Testamentsanfechtung zu Lebzeiten: Kann ein Testament bereits angefochten werden, wenn der Erblasser noch lebt?

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Testamentsanfechtung zu Lebzeiten: Ist dies möglich?

Das Thema der Testamentsanfechtung ist ein sensibles und komplexes Feld im Erbrecht. Die Frage einer Testamentsanfechtung kann zu unterschiedlichsten Zeiten auftreten.

Es ist nicht unüblich, dass Erben bereits zu Lebzeiten des Erblassers von einem Testament erfahren, das sie möglicherweise benachteiligt. In solchen Fällen entsteht oft der Wunsch, das Testament anzufechten, um Nachteile zu vermeiden. Doch stellt sich die Frage: Ist eine Anfechtung eines Testaments zu Lebzeiten des Erblassers überhaupt möglich? 

Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Rahmenbedingungen und Möglichkeiten in Deutschland.


Testament und Erbvertrag als vorrangige Regelung des Erbfalls

In Deutschland können Erblasser durch ein Testament oder einen Erbvertrag ihre Nachfolge regeln und somit von der gesetzlichen Erbfolge abweichen. 

Das Testament, geregelt in §§ 1937 ff. BGB, ist eine einseitige, jederzeit widerrufbare Willenserklärung. Der Erbvertrag hingegen, definiert in §§ 1941 ff. BGB, ist ein zweiseitiges, bindendes Rechtsgeschäft. 

Beide Formen ermöglichen es dem Erblasser, individuelle Anordnungen über sein Vermögen nach seinem Tod zu treffen. 

Die Rechtsprechung hat im Laufe der Jahre verschiedene Grundsätze und Interpretationen zu diesen Regelungen entwickelt, die bei der Auslegung und Anwendung dieser Normen zu beachten sind. Wegen der Komplexität und der Vielzahl ist es daher angezeigt, den Rechtsrat eines Rechtsanwalts einzuholen.


Anfechtung eines Testaments oder eines Erbvertrags

Die Anfechtung eines Testaments oder Erbvertrags ist in den §§ 2078 ff. BGB geregelt. 

Gründe für eine Anfechtung können u. a. Irrtum, Drohung oder Täuschung des Erblassers sein, aber auch fehlende Testierfähigkeit etc. 

Die Anfechtung führt zur Nichtigkeit der letztwilligen Verfügung, was bedeutet, dass das Testament oder der Erbvertrag, als wäre es nie existiert hätte, behandelt wird. 

Dies kann zur Anwendung der gesetzlichen Erbfolge oder zur Gültigkeit eines früheren Testaments führen.

Mit wirksamer Anfechtung kann ein "Komplettänderung" des Nachlasses möglich sein bzw. erreicht werden.


Anfechtung zu Lebzeiten des Erblassers

Die Anfechtung eines Testaments zu Lebzeiten des Erblassers ist grundsätzlich nicht möglich, auch wenn ein zukünftiger Erbe hier ein dringendes Bedürfnis hierfür sieht.

Ein Testament entfaltet seine Wirkung erst mit dem Tod des Erblassers. Daher kann es auch erst nach diesem Zeitpunkt angefochten werden. Erst mit Todeszeitpunkt erhält der vormals "potentielle" Erbe eine gefestigte Rechtsposition, die es sodann auch zu verteidigen gilt.

Eine Ausnahme bildet der Erbvertrag, der unter bestimmten Voraussetzungen bereits zu Lebzeiten angefochten werden kann, insbesondere wenn einer der Vertragspartner seine Pflichten verletzt hat. Auch hier sind die Regelungen sehr komplex. Wichtig ist für den Nichtjuristen zu wissen, dass bei einem Erbvertrag ein Tätigwerden zu Lebzeiten bereits möglich sein kann.


Möglichkeiten des potentiell benachteiligten Erben

Für potentiell benachteiligte Erben gibt es verschiedene Möglichkeiten, auf die Situation zu reagieren, wenn sie von einem nachteiligen Testament bzw. Erbvertrag erfahren. 

Dazu gehört in erster Linie das Gespräch mit dem Erblasser, um Missverständnisse auszuräumen oder eine einvernehmliche Lösung zu finden. Denn zu Lebzeiten kann der Erblasser jederzeit noch Änderungen in seinem Testament vornehmen.

Sind hier die Fronten verhärtet, bleibt nur den Todesfall abzuwarten und sodann rechtliche Schritte einzuleiten.

Eine Variante neben der Anfechtung wäre die Geltendmachung des Pflichtteils, der ihnen bei einer Enterbung zusteht.


Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Anfechtung eines Testaments zu Lebzeiten des Erblassers in Deutschland nicht möglich ist.

Erben, die sich benachteiligt fühlen, sollten daher andere Wege suchen, um ihre Interessen zu wahren. 

Dazu gehört das offene Gespräch mit dem Erblasser oder, nach dessen Tod, die Prüfung rechtlicher Schritte unter Berücksichtigung der erbrechtlichen Vorschriften.

Bei einem Erbvertrag kann bereits zu Lebzeiten rechtliche Möglichkeiten bestehen.



Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 


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