Testamentserrichtung in Zeiten von COVID-19

  • 4 Minuten Lesezeit

Die Errichtung eines Testaments gehört zu den Dingen, die man gerne vor sich herschiebt. Nicht selten bleibt es dabei. Obwohl bekannt ist, dass die gesetzliche Erbfolge (das tritt ein, wenn es kein Testament gibt) zu meistens unerwünschten Ergebnissen führt, haben laut einer aktuellen Befragung von Statista lediglich 25,8 % der Befragten ein Testament errichtet.

Meine Erfahrung als im Erbrecht tätiger Anwalt deckt sich damit. Die wenigsten Sterbefälle sind durch Testament geregelt. Die anderen Fälle (ohne Testament und die mit laienhaften Testamenten) ziehen oft langjährige und teure Prozesse nach sich. Und sie hinterlassen Zwist und tiefe Gräben unter den Nachkommen. Der schlecht geregelte oder gar testamentarisch ungeregelte Tod eines Unternehmers führt oft gar zu katastrophalen Ergebnissen.

Die Zeit der Unterschätzung von COVID 19 ist vorbei. Wenige machen sich noch darüber lustig und manche stellen sich jetzt die Frage, wie er/sie eigentlich durchkommen wird, wenn es ihn/sie trifft. Glaubt man den Epidemiologen, werden 70 % der Lesern dieses Beitrags in nicht allzu ferner Zukunft vom Virus befallen sein. Immer wieder hat man gehört, dass nur Kranke und Alte bei einer Infektion wirklich gefährdet sind. 

Aber auch Fälle von jungen und gesunden Menschen werden zunehmend gemeldet, bei denen COVID19 einen schweren Verlauf nimmt. Eines steht fest: Sollten unsere Krankenhäuser bald ausgelastet sein, erhöht das auch nicht gerade die Überlebenswahrscheinlichkeit bei „ganz profanen“ Ereignissen wie Unfall, Infarkt, Schlaganfall, Blinddarmentzündung.

Ein gewisser Handlungsbedarf ist unübersehbar.

Und wie angehen?

Von einem hastig und ohne fachliche Anleitung aufgesetzten Testament (nach Selbststudium) oder Vorlagen (im Internet gibt es alles) muss abgeraten werden.

Das Ergebnis eines solchen Vorgehens zeigt sich dann nach dem Tod und es fällt oft noch schlechter aus, als wenn überhaupt kein Testament aufgesetzt worden wäre. 

Zum Leidwesen der Überlebenden. Dies liegt schlicht an der Komplexität des Erbrechts, das ein geschätzter Kollege auch „Kreuzung zwischen dem Labyrinth und dem Alphabet“ nennt. Manch einer unterschätzt auch die eigene Befangenheit, sich mit der Möglichkeit seines Todes auseinanderzusetzen.

Dabei geht um alles irdische, das Erarbeitete, Versteuerte, Ersparte eines ganzen Lebens, manchmal auch von Generationen. Wäre das nicht einen vergleichbaren Aufwand wert wie für die Planung einer Weltreise, einer neuen Küche oder den Überlegungen und Probefahrten vor dem Kauf eines neuen Autos?

Wer jetzt Zeit hat, sollte für ein Testament fachlichen Rat zuziehen.

Erste Wahl ist ein „Fachanwalt für Erbrecht“.

Es gibt natürlich auch gute Fachanwältinnen für Erbrecht. Der selbst ernannte „Spezialist“ oder „Anwalt für Erbrecht“ ist oft zweite Wahl und der „Mehrgenerationenberater“ meist dritte. Ausnahmen mögen die Regel bestätigen.

Die Besprechung beim Fachanwalt für Erbrecht kann ohne Risiken per Telefon oder Videotelefonat erfolgen. Dafür braucht es ein Smartphone, Tablet oder einen PC mit Kamera, und stabiles Internet. Meine Erfahrungen hierzu sind positiv und das Feedback meiner Mandanten ebenso.

Im Rahmen einer Erstbesprechung (die Kosten dafür sind gesetzlich bei 190€ + MWSt. gedeckelt) werden Handlungsbedarf und Ziele erhoben. Bei den Zielen geht es keinesfalls darum, wie jetzt die einzelnen Gegenstände im Nachlass verteilt werden sollen. Wichtig sind die Strukturen. Wer wird Erbe, wer erhält ein Vermächtnis. Vermeide ich eine Erbengemeinschaft oder ordne ich Testamentsvollstreckung an? Wie sieht es mit Anrechnung und Ausgleichung aus? Pflichtteilsrechten? Erbschaftssteuer? Ertragssteuern?

Oft können schon in einer ersten Besprechung konkrete Vorschläge erarbeitet werden. In anderen Fällen erhält der Anwalt dann den Auftrag, einen Entwurf für das Testament zu erarbeiten. Ein erfahrener Fachanwalt kennt auch Grundzüge im Steuerrecht und wird mitunter den Steuerberater hinzuziehen.

Steht der Entwurf, kann das Testament errichtet werden. Das geht einfach und kostengünstig privatschriftlich (eigenhändig handschriftlich schreiben und unterschreiben, mit Ort und Datum) oder „öffentlich“ (beim Notar). 

Wenn ein rascher Termin für die Beurkundung nicht möglich ist oder falls das Ansteckungsrisiko zu hoch ist, wird es beim handschriftlichen, eigenhändigen Testament bleiben. Und das sollte nach der Errichtung zur „besonderen amtlichen Verwahrung“ an das Nachlassgericht geschickt werden, damit es nicht in falsche Hände gerät. Kostet 75 €. Ist es wert!

Und wenn es plötzlich sehr schnell gehen muss und die Schreibfähigkeit nicht mehr gegeben ist? Wenn es so aussieht, dass „der Erblasser“ bis zu einem Notartermin nicht mehr durchhalten wird, kann ein außerordentliches Testament, ein Nottestament errichtet werden.

Das „Bürgermeister- oder Dorftestament“ wird vor dem zuständigen Bürgermeister, der zwei Zeugen zuzuziehen hat, errichtet. Ist der Bürgermeister in diesen bewegten Zeiten gerade verhindert oder ist der Aufenthaltsort des Erblassers so abgesperrt, dass ein öffentliches Testament vor einem Notar überhaupt nicht errichtet werden kann, so kann es durch mündliche Erklärung gegenüber drei – während der ganzen Testamentserrichtung anwesenden – Zeugen errichtet werden. 

Ein solches Testament kann jederzeit auch an Bord eines deutschen Schiffes außerhalb eines inländischen Hafens errichtet werden. Alle außerordentlichen Testamente verlieren aber grundsätzlich drei Monate nach ihrer Errichtung bzw. dem Wegfall des Hindernisses, ein öffentliches Testament zu errichten, ihre Wirksamkeit. In 20 Jahren ist mir noch kein außerordentliches Testament begegnet.

Also: Lassen Sie es nicht so weit kommen und – bleiben Sie gesund!


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Björn Tesche

Beiträge zum Thema