Telefoninterview zur Feststellung des Pflegegrades

  • 2 Minuten Lesezeit


Frau Müller ist verzweifelt. Sie hat einen behinderten Sohn, dem von der Pflegekasse Leistungen entsprechend dem Pflegegrad II erbracht werden. Seit geraumer Zeit kämpft sie vergeblich um die Höherbewertung. Entsprechende Anträge wurden jeweils abgelehnt. Gegen die letzte Ablehnung erhob sie Widerspruch. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens erfolgte eine telefonische Begutachtung des Sohnes. Jetzt wurde der Antrag per Widerspruchsbescheid abgelehnt.

Was kann man noch tun?

Ist das überhaupt rechtmäßig, dass der Sohn (nur) telefonisch begutachtet wurde?

Rechtsmittel Klage – Klagefrist beachten

Gegen die ablehnende Entscheidung in Gestalt des Widerspruchsbescheides kann innerhalb einer Rechtsmittelfrist von vier Wochen Klage vor dem zuständigen Sozialgericht erhoben werden. Sofern man für das Klageverfahren einen Rechtsanwalt beauftragen möchte, sollte dies zeitnah erfolgen, damit der Anwalt noch innerhalb der Klagefrist reagieren kann.

Telefonische Begutachtung – ein Kind der Covid-19-Pandemie

Grundsätzlich widerspricht die telefonische Begutachtung von pflegebedürftigen Personen jeder Begutachtungsrichtlinie. Da sich der Gutachter des Medizinischen Dienstes (MDK) ein persönliches Bild vom zu Begutachtenden machen soll, ist die Begutachtung in der Regel persönlich im Wohnbereich vorzunehmen. Das macht Sinn, denn ein Modul bei der Bewertung beschäftigt sich mit der Mobilität des Betroffenen innerhalb der eigenen vier Wände. So wie Papier bekanntlich geduldig ist, so wird auch viel erzählt, wenn der Tag lang ist. Daher gilt: der persönliche Eindruck zählt. In Zeiten der Covid-19-Pandemie ist das mit der persönlichen Begutachtung  allerdings so eine Sache. Es lauert überall die gemeine Gefahr der Ansteckung mit dem fiesen Virus. Das hat auch der Gesetzgeber so gesehen. Daher sah es sich deshalb veranlasst, sowohl Begutachter als auch zu Begutachtenden zu schützen und zwar durch die Möglichkeit der kontaktlosen Begutachtung. Hierzu wurde eine spezielle Vorschrift in das SGB XI eingefügt, die aktuell bis zum 31.3.2021 befristet ist. Ob die Vorschrift verlängert wird? Wir werden berichten… Die Möglichkeit der telefonischen Begutachtung ist eine „Kann“-Bestimmung. Mitunter berichten Angehörige, dass ihnen vom MDK ausschließlich ein Telefontermin vorgeschlagen wurde. 

Sei es so. Ist man mit dem Ergebnis der Begutachtung nicht einverstanden, so kann man nicht isoliert das Gutachten angreifen, sondern nur den im Zusammenhang stehenden Bescheid. Erfolgt die telefonische Begutachtung im Widerspruchsverfahren, kommt nur die Klage in Betracht. Eine Klage macht allerdings nur dann Sinn, wen man der Begutachtung und Bewertung, bzw. Gewichtung etwas Qualifiziertes entgegensetzen kann. Das ist beispielsweise der Fall, wenn der Gutachter von mitgeteilten Informationen abgewichen ist.

Sie sind als Angehöriger selbst betroffen? Lassen Sie uns über Ihr Anliegen sprechen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Bertram Petzoldt

Beiträge zum Thema