Geldwäsche (§ 261 StGB), da sich Betroffene inkriminierte Gewinne aus unerlaubten Glücksspielen – etwa durch eine Gutschrift auf ihren Konten  –  verschafft haben sollen. In diesen Fällen droht zugleich die Einziehung der Beträge, die von Glücksspielanbietern erlangt wurden.

Hintergrund der Ermittlungen; Verdachtsanzeigen durch Banken

Der Grund für die Einleitung dieser Ermittlungsverfahren sind häufig Verdachtsmeldungen der Banken an die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU). Kreditinstitute sind zu einer solchen Meldung verpflichtet, wenn Tatsachen dafür sprechen, dass Gewinne aus unerlaubten Glücksspielen auf Konten transferiert werden. In der Praxis nehmen bereits viele Banken den schlichten Geldeingang von einem Glücksspielanbieter, der nicht auf der amtliche Liste, in der die Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen mit Konzession aufgeführt werden (sog. Whitelist) genannt werden, hierzu zum Anlass. Zudem führen die verschärften Geldwäscherichtlinien zu einer erhöhten, teilweise überambitionierten Anzeige von Geldwäscheverdachtsmomenten.

Ermittlungsverfahren; Objektive Voraussetzungen für eine Strafbarkeit

Ist ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, stellt sich aus Sicht der Strafverteidigung die Frage, ob der Betroffene tatsächlich an einem unerlaubten Glücksspiel teilgenommen hat bzw. ein solches Verhalten nachweisbar ist. Bei Online-Glücksspielen ist zu beachten, dass die Anbieter  fast immer über ausländische Lizenzen, meist aus Malta (bspw. Gammix Ltd.), oder Curacao (bspw. Stake Medium Rare N.V., Mr. Bet Faro Entertainment N.V. oder GreatWin (Rabidi N.V.). verfügten, die Glückspiele nicht in Deutschland, aber in einzelnen anderen Ländern gestatteten. Hat der Betroffene aus einem solchen Land am Glücksspiel teilgenommen, war das konkrete Glücksspiel richtigerweise bereits nicht unerlaubt, so dass eine Strafbarkeit ausscheidet. Es ist Aufgabe der Staatsanwaltschaften und der Polizei einen entsprechenden Nachweis zu führen, also zu belegen, dass der Spieler in einem Land agierte,  in dem die Teilnahme verboten war.  

Subjektive Voraussetzungen der Strafbarkeit; Nachweis des Vorsatzes

Liegt tatsächlich eine Teilnahme an einem unerlaubten Glücksspiel vor, ist weitere Voraussetzung einer Strafbarkeit, dass der Teilnehmer vorsätzlich handelte. Hierfür ist nicht zwingend die sichere Kenntnis über das Fehlen einer behördlichen Erlaubnis erforderlich. Ausreichend ist, dass der Spielteilnehmer zumindest billigend in Kauf nimmt, dass keine behördliche Erlaubnis vorliegt. Auch insoweit ist es Aufgabe der Ermittlungsbehörden bzw. nach einer entsprechenden Anklage des Gerichts, diese innere Tatsache zu beweisen. Die Verteidigung sollte hierbei die Umstände darzulegen, die dafür sprechen, dass der Betroffene ernsthaft darauf vertraute, das Glückspiel sei erlaubt. Entschieden entgegenzutreten ist der von einzelnen Staatsanwaltschaften vertretenen Auffassung, bereits die fehlende Listung eines Glücksspielanbieters auf der Whitelist belege den Vorsatz des Beschuldigten.

Drohende Einziehung

Sofern sich Beschuldigte strafbar gemacht haben, ist die Einziehung der Gewinne aus unerlaubten Glücksspielen nach §§ 73, 73c StGB im Grundsatz zwingende Folge, wobei Aufwendungen der Beschuldigten – also etwaige Spieleinsätze  – nach gefestigter Rechtsprechung nicht in Abzug gebracht werden können (sog. Brutto-Prinzip). Es drohen daher neben der Verurteilung zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe also (weitere) erhebliche finanzielle Nachteile.

Empfehlung: Schweigen und frühzeitige anwaltliche Beratung

Um Verurteilungen und die Einziehung etwaiger Spielgewinne zu verhindern, empfiehlt es sich in einem möglichst frühen Stadium des Verfahrens einen Strafverteidiger heranzuziehen.  Soweit die Polizei an Sie herantritt und zum Sachverhalt vernehmen will, sollten Sie zunächst von ihrem Schweigerecht Gebrauch machen. Der Versuch, den Verdacht auf eigene Faust durch eine Einlassung aus der Welt zu räumen und die Ermittlungsbehörden von seiner Unschuld zu überzeugen, sollte besser nicht unternommen werden. Vielmehr ist es ratsam einen Verteidiger aufzusuchen, der sodann Akteneinsicht nehmen kann. Erst dann können der konkrete Tatvorwurf und die Beweislage eingeschätzt werden.  Besonders erfolgsversprechend ist die Verteidigung, wenn diese bereits im Ermittlungsverfahren, also vor der Entscheidung der Staatsanwaltschaft über die Anklageerhebung, beauftragt wird. So kann häufig bereits eine Anklage oder der Erlass eines Strafbefehls vermieden und eine Verfahrenseinstellung erreicht werden.

Strafbefehl; Zulassen der Anklage; Hauptverhandlung

Haben Sie hingegen bereits einen Strafbefehl oder oder eine Anklage erhalten, sollten Sie schnell handeln und einen spezialisierten Strafverteidiger mit Ihrer Verteidigung beauftragen. Ist Ihnen ein Strafbefehl zugestellt worden, ist es ratsam, innerhalb der zweiwöchigen Einspruchsfrist prüfen zu lassen, ob die bisherigen Ermittlungsergebnisse die im Strafbefehl festgesetzte Rechtsfolge tragen oder aber ein Einspruch lohnenswert ist. Haben Sie eine Anklage erhalten, sollte schnellstmöglich eine Verteidigungsstrategie erarbeitet werden. Grundlage der Beratung ist stets die Einsicht in die Verfahrensakte, die ein Strafverteidiger für Sie erhält. In vielen Fällen tragen die Ermittlungsergebnisse den Tatvorwurf nicht, so dass mit einer klugen Verteidigungsstrategie gute Chancen bestehen, einen Freispruch oder eine Verfahrenseinstellung zu erreichen. Dann ist regelmäßig ebenso die Einziehung der Gewinnauszahlungen hinfällig.


Ihre Experten: Strafverteidiger Prof. Dr. Sven Kaltenbach (https://www.rae-bemk.de/kooperationspartner.html) und Rechtsanwalt Manuel Kovacic 

BEMK Rechtsanwälte vertritt bereits bundesweit mehrere hunderte Mandanten im Verfahren im Zusammenhang mit unerlaubten Glücksspielen. In Strafverfahren greift die Kanzlei auf die Expertise von Prof. Dr. Sven Kaltenbach, Professor für Straf- und Strafverfahrensrecht, ehemaliger Richter und nunmehr Kooperationspartner von BEMK Rechtsanwälte, zurück. Herr Rechtsanwalt Kovacic vertritt mehrere hunderte Mandanten in Zivilverfahren und kennt daher das illegale Angebot der Glücksspielanbieter und die aufsichtsrechtlichen Hintergründe bestens.

Gerne vertreten wir auch Sie, sofern Sie der Beteiligung an einem unerlaubten Glücksspiel oder der Geldwäsche beschuldigt werden. Nehmen Sie insoweit per Mail (m.kovacic@rae-bemk.de) oder telefonisch (+49 (0) 7544 934 91-0) Kontakt zu Rechtsanwalt Manuel Kovacic und Prof. Dr. Sven Kaltenbach auf. Gerne vereinbaren wir mit Ihnen auch einen Beratungstermin per Video.




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